Deutschland Privat - Im Land der bunten Träume

Kinoplakat Deutschland Privat - Im Land der bunten Träume

Als der Regisseur Robert Van Ackeren vor einigen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts seinen Film "Deutschland Privat" in die Kinos brachte, war das Interesse groß. Die ungewöhnlichen, amüsanten und herrlich dilettantischen Filme, die von Amateuren auf Super 8 gebannt wurden, erfreuten die Gemüter. Jetzt hat Robert Van Ackeren wieder in den Privatarchiven der letzten Super-8-Filmer gewühlt, und noch mal eine Reihe grobkörniger, farblich schlechter, stummer und dilettantischer Amateur-Filmchen zusammengestellt, mit Überschriften versehen, und entsprechend der Bilder mehr oder weniger witzig nachsynchronisiert.

Als Robert Van Ackeren im ausgehenden letzten Jahrhundert seinen Film "Deutschland Privat" auf die Leinwand brachte, jubelte Deutschland. Das Privatleben der Deutschen, für immer auf Super 8 gebannt: alltägliche und eigentlich uninteressante Ereignisse und Begebenheit, herrlich dilettantische Situationskomik und naive Weltsichten, die aber alle den Effekt "heimlich durchs Schlüsselloch den Nachbarn beobachten" hatten, und somit ungeheuer interessant waren. Der Film lief jahrelang in Programmkinos, und wurde auch mit diversen Preisen ausgezeichnet. Jetzt ist das Ende der Super-8-Filme-Ära gekommen. KODAK stellte kürzlich die Produktion des legendären Super 8-Materials, den KODACHROME 40, ein. Das hat Regisseur Robert Van Ackeren, dem wir immerhin sehenswerte Spielfilme wie "Die Venusfalle" oder "Die flambierte Frau" verdanken, zum Anlass genommen, noch einmal in den Privatarchiven der deutschen Schmalfilmer zu wühlen. Und so förderte er wieder eine Reihe von Amateurfilmen zutage, die immer noch grobkörnig, farblich unecht und stumm sind, und ganz offensichtlich auch alle aus dem ausgehenden letzten Jahrhundert stammen.

Der Film "Deutschland Privat – Im Land der bunten Träume" lässt den Zuschauer wieder in die Wohn- und Schlafzimmer der Nation blicken, und zwar diesseits und jenseits der schon längst gefallenen Mauer, in die Badezimmer, die Gärten, die Urlaubsdomizile und das sexuelle Wunschdenken unserer filmenden Mitbürger. Zum besseren Verständnis haben alle Filmchen einen Titel erhalten und wurden mehr oder weniger witzig nachsynchronisiert. Da gibt es den amüsanten Film "Lady Di's Hut", der beim Besuch von Lady Diana in Berlin entstand, wobei man ihren Weg durch die Menschenmenge nur anhand ihres leuchtend pinkfarbenen Hutes erahnen kann. Da gibt es verfilmte Witze wie "Stell Dir vor, ich habe im Lotto sechs Richtige und meine Frau hat vergessen, den Schein abzugeben" – "Na, aus der hätte ich Hackfleisch gemacht" – "Was meinst Du, was ich in dem Sack hier habe"! Da gibt es einen seltsamen Werbefilm für Marlboro als "Wohnzimmercowboy". Da gibt es das amüsante "London gefühlsecht" über das Coming-out eines Traunsteiner Schwulen in London. Man sieht den ekligen Film "Haut den Hahn", wo Erwachsene auf einem Karussell auf kopfüber aufgehängt Hühner eindreschen, und in "Entfesselte Senioren" kann man sich über temperamentvolle Tanzschritte und Annäherungsversuche von Rentnern amüsieren. Entlarvend ist "Ich auf Brautschau", in dem ein Muttersöhnchen sich eine Ehefrau nach der anderen aus einem Katalog bestellt. Hochinteressant ist "DDR – doppelt belichtet", in dem es um eine Radtour entlang der Mauer geht – auf der sozialistischen Seite.

Und dann beginnt der hüllenlose Teil. Da kann man in "Im Paradies" nackten Frauen beim Federballspielen zusehen, und nackten Männern beim Erde schaufeln. In "Die Schlafzimmerkönigin" lässt eine Dame mit Maske mehr oder minder verhüllt die üppigen Hüften kreisen und fummelt sich am Busen herum. In "Mit heißer Nadel" näht sich ein nacktes Mädel einen Rock mit Top, was ihr alsbald von einem nackten Mann ausgezogen wird, dann landen die beiden auf dem Boden und tatschen mitleiderregend ungeschickt aneinander herum, während sie immer wieder vom Schampus nippen. "Die zärtliche Matratze" zeigt eine nackte Frau, die auf dem Bauch auf einer Matratze liegt und darauf herumwetzt. In "Frau mit Hund" liegt eine stark geschminkte, lasziv grinsende nackte Frau mit einer großen Dogge im Bett. In "Erotisch Wohnen" sitzt er auf einen runden Schemel, aus dem eine weibliche Hand ragt, die ihm automatisch einen runterholt, während sie auf einem Schemel mit herausragendem Penis sitzt, der automatisch auf und ab gleitet. Das sind nur ein paar der heißen Blümchen-Sex-Szenen aus deutschen Schlafzimmern, die man in den insgesamt 84 Minuten des Films "Deutschland Privat – Das Land der bunten Träume" serviert bekommt.

Kritik

Den ersten Teil "Deutschland Privat" der Robert Van Ackeren Reihe "Blick in deutsche Amateurfilmarchive" fand ich ja noch ganz witzig. Aber was da jetzt in der Fortsetzung "Deutschland Privat – Im Land der bunten Träume" über die Leinwand flimmert, ist einfach nicht sonderlich interessant, und teilweise einfach peinlich. Ausnahmen, wie die Sache mit den Jugendlichen, die in der ehemaligen DDR eine Radtour entlang der Mauer filmen, oder auch die Brautsuche per Katalog, machen die erste Hälfte von "Deutschland Privat – Im Land der bunten Träume" durchaus sehenswert. Auch die teilweise absurd lakonischen Kommentare im Off sind sehr unterhaltsam.

Aber die zweite Hälfte! "Deutschlandsex" hat Robert Van Ackeren die privaten Sexfilmchen überschrieben. Der große Meister sagt dazu: "Die Darstellung von Sex im Amateurfilm unterscheidet sich trotz aller Direktheit grundsätzlich von Pornografie. Ganz anders als die Pornografie sind die Filme nicht auf das Triebzentrum des Betrachters zum Zwecke der Stimulation und Reizsteigerung ausgerichtet." Also, da frag ich mich schon, was die geradezu klinisch genaue Betrachtung eines jungen Mädchens mit weit gespreizten Beinen anderes sein soll als Anmache. Oder ein nacktes Model, das sich lasziv auf der Drehbühne einer Peepshow räkelt. Oder die Dame im Bett mit Hund. Oder die Mama, die mit einer Hand ihre Brüste knetet, und sich mit der anderen unten reibt. Oder die mehr als nur vollbusigen, nicht mehr jungen und nicht mehr schlanken Damen, die in 69-Stellung aneinander herummachen. Das ist für mich reine Pornografie, nur nicht so perfekt wie in Beate-Uhse-Videos. "Die flüchtigen Liebesmomente werden mit der gleichen Selbstverständlichkeit im Filmbild festgehalten wie Reiseeindrücke, Familienfeiern und andere Höhepunkte des privaten Lebens". Lieber Herr Van Ackeren, ich hab da keine flüchtigen Liebesmomente entdeckt, sondern nur mit Vorsatz und Absicht gestellte, teilweise recht deftige Sexszenen zum Aufgeilen in künftigen schwachen Momenten. Und warum so was nun unbedingt unter dem Mäntelchen "Deutschland Privat – Im Land der bunten Träume" unter die Leute gebracht werden muss, verstehe ich nicht.

Fazit
Die erste Hälfte von "Deutschland Privat – Im Land der bunten Träume" kann man gelten lassen, die ist teilweise recht amüsant und interessant. Aber die zweite Hälfte ist zum Vergessen, außer für hart gesottene Pornoliebhaber.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 30 %


Land: Deutschland
Jahr: 2007
Laufzeit ca.: 84
Genre: Farbfilm
Verleih: Kinowelt
FSK-Freigabe ab: 18 Jahren

Kinostart: 21.06.2007
Heimkino: 10.10.2007


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Bild: Kinowelt

1 customer review

ausreichend
21.06.07
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