Als das Meer verschwand

Kinoplakat Als das Meer verschwand

Paul ist ein preisgekrönter Kriegsfotograf. Vor 17 Jahren ist er Hals über Kopf nach dem Tod seiner Mutter von zu Hause geflüchtet. Jetzt kehrt er wieder in das kleine Dorf in der Einöde Neuseelands zurück. Doch weder sein Bruder Andrew mit seiner Familie noch seine ehemalige große Liebe Jackie heißen den Heimkehrer willkommen.

Der Film "Als das Meer verschwand" ist eine überaus komplexe und bis zum letzten Augenblick ungeheuer spannende Geschichte von Drehbuchautor und Regisseur Brad McGann, der dafür beim Seattle Film Festival den Spezialpreis der Jury als "Bester neuer Regisseur" bekam. Der Film entstand nach dem erfolgreichen Roman "In My Fathers Den", den Autor Maurice Gee 1972 veröffentlichte. Paul (tragischer Held: Matthew MacFadyen, bekannt aus "Stolz und Vorurteil") ist auf dem Weg nach Hause. Sein Vater ist gestorben und Paul möchte an der Beerdigung teilnehmen. 17 Jahre ist er von zu Hause weg gewesen, nach dem Tod seiner Mutter ist er damals von heute auf morgen einfach davon gelaufen. Jetzt kehrt er heim, ausgebrannt und desillusioniert durch seinen Beruf als Kriegsfotograf und Kriegsberichterstatter. Viele Preise hat er für seine außergewöhnlich engagierte Arbeit bekommen, den wichtigsten, den Pulitzer Preis, hat er allerdings aus persönlichen Gründen abgelehnt.

Langsam versucht Paul in dem kleinen Dorf in der Einöde Neuseelands wieder Fuß zu fassen. Die meisten Dorfbewohner begrüßen ihn recht freundlich, schließlich ist er der berühmteste Sohn ihrer kleinen Gemeinde. Aber sein Bruder Andrew (starrköpfig und nachtragend: Colin Moy), der ziemlich erfolglos Strauße züchtet und seine ehemalige Jugendliebe Jackie (unsympathisches Luder: Jodie Rimmer), die die Metzgerei ihres verstorbenen Mannes übernommen hat, scheinen sich keineswegs über sein plötzliches Auftauchen zu freuen. Lediglich seine Schwägerin Penny (sanft und abgründig: Miranda Otto, bekannt aus "Herr der Ringe - Die zwei Türme") freut sich über seine Rückkehr und trägt Paul auch nicht nach, dass er zur Beerdigung seines Vaters zu spät kommt.

Danach hat Paul Zeit, durch sein Elternhaus, das inzwischen leer steht, und durch den vertrauten Garten zu streifen und einen Blick in das versteckte Refugium seines Vaters zu werfen. Dieses Refugium ist eine verborgene Hütte im Geräteschuppen, ein Rückzugsort für seinen Vater, den keiner kannte - außer Paul. Dort hatte sein Vater Regale voller Bücher, Platten und Weinflaschen. Dorthin ging er, wenn ihm seine puritanische Ehefrau mal wieder den Nerv tötete. Paul hatte diesen Ort durch Zufall entdeckt und musste seinem Vater versprechen, diesen Ort niemals an jemand anderen zu verraten. Er sollte ihnen beiden vorbehalten bleiben, als Platz zum ungestörten Lesen, Musik hören und Nachdenken. Jetzt kommen die Erinnerungen wie eine Flut zu ihm zurück und Paul beschließt, doch noch eine Weile in seinem Heimatort zu verbringen und bis auf Weiteres in Neuseeland zu bleiben.

Als er in der alten Hütte aufräumen will, bemerkt er, dass noch jemand diesen versteckten Ort entdeckt hat: Celia (großes Talent: Emily Barclay), die 16-jährige Tochter seiner Jugendliebe Jackie, was Paul aber zunächst nicht weiß. Celia nutzt den Ort in der gleichen Weise wie einst Paul und sein Vater: Celia kommt hierher um Musik zu hören, Kurzgeschichten zu schreiben und von einer anderen, interessanteren Welt zu träumen. Celia träumt nämlich von einer Karriere als Schriftstellerin. Sie möchte fort aus diesem gottverlassenen Nest, sie möchte hinaus in die große weite Welt, sie möchte etwas erleben, Neues kennenlernen, Wissen erwerben. Paul passt es gar nicht, dass sich dieses unbekannte Mädchen da einfach in seinem geheimen Versteck eingenistet hat. Er wirft sie hochkant hinaus.

Paul beginnt sich in seinem Elternhaus einzurichten. Jetzt kommen die Leute aus dem Dorf und wollen etwas über seine Tätigkeit als Kriegsfotograf und Kriegsberichterstatter wissen, wollen wissen, wie das so ist, im Krieg und wenn man für die Bilder und die Berichte darüber Preise kriegt. Trotzdem die Erinnerungen an diese schlimmen Zeiten für Paul sehr schmerzhaft sind, erzählt er davon und hält sogar Vorträge. Celia will inzwischen wissen, wer der Typ ist, der sie da einfach aus ihrem wunderbaren Versteck gejagt hat. Sie forscht nach und erliegt der Faszination, die dieser stille, melancholische Mann auf sie ausübt. Sie bewundert ihn, weil er es geschafft hat aus dem kleinen Nest herauszukommen und in der großen Welt Karriere zu machen. Sie liest alles über ihn, über seine Einsätze in den gefährlichsten Krisengebieten der Welt, über seine unglaublichen Fotos und seine zahlreichen Preise und Auszeichnungen. Aber so wie alle anderen in dem Dorf erfährt sie nichts über seine Beweggründe, warum er damals, vor 17 Jahren, so Hals über Kopf das Dorf verlassen hat.

Je interessierter die Nachbarn an seinem Leben als Kriegsfotograf sind, desto mehr löst sich Paul davon. Das geht sogar so weit, dass er seine Kamera seinem Neffen Jonathan (eifersüchtiger Teenager: Jimmy Keen) schenkt. Jonathan, der Paul zunächst mit der gleichen Zurückhaltung wie sein Vater Andrew begegnet ist, ist begeistert. Sofort zieht er damit los und fotografiert alles, was ihm vor die Linse kommt. Zufälligerweise sind da auch Fotos von Celia dabei, seiner heimlichen Liebe und zufälligerweise ist Celia auf diesen Fotos nur sehr leicht bekleidet. Im Grunde genommen ist das alles ganz harmlos, aber als Jonathans Vater Andrew die Fotos findet, nimmt er sie seinem Sohn weg und schimpft ihn aus.

Paul schreitet voran mit seiner Vergangenheitsbewältigung. Er trifft sich mit seiner Jugendliebe Jackie. Beide schwanken zwischen schönen Erinnerungen an die erste Liebe und einigen schmerzhaften Erinnerungen an das, was folgte, aber es wird beiden ziemlich schnell klar, dass da nichts mehr ist von der früheren großen Verliebtheit. Celia hat inzwischen angefangen, richtiggehend für Paul zu schwärmen, sie sucht seine Nähe, versucht den schweigsamen Mann aufzutauen. Paul, der inzwischen weiß, dass Celia Jackies Tochter ist, beginnt nachzurechnen und fragt sich, ob Celia eventuell auch seine Tochter ist. Als er Jackie danach fragt, weist sie ihn unfreundlich ab. Und im Geburtsregister ist der Name des Vaters gestrichen. Paul findet allerdings unter den Hinterlassenschaften seines Vaters ein Foto, auf dem ein Baby auf dem Arm einer jungen Frau in der Kamera lacht. Er vermutet stark, dass das Jackie mit Celia ist. Und wenn Celia nicht seine Tochter ist, warum sollte sein Vater dann dieses Foto aufgehoben haben?

So allmählich hat sich Paul in seinem Heimatdorf wieder häuslich eingerichtet. Als ihm der Job eines Lehrers für Journalismus an der örtlichen Schule angeboten wird, greift er zu. In seiner Klasse ist auch Celia. So nach und nach entwickelt sich zwischen den Beiden eine tiefe Freundschaft und Sympathie. Paul und Celia treffen sich fast täglich im alten Versteck im Geräteschuppen. Celia erzählt Paul von ihren Träumen und Wünschen, von ihren Hoffnungen und Sehnsüchten. Und sie gibt ihm eine Geschichte zu lesen, die sie geschrieben hat und die mit den Worten beginnt "Als das Meer verschwand.". Paul ist begeistert und rät Celia, die Geschichte für einen Wettbewerb einzuschicken. Nach langem Zögern, weil sie Angst vor einem Scheitern hat, gibt Celia nach und schickt die Geschichte ein.

Während Paul und Celia immer mehr zueinander finden, merken beide nicht, wie sich um sie herum das Chaos ausbreitet. Penny, Andrews Frau, hat unter seinen Sachen die Fotos der halbnackten Celia entdeckt und sie natürlich vollkommen falsch interpretiert. Jackie, die Paul und Celia in der alten Hütte überrascht, ist über diese Intimität der Beiden ziemlich sauer. Und auch Andrew und vor allen Dingen Jonathan, der ja heimlich in Celia verliebt ist, betrachten diese enge und für Außenstehende recht ungewöhnliche Beziehung zwischen dem älteren Mann und dem Teenager mit tiefem Misstrauen.

Allmählich fühlt sich Paul für Celia verantwortlich. Als Celia eines Tages bei ihm mit Blutergüssen und verheulten Augen auftaucht und Paul gesteht, dass ihr versoffener Stiefvater ihr das angetan hat, stellt Paul ihn zur Rede. Das Ergebnis ist wenig erfreulich: Paul wird von ihm windelweich geprügelt. Andrew und Jackie versuchen anschließend zu verhindern, dass sich Paul und Celia weiterhin treffen. Doch die beiden schaffen es immer wieder, gemeinsame Stunden im Schutz der alten Hütte zu verbringen. Dann ist Celia eines Tages plötzlich verschwunden. Natürlich gerät Paul als erster ins Visier der Polizei. Er erklärt den Beamten, dass Celia vermutlich heimlich nach Spanien abgereist ist, einem ihrer geliebten Fernziele, die sie unbedingt besuchen wollte. Doch Jackie findet den gepackten Koffer und den Reisepass ihrer Tochter - und schon ist Paul wieder die Nr. 1 unter den Verdächtigen, denn er hat sie vermutlich als Letzter gesehen. Jetzt wendet sich auch das Dorf gegen ihn, schließlich ist es doch ziemlich seltsam, dass so ein erwachsener Mann und so ein junges Mädchen so eng befreundet sind. Da muss doch was sein! Pauls Haus wird durchsucht, er erhält Drohungen, Celias Stiefvater verprügelt ihn vorsichtshalber noch einmal und durchwühlt sein Haus und die Hütte. Aber es gibt keine Spuren von Celia. Bis Paul mit seinem Bruder Andrew aneinandergerät und hässliche Dinge aus der Vergangenheit zur Sprache kommen: der Grund, warum Paul damals so überstürzt gegangen ist und damit auch der Grund, warum Celia verschwunden ist.

Kritik

Der Film "Als das Meer verschwand" ist ein zutiefst berührender Film über Gefühle und Sehnsüchte, Wünsche und Träume. Es ist gleichzeitig ein unglaublich spannender und raffiniert komplexer Thriller. Und es ist ein sehenswerter Film über die wunderbare Landschaft Neuseelands. Die beiden grandiosen Hauptdarsteller Matthew MacFadyen und Emily Barclay geben der Geschichte das richtige Gesicht, halten kongenial die Waage zwischen Tragödie und Poesie, zwischen Thriller und Drama.

Behutsam und mit viel Fingerspitzengefühl für Zwischentöne hat Regisseur Brad McGann diese ungewöhnliche Geschichte über hässliche und tödliche Familiengeheimnisse inszeniert, hat sich viel Zeit gelassen für das Entwickeln der Charaktere, für das Verweben von Landschaft und Ereignissen. Selbst die kleinste Nebenrolle ist fantastisch besetzt.
Großartig auch die Auswahl der Musik. Die Songs von Stars wie z. B. Patti Smith passen hervorragend zur jeweiligen Seelenlage der Protagonisten, der Score von Simon Boswell ist ebenso ausgezeichnet.

Fazit
Der Film "Als das Meer verschwand" ist wieder einmal ganz großes Kino aus Neuseeland, dem Land, das offensichtlich ein geradezu unerschöpfliches Reservoir an talentierten Künstlern hat. Der Film "Als das Meer verschwand" bietet in 128 Minuten eine umwerfende und tief bewegende Geschichte über die Unzulänglichkeiten von Menschen, über die fatale und lang anhaltende Wirkung von Lügen und dabei aber auch über erfüllte Hoffnungen und Träume. Ein wunderbarer Film, den Sie sich unbedingt ansehen sollten!
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 80 %


Original Filmtitel: In My Father's Den
Land: GroßbritannienNeuseeland
Jahr: 2004
Laufzeit ca.: 126
Genre: DramaMystery
Verleih: capelight pictures
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 30.11.2006
Heimkino: 29.08.2008

Regie: Brad McGann
Drehbuch: Brad McGann
Literaturvorlage: Maurice Gee

Schauspieler: Matthew Macfadyen (Paul Prior) • Miranda Otto (Penny) • Emily Barclay (Celia Steimer) • Colin Moy (Andrew) • Jimmy Keen (Jonathon) • Jodie Rimmer (Jackie) • Toby Alexander (Paul als Teenager) • Vicky Haughton (Ms Seagar) • Nicholas Hayward (Andrew als Teenager) • Liam Herbert (Andrew als Kind) • Vanessa Riddell (Iris) • Asher Emanuel (Paul als Kind)

Produktion: Trevor Haysom • Dixie Linder
Szenenbild: Jennifer Kernke
Kostümbild: Kirsty Cameron
Maskenbild: Denise Kum
Kamera: Stuart Dryburgh
Musik: Simon Boswell
Schnitt: Chris Plummer

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Bild: capelight pictures

2 customer reviews

gut
30.11.06
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befriedigend
30.11.06
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Die Ruhe dieses Film ist eine Herausforderung.
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