Selbsthilfe-Gruppen gibt es viele. Für oder gegen jedes Leid findet der Suchende Gleichgesinnte. Manche machen aus ihrer Not eine Tugend und schreiben ein Buch darüber. Wieder andere fragen sich, was diese Menschen wohl antreibt? Und wieder andere drehen Filme darüber. Hier versuchten vier Egozentriker Selbstmord zu begehen.
Silvesterabend auf einem Hochhaus. Martin Sharp (Pierce Brosnan) hat sich die Mühe gemacht, eine Leiter bis aufs Dach hinauf zu schleppen. Doch dann zögert er zu springen. Das bringt Maureen (Toni Collette) dazu, vorsichtig zu fragen, ob sie warten soll oder vielleicht vor ihm springen darf? Doch dann werden die Zwei jäh von Jess (Imogen Poots) gestört. Und während sie noch damit beschäftigt sind Jess vom Selbstmord abzuhalten, macht J.J. (Aaron Paul) auf sich aufmerksam. Später in der Nacht hat man beschlossen, mindestens bis zum Valentinstag am Leben zu bleiben. Doch das ist einfacher gesagt als getan, denn jeder aus dem Quartett hat einen mehr oder minder triftigen Grund dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Bis es so weit ist, verbringt man etwas Zeit miteinander – und das wirkt Wunder.
Kritik
Der Film "A Long Way Down" hat eine große Stärke, die zugleich auch seine größte Schwäche ist: Er ist eine sehr eigenwillige Variante des britischen Kinos. Zuschauer, die damit wenig am Hut haben, könnten das Kino mit einem Fragezeichen im Gesicht verlassen. Zudem beantwortet der Film die Frage, ob man gerne Menschen in Alltagssituationen beobachten möchte recht gut. Sie lautet für mich: nein.
Das hängt nicht mit den darstellerischen Leistungen zusammen. Ehe ich zu denen komme, muss ich anmerken, dass zwar jede der vier Hauptfiguren ein Kapitel bekommt, in dem sie von sich erzählt, aber die Rollen nicht allen gleich viel Entfaltungsspielraum lassen. Aaron Paul etwa erwischt nur den Zipfel der Wurst. Etwas besser ergeht es Toni Collette als Mauerblümchen, das nur wach geküsst werden muss. Mindestens genauso beeindruckt wie die Zwei hat mich Rosamund Pike als erbarmungslose Fernsehmoderatorin, die für ihre Show auf Nichts und Niemanden Rücksicht nimmt. Das bekommt auch ihr Ex-Kollege Pierce Brosnan zu spüren – den ich schon lange nicht mehr so interessant habe spielen sehen. Die Rolle als eingefleischter Egozentriker, der unter Selbstmitleid vergeht, gelingt ihm gut. Und dennoch stiehlt ihnen Imogen Poots regelmäßig die Show. Sie hat das Glück, die facettenreichste der vier Hauptrollen zu spielen und nutzt das aus, um eine derartige Präsenz an den Tag zu legen, dass es manchmal schon stört.
Fazit
Ich anerkenne die handwerklichen Leistungen und bleibe von der erzählten Geschichte trotzdem unberührt und nehme an dieser eigenartigen Therapiestunde des Kinos keinen Anteil.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Jahr: 2013
Laufzeit ca.: 95
Genre: Tragikomödie
Verleih: DCM Film Distribution
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren
Kinostart: 03.04.2014
Heimkino: 05.09.2014
Regie: Pascal Chaumeil
Drehbuch: Jack Thorne
Schauspieler: Pierce Brosnan (Martin Sharp) • Toni Collette (Maureen) • Aaron Paul (JJ) • Imogen Poots (Jess) • Sam Neill (Chris) • Rosamund Pike (Penny) • Tuppence Middleton (Kathy) • Joe Cole (Chas) • Josef Altin (Matty) • Zara White (Shanay) • Evelyn Duah (Krankenschwester) • Therese Bradley (Krankenschwester) • Priyanga Burford (Reporterin) • Diana Kent (Hope) • Shola Adewusi (Gladys) • Ilan Goodman
Produktion: Finola Dwyer • Amanda Posey
Szenenbild: Chris Oddy
Kostümbild: Odile Dicks-Mireau
Kamera: Ben Davis
Musik: Dario Marianelli
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Bild: DCM Film Distribution