Es kann die Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es der bösen Nachbarin nicht gefällt. Das muss die gute Christin Edith erfahren, die in abscheulichen Briefen auf das Übelste beschimpft wird. Doch ist die Wahrheit so einfach?
In den 1920-er Jahren leben in Großbritannien die Familien Swan und Gooding Tür an Tür. Die eine Familie ist streng christlich, die andere besteht aus Rose, deren Tochter und Roses aktuellem Lebenspartner Bill. Eines Tages bekommt Edith Swan einen beleidigenden Brief. Dem folgen weitere und Edith wird zur Märtyrerin, über die die Zeitung schreibt. Für die Frau ein kleiner Lichtblick in einem insgesamt freudlosen Leben. Die Briefe reißen nicht ab und der Verdacht fällt auf Rose. Die streitet ab, Briefe zu schreiben, denn sie flucht ohnehin, wie es ihr gerade in den Sinn kommt. Die Polizei zeigt wenig Interesse an der Klärung des Falles – ausgenommen der weibliche Police Officer Gladys Moss. Die Polizistin hat ein besseres Gespür als ihre männlichen Kollegen. Doch wie alle Frauen der Kleinstadt leidet sie unter dem Patriarchat.
Kritik
Die Komödie fußt auf einem realen Vorfall, hat jedoch kein Interesse an einer realistischen Aufarbeitung des Falles. Die Fiktion überzeichnet nach Möglichkeit alles. Edith ist eine alte Jungfer, Rose ein Wildfang und darf schlimmer fluchen als ein Mann, die Gerichtsverhandlung eine Farce. Frauenfeindlichkeit ist an der Tagesordnung und Rassismus sowieso. Das ergibt eine starke Handschrift und die ist Segen und Fluch zugleich. Sie amüsiert eine Zeit lang – kann jedoch auf die Dauer nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Dargebotene enge Grenzen hat.
Inhaltlich bietet die Komödie nicht viel; die Mechanismen werden überspitzt aber leider nicht für Raffinesse oder eine tiefergehende Zeichnung der Figuren genutzt. Auch ein Hinterfragen der Situation bleibt aus. Die Kreativen vor der Kamera geben sich Mühe. Olivia Colman baut kurze Gesichtsausdrücke ein, die erahnen lassen, was in der Figur vorgeht. Mangels einer Weiterentwicklung der Charaktere oder Veränderungen leidet auch die Darstellung der feststehenden Figuren unter Wiederholungen. Der Fokus liegt auf wenigen Schauspielern sowie wenigen Handlungsorten.
Die Auflösung des Falles, dessen Lösung die meisten im Publikum wahrscheinlich früh ahnen, ist nicht der Weg. Was ein schrulliger, britischer Krimi sein könnte, ist keiner. Der Film setzt, wie zuvor erwähnt, vollkommen auf die Stilisierung. Daran ändert auch die Zuspitzung nicht viel, die das Thema lediglich ausweitet. Der Humor ist eine Geschmacksfrage, den Kritiker spricht er nicht an.
Fazit
Themen wie Rassismus, Vorurteile gegen Zugezogene, offene Frauenfeindlichkeit und eine Justiz, die auf Vorverurteilung setzt und kein Interesse an Untersuchungen hat, bieten Potenzial. Um das zu nutzen, braucht es den Willen ein Drehbuch auszuarbeiten, den der Film nicht erkennen lässt. Schade, dass es an Herzblut fehlt. Der Plot klingt wie ein netter Fernsehfilm und die Umsetzung gibt der Vermutung recht.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Land: Großbritannien
Jahr: 2023
Laufzeit ca.: 100
Genre: Komödie
Verleih: Studiocanal
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 04.04.2024
Heimkino: 11.07.2024
Regie: Thea Sharrock
Drehbuch: Jonny Sweet
Schauspieler: Olivia Colman (Edith Swan) • Jessie Buckley (Rose Gooding) • Timothy Spall (Edward Swan) • Jason Watkins (Mr. Treading) • Alisha Weir (Nancy Gooding) • Joanna Scanlan (Ann) • Hugh Skinner (Constable Papperwick) • Eileen Atkins (Mabel) • Lolly Adefope (Kate) • Gemma Jones (Victoria Swan) • Anjana Vasan (Police Officer Gladys Moss) • Tim Key (Father Ambrose)
Produktion: Graham Broadbent • Peter Czernin • Ed Sinclair • Olivia Colman • Jo Wallett
Szenenbild: Cristina Casali
Kostümbild: Charlotte Walter
Maskenbild: Denise Kum
Kamera: Ben Davis
Musik: Isobel Waller-Bridge
Schnitt: Melanie Ann Oliver
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Bild: Studiocanal