Lion - Der Lange Weg Nach Hause

Kinoplakat Lion

Ein Zuhause zu haben, bedeutet nicht das Gefühl von Heimat zu haben. Das Leben für Saroo (Sunny Pawar) ist ärmlich und trotzdem schön. Mit seiner Mutter und zwei Geschwistern lebt er in einem kleinen Dorf in Indien. Obwohl er noch klein ist, will er zum Unterhalt der Familie beitragen und geht mit seinem älteren Bruder Guddu (Abhisek Bharate) auf Arbeitssuche. An einem Bahngleis trennen sich die Wege der Brüder.

Saroo steigt in einen Zug und wird darin eingeschlossen. Erst zwei Tage später kann er entkommen und ist in Kalkutta gelandet. Dort verlebt er eine Zeit als Straßenkind, muss erfahren, dass nicht alle Erwachsenen, die freundlich zu ihm sind, es auch gut mit ihm meinen. Weil die Suche nach seinen Eltern erfolglos verläuft, kommt er in ein Waisenhaus. Von dort adoptiert ihn ein australisches Ehepaar und zieht in an Sohnesstatt groß. 20 Jahre später überkommt Saroo (Dev Patel) das Gefühl der Entwurzelung. Er beschließt, nach seiner leiblichen Familie zu suchen.

Kritik

Der Film "Lion" verwundert durch seine Schwerpunkte. Er beginnt mit der Schilderung des Alltags in Indien. Die Menschen sprechen Hindi und die Bilder sind untertitelt. Die jungen Darsteller spielen mit großer Intensität. Diese Einführung dauert mit geschätzten 30 Minuten relativ lang.
Dann gibt es einen Schnitt. Saroo wird adoptiert und nach einer kurzen Sequenz sind 20 Jahre vergangen. Saroo ist erwachsen und lebt in Australien bei seinen Adoptiveltern. Nun ist es für den Film an der Zeit das Drama auszubauen. Doch anstelle einer Vertiefung wird es konventionell. Der Anblick einer indischen Speise ist für Saroo der Schlüsselreiz, um Kindheitserinnerung wach zu rufen. Fortan ist es sein erklärtes Ziel zu wissen, wo seine Wurzeln liegen und was aus seiner leiblichen Familie wurde. Dev Patel ist bemüht, die Seelenqualen seiner Figur darzustellen. Doch nicht nur seine Freundin Lucy (Rooney Mara) schaut ratlos, sondern auch der Zuschauer. Weshalb die plötzliche Sehnsucht nach den Wurzeln erwacht, erklärt mir das Drehbuch nicht. Die gezeigten Rückblenden reichen dafür nicht aus.

Und auch die daraus entstehenden Konflikte bleiben ohne Ausbau. So verheimlicht Saroo seinen Adoptiveltern zunächst, was ihn plagt. Seine plötzliche Verschlossenheit sorgt für Unmut; doch die daraus resultierenden Chancen nutzt die Handlung nicht. So kommt es zu Streits zwischen ihm und seinem Adoptiv-Bruder Mantosh (Divian Ladwa), der noch als Erwachsener unter einem Trauma leidet und Drogen nimmt. Doch worin das Trauma besteht erklärt die Handlung nicht. Saroo wirft ihm vor, der Mutter das Leben schwer zu machen. Was diese später verneint. Ihre Sichtweise und Argumentation ist interessant - aber leider oberflächlich. Das ist symptomatisch für den Film. Wenn es spannend wird, brechen die Dialoge nach wenigen Sätzen ab. So gibt es ein Zwiegespräch zwischen dem Adoptivsohn und der Adoptivmutter. Sie erklärt, warum sie zwei Kinder adoptierte, statt eigene Kinder zu bekommen. Nach wenigen Sätzen stellt der Film sie als Märtyrerin dar. Und driftet dann in gestelzte Dialoge ab, die nicht das sagen, was man erwartet und nicht so klingen, wie normale Menschen sprechen. Da gesteht Saroo seiner australischen Mutter, dass er seine Mutter in Indien suchen will. Die versteht und bestärkt ihn darin, weil sie es wichtig findet, dass die leibliche Mutter weiß "wie schön er ist". Das verwundert, denn ich finde es wichtig, dass eine Mutter nach 20 Jahren erfährt, dass ihr Kind noch lebt. Diese seltsamen Dialoge stilisieren den zweiten von "Lion" zum Kunstdrama, das einen Gegensatz zum naturalistischen ersten Teil bildet. Das mag gewollt sein, bekommt der Handlung jedoch nicht gut. Hinzu kommt die unharmonische Filmmusik, die überfrachtet ist und wiederholt hinsichtlich Intensität, Lautstärke und Häufigkeit unangenehm auffällt.

Fazit
Die Verfilmung des Buches "A Long Way Home" setzt auf eine eigenwillige Austarierung. Die Darstellung empfinde ich als aufgesetzt. Mit der Ausgestaltung bin ich unzufrieden: Den ersten Teil empfinde ich als zu lang und im zweiten Teil fehlt es mir an der Innenschau. Die Filmmusik gefällt mir nicht.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Land: AustralienGroßbritannienUSA
Jahr: 2016
Laufzeit ca.: 119
Genre: Spielfilm
Verleih: Tobis
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 23.02.2017
Heimkino: 14.07.2017

Regie: Garth Davis
Drehbuch: Luke Davies

Schauspieler: Dev Patel (Saroo) • Rooney Mara (Lucy) • Nicole Kidman (Sue) • David Wenham (John) • Divian Ladwa (Mantosh) • Abhishek Bharate (Guddu) • Sunny Pawar (Saroo, jung) • Priyanka Bose (Kamla) • Tannishtha Chatterjee (Noor) • Nawazuddin Siddiqui (Rawa) • Deepti Naval (Mrs. Sood) • Sachin Joab (Bharat) • Pallavi Sharda (Prama) • Arka Das (Sami)

Produktion: Iain Canning • Emile Sherman • Angie Fielder
Szenenbild: Chris Kennedy
Kostümbild: Cappi Ireland
Maskenbild: Zeljka Stanin
Kamera: Greig Fraser
Musik: Hauschka • Dustin O'Halloran
Schnitt: Alexandre De Franceschi

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Bild: Tobis

1 customer review

befriedigend
20.02.17
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