"Bros" wirbt damit die erste von einem großen Hollywood-Studio produzierte Komödie zu sein, in der die Mehrzahl der Rollen mit Menschen besetzt sind, die aus der LGBTQ+ Community stammen. Als Produzent fungierte Judd Apatow der für seine derben Komödien bekannt ist. Somit erstaunt die zahme Inszenierung von "Bros".
Bobby ist ein homosexueller Mann Anfang vierzig. Er hatte bislang keine Beziehung und ist davon überzeugt, dass er keine Beziehung möchte, weil er selbstbewusst ist und erfolgreich. Ähnlich denkt Aaron. Eines Abends treffen der Aktivist Bobby und der Bodybuilder Aaron im Club aufeinander. Eigentlich ist es Liebe auf den ersten Blick – doch zugeben wollen die Männer das nicht. Schließlich gibt es schnellen Sex mittlerweile per App. Und wer will sich schon festlegen? Eben. Zudem hat Bobby seine Überzeugungen, nicht nur hinsichtlich Beziehungen. Auch sein Kampf für Toleranz, Anerkennung und das erste Museum für LGBTQ+ in New York sind ihm wichtig.
Aaron ist wie Bobby auf der Suche. Vielleicht nicht nach dem Sinn des Lebens, aber zumindest nach Selbstverwirklichung. Die findet er im Job nicht und träumt von etwas Anderem. Wenn er ehrlich ist, wünscht er sich eine Beziehung mit Bobby. Der ist unsicher, ob er Aarons Ansprüchen genügt, weil der mit dem gestylten Körper und dem ausgesprochen großen Penis vielleicht etwas anderes sucht als den engstirnigen Bobby. Doch Aaron, der eigentlich ein netter Junge vom Lande ist, will eine Beziehung mit Bobby – und am besten Kinder. Aber das auszusprechen, kommt weder Aaron noch Bobby in den Sinn. Darum müssen sie Umwege laufen.
Kritik
"Bros" setzt auf eine romantische Komödie die Themen auf, die die Autoren als spezifisch erachten. Billy Eichner (Drehbuch und Hauptrolle) sagt: "Männer im Allgemeinen, und besonders schwule Männer, sind immer so stolz darauf, stark zu sein und sich nur auf sich selbst verlassen zu müssen. Und was die LGBTQ+-Welt anbetrifft, so mussten wir alle immer schon nach außen besonders stark rüberkommen. Wir wollen hart sein, und wir wollen niemand anderen brauchen. Was passiert dann also, wenn sich zwei solche Männer ineinander verlieben?"
Das Drehbuch baut diese These zur Handlung aus. Schade daran ist, dass der Fokus zu eng bleibt und der ungebremste Redeschwall des Hauptdarstellers ermüdet. Billy ist ein Mann mit Prinzipien, der zwanghaft und unablässig über seine Ansichten spricht. So kreidet er es heterosexuellen Schauspielern an, dass sie homosexuelle Charaktere spielen. Das dies die Aufgabe von Schauspielerinnen und Schauspielern ist, scheint ihm nicht bewusst zu sein. Zudem blendet er aus, dass viele homosexuelle Stars heterosexuelle Rollen spielen. Insgesamt ist Bobby weniger eine lustige als eine verdammt anstrengende Figur.
Neben ihm bekommt Luke Macfarlane als Aaron wenig Zeichnung. Die restlichen Figuren bleiben Nebenrollen. Nicht zu übersehen ist, dass die Produktion möglichst vielen Menschen der Community gerecht werden möchte. Es gibt lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Personen. Ausgespart sind die bei schwulen Männern beliebten Fetische wie Leder oder Jeans.
Weil die Handlung in der Gegenwart spielt, texten die Männer übermäßig viel (schicken Nachrichten per Smartphone). Es wird über Sexpraktiken gesprochen und die Männer praktizieren freie Liebe. Letzteres wird auffällig prüde dargestellt; amerikanische Männer scheinen beim Sex stets Boxershorts zu tragen. Ebenso ist auffällig oft das Wort Penis zu hören, anstelle des saloppen Ausdrucks Dick. Das verwundert auch deshalb, weil Judd Apatow die Komödie produziert hat. Und Apatows Komödien sind für ihre Offenheit bekannt.
Fazit
Bei der Freude über das Projekt haben die Drehbuchautoren die Geschichte zu eng gefasst und übersehen, dass eine allgemeinere Geschichte ein breiteres Publikum ansprechen könnte. Das Drehbuch macht den Eindruck, sehr nahe an den Ansichten und der Vita des Hauptdarstellers zu bleiben. Zudem wäre es zu begrüßen, wenn die Szenen mehr gespielt und weniger geredet wären.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 116
Genre: Komödie • LGBT • Romantik
Stichwort: gay
Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 27.10.2022
Regie: Nicholas Stoller
Drehbuch: Billy Eichner • Nicholas Stoller
Schauspieler: Billy Eichner (Bobby) • Luke Macfarlane (Aaron) • Guy Branum (Henry) • Miss Lawrence (Wanda) • TS Madison (Angela) • Dot-Marie Jones (Cherry) • Jim Rash (Robert) • Eve Lindley (Tamara) • Monica Raymund (Tina) • Guillermo Diaz (Edgar) • Jai Rodriguez (Jason) • Amanda Bearse (Anne) • Debra Messing (sie selbst) • Peter Kim (Peter)
Produktion: Judd Apatow • Josh Church • Nicholas Stoller
Szenenbild: Lisa Myers
Kostümbild: Tom Broecker
Maskenbild: Vanessa Anderson • Mitchell Beck • Barbara Lacy • Donyale McRae • Toni Roman • Bri Trischitta • Ande Yung
Kamera: Brandon Trost
Musik: Marc Shaiman
Schnitt: Daniel Gabbe
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