Ein ganz gewöhnlicher Held

Kinoplakat Ein ganz gewöhnlicher Held

Des Winters Eiseskälte lasst die Menschen in Cincinnati zusammenrücken. Mit gutem Beispiel gehen die Mitarbeiter der örtlichen Leihbücherei voran, die es Obdachlosen erlauben, tagsüber in den warmen Räumen zu verweilen. Als der Winter nachlegt und die Temperatur stark fällt, steht eine Gruppe Obdachloser vor einem großen Problem.


Die öffentliche Leihbücherei der Stadt Cincinnati, die im Englischen treffend the Public heißt, bietet für Wissensdurstige aller Art eine Anlaufstelle. Sie wird gerne von Obdachlosen genutzt, die hier der Körperpflege nachgehen und tagsüber einen warmen Ort finden. Das wird von der Geschäftsführung geduldet. Als im Winter die Temperaturen auf Minusgrade fallen, erfrieren die ersten Obdachlosen, während eine Gruppe Stammleser die Bibliothek besetzt, weil die Notunterkünfte überfüllt sind. Das stellt den Bibliothekar Stuart Goodson (Emilio Estevez) vor ein Problem. Soll er mit den Obdachlosen solidarisieren oder für deren Rauswurf eintreten? Erst einmal entscheidet Stuart nicht zu reagieren und steht dadurch aufseiten der Besatzer. Die küren ihn zum Verhandlungsführer, während die Stadt Detective Bill Ramstead (Alec Baldwin) antreten lässt. Der ist in dem Fall auf ungeahnte Weise parteiisch wie auch der Staatsanwalt Josh Davis (Christian Slater). Und selbst Stuart hat einen guten Grund für eine Seite zu sprechen.

Kritik

Emilio Estevez hat eine Botschaft. Er will Fürsprecher für diejenigen sein, die keine Öffentlichkeitsarbeit machen können. Dafür hat er einen Film geschaffen, dessen Drehbuchautor, Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent er ist. Herausgekommen ist ein Werk, das wohl aus gutem Willen entstanden ist und trotzdem nur bedingt überzeugt. Mehr dazu in der Kritik.

Der Film "Ein ganz gewöhnlicher Held" beginnt wie amerikanisches Autorenkino, geht dann in Märchen über und mündet in ein großes Wunschdenken. Emilio Estevez hat sich mit der Übernahme von vier Positionen übernommen. Sein Drehbuch hat ärgerliche Mängel, die einem erfahrenen Schauspieler wie Estevez hätten auffallen müssen.

Die Handlung beginnt mit der viel zu langen Einführung der Figuren und ihren Problemen. Für die Bibliothek arbeiten unter anderem Stuart Goodson und seine Kollegin Myra. Die tritt für eine bessere Welt ein, ohne dabei selbst aktiv werden zu müssen. Stuart kämpft mit Geldproblemen und den Tücken der billigen Wohnung. Dabei lernt er Angela kennen, die ihm bei der Gelegenheit gleich ihrer Suchtproblematik erzählt.
Den weiteren Personen ergeht es nicht besser. Ernesto, der Mann vom Sicherheitsdienst, wurde von einem Obdachlosen verklagt, weil er und Stuart den Mann der Bibliothek verwiesen haben, wegen Körpergeruchs. Den Fall verhandelt Staatsanwalt Josh Davis, der im Wahlkampf angetreten ist. Ein aussichtloses Unterfangen macht ihm Detective Bill Ramstead unmissverständlich klar. Er sucht seit Monaten nach seinem drogensüchtigen Sohn, der irgendwo da draußen auf der Straße lebt.

Für die Vorstellung der Charaktere wendet der Film viel Zeit auf. Trotzdem gelingt es ihm nicht, glaubwürdige Figuren zu erschaffen. Stuart ist die sprichwörtliche graue Maus, die mit Nachnamen Goodson also good Son heißt. Er ist der verlorene und mittlerweile bekehrte Sohn, der sein Heil im Lesen von Büchern fand. Wie ein biblischer Urvater führt er sein Volk, bestehend aus 100 Männern in den Kampf um Gerechtigkeit.

Unter den Obdachlosen gibt es den Kriegsveteran, der jetzt obdachlos ist und den Staat als ungerecht empfindet. Beurteilen kann man das als Zuschauer nicht, weil die Handlung die Vergangenheit nicht aufdeckt. Ein anderer Obdachloser hat seinen Job verloren. Ob er versucht hat wieder Fuß  zu fassen und dabei gescheitert ist, wäre interessant. Doch das verrät der Mann nicht. Der Unterhändler der Polizei ist im Lauf der Jahre mürbe geworden. Der Staatsanwalt ist gnadenlos und die Reporterin verdreht Fakten zugunsten der Einschaltquote. Durch die flache Zeichnung bleiben die Figuren Stereotype.

Als Regisseur macht Emilio Estevez einen unterdurchschnittlichen Job. Aufgrund der oberflächlichen Darstellung gelingt es kaum, mitzufühlen. Die Hoffnung etwas von den Menschen zu erfahren wird nicht erfüllt. Stuart hat einen guten Grund zum Fürsprecher der Obdachlosen zu werden. Doch das interessiert die Handlung nur am Rande. Stuart zeigt keine Regung und spielt den gesamten Film eindimensional. Damit fehlt dem Drama etwas Entscheidendes: Es nimmt den Zuschauer nicht mit.

Ansonsten ist der Film handwerklich mittelprächtig bis schlecht gemacht. Die Außenaufnahmen vermitteln nicht das Gefühl von Kälte. Die Tür des Übertragungswagens des Fernsehteams steht weit offen und die Reporterin friert trotzdem nicht. Niederschlag gibt es zufällig keinen und es liegt darum kein Schnee.

Fazit
Der Film "Ein ganz gewöhnlicher Held" setzt auf Effekte. In der Bibliothek sind einhundert Männer anwesend, aber nicht einmal ein Dutzend von ihnen bekommt Leinwandpräsenz. Somit ist die beeindruckende Zahl 100 Blendwerk. Eine spannende Lebensgeschichte spendiert das Drehbuch weder ihnen noch dem Hauptdarsteller. Handlungsstränge bleiben angerissen. Beispielsweise findet die Idee mit dem Wahlkampf keinen Ausbau. Mike, der Sohn des Detectives wird eingeführt ohne eine Rolle zu spielen. Es wäre möglich gewesen ihn als Faustpfand zu nutzen. Doch auf raffinierte Winkelzüge will der schlichte Film nicht hinaus.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 40 %

Original Filmtitel: The Public
Land: USA
Jahr: 2018
Laufzeit ca.: 119
Genre: DramaMärchen
Verleih: Koch Media
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 25.07.2019
Heimkino: 28.11.2019

Regie: Emilio Estevez
Drehbuch: Emilio Estevez

Schauspieler: Alec Baldwin (Detective Bill Ramstead) • Taylor Schilling (Angela) • Emilio Estevez (Stuart Goodson) • Jena Malone (Myra) • Christian Slater (Josh Davis) • Jacob Vargas (Ernesto) • Gabrielle Union (Rebecca Parks) • Derek Polen (William Larsen) • Michael Kenneth Williams (Jackson) • Jeffrey Wright (Anderson) • Rhymefest (Big George) • Ki Hong Lee (Chip)

Produktion: Emilio Estevez • Alex Lebovici • Lisa Niedenthal • Steve Ponce
Szenenbild: David J. Bomba
Kostümbild: Christopher Lawrence
Maskenbild: Anne Taylor
Kamera: Juan Miguel Azpiroz
Musik: Tyler Bates • Joanne Higginbottom
Schnitt: Richard Chew • Yang Hua Hu

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Bild: Koch Media

1 customer review

ausreichend
15.07.19
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