An Deiner Schulter

Kinoplakat An Deiner Schulter

Ich muss es an dieser Stelle vorausschicken. Weder der Titel noch das deutsche Plakat werden der Handlung annähernd gerecht. Statt einer Liebesromanze prangert der Film den schönen Schein des idyllischen Vorstadtlebens an und legt Beziehungen auf den Seziertisch, was der englische Titel "The Upside of Anger" schon eher andeutet.

Familie Wolfmeyer war eine dieser Familien wie ungezählte andere in einem amerikanischen Vorort auch. Das geregelte Leben endet, als der Vater die Familie von heute auf morgen verlässt, weil er mit der Sekretärin nach Schweden durchgebrannt ist. Das glaubt zumindest seine Frau und stürzt sich verbittert in den Alkohol. Das wiederum weckt die Neugierde ihres Nachbarn Denny (Kevin Costner), der nicht gerne alleine säuft und Gesellschaft sucht. Der ehemalige Baseballprofi zehrt vom Ruhm der vergangenen Tage und hält sich als Moderator bei der örtlichen Radiostation über Wasser.
Seine bald folgenden Annäherungsversuche fallen nicht auf fruchtbaren Boden, denn von Männern im Allgemeinen hat Terry Wolfmeyer (Joan Allen) die Nase voll. Sie versinkt immer tiefer im Alkohol, und kann ihre Emotionen immer weniger kontrollieren. Das führt zu heftigen Streits mit ihren vier fast erwachsenen Töchtern. So verbietet sie ihnen kategorisch Nachforschungen über den Verbleib des Vaters anzustellen. Es dauert, bis sie wieder auf die Beine kommt und eine neue Beziehung mit Denny ins Auge fasst. Doch das Schicksal hält noch eine ausgesprochen böse Überraschung bereit.

Kritik

In einer langen Rückblende erzählt der Film das Schicksal der Familie als Abfolge von kleinen und großen Katastrophen. Der schöne Schein, den Joan Allen als Terry anfangs noch aufrecht hält, bröckelt wie eine schnöde Fassade, die eine hässliche Wahrheit freigibt. Ist sie zunächst noch darum bemüht aufgesetzte Freundlichkeit zu demonstrieren, zeigt sie später schon mal den Mittelfinger und entgleist in der Öffentlichkeit verbal immer öfter. Ihre Sprache wird zunehmend vulgärer und unamerikanischer. Aber auch ihre Umgebung hat es in sich. So nutzt der Chef der Radiostation seinen Status, um junge Mädchen ins Bett zu kriegen. Als Terry ihm das vorwirft, hält er dagegen, dass sie ein gutes Beispiel sei, weshalb er keine gleichaltrige Frau will.

Das klingt nach einem durchgängigen Drama, doch das Schöne ist, die Komik des Tragischen, die das Drama regelmäßig auflockert. So hören die Kollegen beim Rundfunk, über die versehentlich angeschaltete Gegensprechanlage, genüsslich zu, wenn die junge Frau ihren Lover abserviert, unter anderem, weil er nicht mehr potent genug ist. Das ist von Mike Binder (Drehbuch und Regie) gut beobachtet und lebensnah umgesetzt worden. Mit Genuss schlachtet er Amerikas heilige Kühe. Dabei sind ihm einige Längen widerfahren und die Logik hinter der Geschichte stimmt nicht immer, doch insgesamt ist das zu verschmerzen.

Eine Konstellation, bei der fünf Frauen sich in den Haaren liegen, setzt gute Darstellerinnen voraus. Den fünf Schauspielerinnen gelingt es, wie eine Familie zu wirken, in der sich der Umgang in Jahren eingeschliffen hat. Joan Allen glänzt als verbittere Frau. Ihr Alkoholismus wirkt zwar aufgesetzt, aber das ist dem Regisseur anzukreiden. An ihrer Seite gibt Kevin Costner den versumpften Ex-Star mit Bravour. Nicht nur, weil er sich einen Bauch angefuttert hat, sondern weil er viele Nuancen zeigt, die man nur selten bei ihm sieht.

Fazit
Die Idee, den amerikanischen Traum vom Leben als Lüge zu entlarven ist nicht neu. Das ist auch nicht die Stärke des Films, sondern vielmehr die gute Besetzung, das Zusammenspiel der Darsteller sowie das, was zwischen den Zeilen geschieht, machen den Film sehenswert.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Original Filmtitel: The Upside of Anger
Land: USA
Jahr: 2005
Laufzeit ca.: 118
Genre: Tragikomödie
Verleih: Tobis
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 07.07.2005
Heimkino: 13.03.2006

Regie: Mike Binder
Drehbuch: Mike Binder

Schauspieler: Joan Allen (Terry Wolfmeyer) • Kevin Costner (Denny Davies) • Erika Christensen (Andy Wolfmeyer) • Evan Rachel Wood (Popeye Wolfmeyer) • Keri Russell (Emily Wolfmeyer) • Alicia Witt (Hadley Wolfmeyer) • Mike Binder (Adam Goodman) • Dane Christensen (Gorden Reiner) • Tom Harper (Davin Junior) • Danny Webb (Grey Wolfmeyer) • Magdalena Manville (Darlene) • Suzanne Bertish (Gina) • David Firth (David Senior) • Roderick P. Woodruff (Dean Reiner) • Stephen Greif (Doktor)

Produktion: Alex Gartner • Jack Binder • Sammy Lee
Szenenbild: Chris Roope
Kostümbild: Deborah Scott
Kamera: Richard Greatrex
Musik: Alexandre Desplat
Schnitt: Steve Edwards • Robin Sales

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Bild: Tobis

1 customer review

befriedigend
07.07.05
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