The Lost King

Kinoplakat The Lost King

Im Jahr 2012 gelang einer Amateurin eine Sensation: Unter ihrer Führung wurden die sterblichen Überreste von King Richard III. gefunden. Damit widerlegte die Frau alle Gelehrten und Skeptiker. Der Weg zum Ruhm war allerdings steinig.

Philippa reibt sich für die Arbeit in einer Agentur auf und ist davon überzeugt, dass ihr Verhalten Früchte tragen wird. Bei der nächsten Beförderungsrunde geht sie leer aus und ist zutiefst enttäuscht, fühlt sich ungerecht behandelt. Als sie kurz darauf bei einer Theateraufführung Shakespeares Drama Richard III. sieht, spürt sie eine Verbindung. Sie beginnt sich für Richard III. zu interessieren, liest über ihn, lernt Gleichgesinnte kennen und teilt deren Meinung: Richard III. war kein Thronräuber und nach Philippas Einschätzung hat er seine Neffen nicht ermordet. Philippa ist von Richard III. derart besessen, dass er ihr in Visionen erscheint. Zunächst sitzt er schweigend im Garten, dann taucht er auch an anderen Orten auf und als Philippa ihn anspricht, antwortet er. Nur die Frage nach dem Mord bleibt unbeantwortet. Philippa wiederum wird zu einer Amateur-Historikerin und vernachlässigt für ihre Passion Beruf und Familie. Zunächst scheint ihre Besessenheit lachhaft. Doch sie entwickelt einen untrüglichen Spürsinn und ist davon überzeugt, dass das Grab des im Jahr 1485 gestorbenen Königs gefunden werden kann.

Kritik

Das Drama aus der Feder von Steve Coogan und Jeff Pope basiert auf einem Buch der realen Philippa Langley. Inwiefern die Literaturvorlage und die Fiktion differieren, kann der Kritiker nicht beurteilen – und es spielt für die Einschätzung des Films auch keine Rolle. Sally Hawkins spielt die Heldin annehmbar und trippelt entschlossen durch das Drama, das immer wieder kleine Scherze auflockern.

Das Drehbuch gibt mögliche Erklärungen zu den Motiven der Hauptdarstellerin, ohne dies zu behaupten. So ist es wahrscheinlich, dass Philippa für die Gerechtigkeit kämpft, weil ihr selbst Unrecht widerfährt. Die Vorstellung des Mordes an den Neffen kann sie vielleicht deshalb nicht verkraften, weil sie selbst zwei Söhne hat. Wie gesagt, belässt es der Film bei Andeutungen. Was auch die angestrengte familiäre Situation der Hauptrolle betrifft. Die Ehe von Philippa und John steht kurz vor der Scheidung. Es gibt Auseinandersetzungen der Eheleute. Doch ausgebaut wird dieser Handlungsstrang nicht. Unverständlich ist, dass die Mutter ihre eigenen Kinder vernachlässigt zugunsten der Recherche / dem Wiederherstellen von Gerechtigkeit.

Leider werden fast alle Konflikte des Dramas nur angerissen, so gut wie jede konfliktgeladene Szene bricht ab. Das passt zur Handlung, weil die sich auf die Darstellung des Falles konzentriert. Für die Spannung ist es jedoch abträglich. Auch schade: Als der Fall zur Sensation wird, treten die in den Vordergrund, die keine treibenden Kräfte waren und heimsen den Ruhm ein. Philippa nimmt diese Kränkung stoisch hin. Auch in diesem Fall muss die Dramatik zugunsten der sachlichen Darstellung zurückstehen. Störend ist die Filmmusik, die melodramatisch aufspielt und Szenen dramatisiert, die nicht dramatisch sind. Anders gesprochen: Die Filmmusik setzt oft unpassend ein.

Die Schauspielerinnen und Schauspieler tragen die Rollen, ohne zu begeistern. Sally Hawkins spielt solide. Hinter ihr steht etwa Steve Coogan als, die Ehefrau dann doch unterstützender Ehemann, im Schatten. Mark Addy als Richard Buckley geht Szenen wie eine Naturgewalt an. Leider ist es insgesamt so, dass das Drehbuch dem Ganzen enge Grenzen setzt. Und sich dabei alberne Szenen erlaubt. Philippa sieht auf dem Parkplatz des Sozialamtes den Großbuchstaben R auf dem Asphalt. Für sie ist das ein Zeichen, für den Parkwächter bedeutet es einfach nur reserved. Der Kritiker vermutet, das Drehbuch will den Fall nüchtern schildern. Dabei hätte zumindest der Hauptrolle mehr Ausschmückung gutgetan.

Fazit
"The Lost King" erzählt, wie es einer Amateur-Historikerin gelingt, das Bild von Richard III. geradezurücken. Das geschieht "very british" und getragen. Es gibt Diskussionen über die Tudors und das Haus Plantagenet. Shakespeares Darstellung im Theaterstück wird kritisiert. Der Kritiker kann sich nicht daran erinnern, dass jemand darauf hinweist, dass es ein Theaterstück ist, dass zur Unterhaltung (der Massen) geschrieben wurde.
Es wird vieles angedeutet und wenig im Klartext transportiert. Abträglich für jene, die mehr über Film-Figuren erfahren möchten. Schön für alle, die gerne zwischen den Zeilen lesen. Eine klare Entscheidung für ein persönliches Drama oder eine Geschichtsstunde hätte dem Ganzen angestanden. Mit dem eigenen Interesse an Richard III. steht und fällt der Film.

Das historische Drama feierte seine Premiere am 09.09.2022 beim Toronto International Film Festival. Erst im Juni des Folgejahres wurde es im Rahmen des Filmfests München gezeigt. Im Oktober 2023 folgt die Auswertung in deutschen Kinos. Nun will der Kritiker das Werk nicht madig machen – aber Begeisterungsstürme sind schwer vorstellbar, denn leider fehlt "The Lost King" hinsichtlich des Themas und der Umsetzung die Kinogröße. Ein annehmbares Fernseh-Drama.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Land: Großbritannien
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 108
Genre: Drama

Verleih: X Verleih
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 05.10.2023

Regie: Stephen Frears
Drehbuch: Steve Coogan • Jeff Pope
Literaturvorlage: Philippa Langley • Michael Jones

Schauspieler: Sally Hawkins (Philippa Langley) • Shonagh Price (Kelly) • Helen Katamba (Awusi) • Lewis Macleod (Tony) • Jenny Douglas (Kirsty) • Steve Coogan (John Langley) • Benjamin Scanlan (Raife) • Adam Robb (Max) • Harry Lloyd (Richard III.) • Robert Jack (Alex) • Sarah MacGillivray (Susan) • John-Paul Hurley (Buckingham)

Produktion: Steve Coogan • Christine Langan • Dan Winch
Szenenbild: Andy Harris
Kostümbild: Rhona Russell
Maskenbild: Maxine Dallas • Catriona Johnstone • Vivienne Simpson
Kamera: Zac Nicholson
Musik: Alexandre Desplat
Schnitt: Pia Di Ciaula

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Bild: X Verleih

1 customer review

Befriedigend
02.10.23
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