The Book of Henry

Kinoplakat Book of Henry

Drama über kleine und große Lebenslügen. Auf den ersten Blick ist die Kleinfamilie der Carpenters nicht ungewöhnlich. Auf den zweiten Blick fällt auf, dass der hochbegabte Sohn Henry die Rolle des Familienoberhauptes eingenommen hat. Das ist angesichts seines Alters von elf Jahren erstaunlich und es nutzt seiner Mutter, die wieder pubertiert und seinem jüngeren Bruder, den er regelmäßig beschützt.

Henry (Jaeden Lieberher) ist ein kleiner Erwachsener, der auch für die Finanzen der Familie zuständig ist und bereits Aktien kauft. Doch seine Reife hat Grenzen. Sobald er das Nachbarsmädchen Christina (Maddie Ziegler) trifft, ist so unsicher wie alle Jungen seines Alters. Doch mit Christina stimmt etwas nicht. Henry vermutet, dass sie von ihrem Stiefvater Glenn misshandelt wird. Er spricht die Symptome seiner Schuldirektorin gegenüber an: Verletzungen wie Blutergüsse und Apathie. Doch die wiegelt ab und Henry muss einen anderen Weg finden, um Christina zu helfen. Er entwickelt einen detaillierten Rettungsplan, aber das Leben macht ihm einen Strich durch die Rechnung.

Kritik

"The Book of Henry" folgt einem klassischen Aufbau. Der Vorspann wirft einen Blick in das namensgebende Buch und lässt vermuten, dass Henry ein junges Genie ist. Dann stellt der Film in warmen, herbstlichen Tönen sein Szenario vor. Der Zuschauer lernt die besondere Familienstruktur kennen. Ein Idyll mit kleinen Fehlern. So vergeht eine ruhige Strecke, die derart lange andauert, dass sie die Frage aufwirft, worauf die Handlung hinauswill?

Die Antwort kann lauten: Den American Way of Life als schönen Schein entlarven. So erkläre ich mir die Zäsur und das Folgende. Plötzlich kann Henry seinen Plan nicht mehr verfolgen und an seiner Stelle springt die Mutter (Naomi Watts) ein. Sie folgt den Anweisungen des Sohnes und das macht die Handlung unglaubwürdig. Weder kann ich glauben, dass eine erwachsene Frau es in Erwägung zieht so zu handeln, noch erscheint er mir möglich einen derartigen Schlachtplan zu entwerfen. Den genauen Plot will ich nicht verraten.

Davon abgesehen hat "The Book of Henry" die Schwäche, dass die Problematiken nicht deutlich genug ausgearbeitet sind. So deutet der Film Kindesmisshandlung an, aber es gibt es keine Szene, in der der Stiefvater das Mädchen schlägt. An Christina ist nicht einmal ein Kratzer zu sehen. Dem Zuschauer soll es ausreichen, dass in ihrem Zimmer plötzlich das Licht ausgeschaltet wird. Aufgrund dieser sehr subtilen Darstellung steht für lange Zeit die Möglichkeit im Raum, dass Henry fantasiert und es für seine Beobachtungen andere Erklärungen gibt und dass das Ende die Dinge ins Gegenteil verkehrt.
Ein anderes Beispiel für die sehr subtile Herangehensweise besteht in der szenischen Gestaltung. So pflanzte die Szenenbildnerin im Garten des Nachbarn Chrysanthemen, weil die dessen Starrköpfigkeit ausdrücken sollen. Derart subtile Zeichen zu deuten, will mir nicht gelingen. Deshalb verstehe ich auch die alles entscheidende Wendung nicht. Gegen Filmende findet eine Talentshow an der Schule statt. In ihrem Tanz drückt Christina dann ihre Situation aus und die bis dahin begriffsstutzige Schuldirektorin begreift.

Die sehr zurückhaltende Handschrift betrifft auch die Darstellung. So deutet die Handlung an, dass die Mutter ein Beziehungsproblem hat und vielleicht auch mal zu tief ins Glas schaut. Ähnliches gibt es über ihre Arbeitskollegin und Freundin zu sagen. Die ebenfalls unbemannt durchs Leben geht und wegen Trunkenheit ihre Arbeitsschicht versäumt. Für einen Film, der den Schwerpunkt auf die Geschichte seiner Personen legt, die auf der Suche nach ihrem Platz im Leben sind, ist das abträglich. Zumal auch die Schauspieler interpretationsfähig agieren. Henry ist ein auffällig ernster Junge, dem es gut täte mal zu lachen. Christina, das gequälte Mädchen aus dem Nachbarhaus hat fast keinen Text und spielt jede Szene gleich. Naomi Watts ist die Bilderbuch-Mutter, die fast schon zu nett ist, um wahr zu sein.

Fazit
Das Konzept zu "The Book of Henry" ist sehr fordernd, nicht ganz stimmig und schwierig zu interpretieren. So ist das Schicksal des Jungen hart und die Gegensätzlichkeit zwischen der Vorstadtidylle und den Abgründen dahinter hoch. Insgesamt schwierige Kost, deren Ausarbeitung nicht ganz glücklich ausfällt.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Land: USA
Jahr: 2017
Laufzeit ca.: 106
Genre: Drama
Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 21.09.2017
Heimkino: 25.01.2018

Regie: Colin Trevorrow
Drehbuch: Gregg Hurwitz

Schauspieler: Naomi Watts (Susan Carpenter) • Jaeden Lieberher (Henry Carpenter) • Jacob Tremblay (Peter Carpenter) • Sarah Silverman (Sheila) • Dean Norris (Glenn Sickleman) • Lee Pace (Dr. David Daniels) • Maddie Ziegler (Christina) • Tonya Pinkins (Direktorin Wilder) • Bobby Moynihan (John) • Geraldine Hughes (Mrs. Evans) • Maxwell Simkins (Tommy) • Jackson Nicoll (Morris) • Donnetta Lavinia Grays (Schwester Leah) • Joel Marsh Garland (Big Ed) • Wass Stevens (Gary)

Produktion: Sidney Kimmel • Carla Hacken
Szenenbild: Kalina Ivanov
Kostümbild: Melissa Toth
Maskenbild: Maya Hardinge
Kamera: John Schwartzman
Musik: Michael Giacchino
Schnitt: Kevin Stitt

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Bild: Universal Pictures International

1 customer review

befriedigend
21.09.17
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