Bye Bye Berlusconi!

Kinoplakat Bye Bye Berlusconi

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist zweifellos einer der reichsten, mächtigsten und umstrittensten Männer Italiens. Kein Wunder, dass ein junges, engagiertes Filmteam Probleme bekommt, als einen Film über ihn machen will. Es soll ein ernsthafter, politischer Film werden, in dem die Entführung Berlusconis durch Terroristen gezeigt werden soll, und anschließend ein öffentlicher Prozess, in dem Berlusconi endlich für all die Dinge vor Gericht geradestehen soll, denen er sich im richtigen Leben seit Jahren erfolgreich entzieht.

Der Film "Bye, Bye Berlusconi" ist ein Film über das Drehen eines Films. Er beginnt im Frühjahr 2005. Ein junges Filmteam aus Genua hat vor, einen ernsthaften, politischen Film über den amtierenden italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi zu drehen. In diesem Film soll Berlusconi von Terroristen entführt und vor Gericht gestellt werden. Er soll seine gerechte Strafe für all die Taten erhalten, der er sich seit Jahren erfolgreich entzieht. Ziel der Filmemacher ist es, dafür zu sorgen, dass Italien wachgerüttelt wird und im Frühjahr 2006 Berlusconi abwählt. Gleich am ersten Drehtag wird die Entführung gedreht. Mitten in Genua lassen die vier Terroristen eine Bombe platzen, zerren Berlusconi (frappierende Ähnlichkeit: Maurizio Antonini) aus seinem Wagen, stopfen ihn in eine Kiste und fahren mit ihm davon. Doch als sie außerhalb Genuas ankommen, winken der Produzent (Franco Leo) und der Regisseur (Allroundtalent Jan Hendrik Stahlberg) entnervt ab: Der Dreh muss erst mal gestoppt werden, denn Berlusconis Anwälte haben von dem Projekt Wind bekommen und eine gerichtliche Verfügung erwirkt. Weder Berlusconis Name, noch irgendein Bezug auf sein reales Leben dürfen in diesem Film erwähnt werden. Die Crew ist wütend. Schließlich spielen sie alle aus Überzeugung und ohne Gage mit. Einer von ihnen hat sogar einen lukrativen Dreh dafür abgesagt und jetzt das. Aber es hilft nichts, die Team-Kollegen müssen sich etwas anderes ausdenken. Ein paar der Schauspieler haben ihre ganze Familie dabei und eines der Kinder schenkt dem Produzenten ein Micky-Maus-Heft.

Der kommt am nächsten Tag mit einer glorreichen Idee: Silvio Berlusconi wird in Micky Laus umbenannt, die Geschichte spielt nicht mehr in Italien, sondern in Entenhausen, Micky Laus ist nicht mehr Ministerpräsident sondern Bürgermeister und es dreht sich nicht mehr um Bestechung, Betrug und Steuerhinterziehung in Euro sondern in Melonen! Die Schauspieler sind entsetzt. Vor allen Dingen "Terroristin" Lucia (Drehbuchautorin Lucia Chiarla), die jetzt plötzlich Daisy heißt! Und die Terroristen sind keine Terroristen mehr, sondern – in Anlehnung an die "Panzerknacker-Bande" – die Hundekacker-Bande! Natürlich gibt es auch Dick, Trick und Track, Pardon: Fi, Bo und Fra. Alle sind entsetzt, aber es hilft nichts, anders kann der Film nicht gedreht werden.

Und so wird Bürgermeister Micky Laus in Entenhausen jubelnd gefeiert und auf Schultern durch das Dorf getragen, obwohl er, wie er selbst zugibt, seine Bürger immer nur belogen und betrogen hat. Und schon wird er außerhalb des Dorfes entführt, in eine Kiste gestopft und zu einem einsamen Schafstall gebracht. Diese Aufnahme wird aber leider geschmissen, weil jemand vergessen hat, ihm sein Handy abzunehmen und das jetzt permanent und penetrant aus der Kiste klingelt! Und außerdem kommt auch schon die nächste Hiobsbotschaft: die Genehmigung für die Dreharbeiten in dem Dorf, das als Entenhausen dient, ist widerrufen worden. Und in dem Stil geht es weiter: kaum sind ein paar Szenen abgedreht, geschehen schlimme Dinge. Der Schauspieler Tullio (Tullio Sorrentino) wird von der Polizei verhaftet und ins Gefängnis gebracht, weil er angeblich Rauschgift in seinem Hotelzimmer hatte. Das Hotel, in dem die Wirtin sie kostenlos wohnen lässt, weil auch sie etwas gegen Berlusconi hat, wird in die Luft gejagt und die Crew muss künftig in den Bussen übernachten. Die kleine Tochter eines der Schauspieler verschwindet plötzlich und jeder geht sofort von einer Entführung aus. Aber trotzdem hält die Crew trotz ständiger Querelen und Streitigkeiten unerschütterlich durch, obwohl da noch so einiges auf sie zukommt.

Kritik

Um es gleich vorwegzusagen: Der Film "Bye, Bye Berlusconi" ist eine Satire und zwar eine tiefrabenschwarze, die wieder von Jan Hendrik Stahlberg stammt, dem wir schon die ebenso rabenschwarze Satire "Muxmäuschenstill" verdanken. Der Film selbst ist also eine überhöhte und überspitzte Satire, der Inhalt als solcher dagegen nicht. Denn in den juristischen Details orientiert sich der Film streng an der Realität. Sämtliche Anklagepunkte im Film gegen den kriminellen Bürgermeister Micky Laus, sind reale Vorwürfe. Berlusconi und seine engsten Mitarbeiter waren in zahlreiche Strafverfahren verwickelt, in denen es um Nähe zu Mafia, um Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung und Bestechung ging. In keinem dieser Fälle wurde Berlusconi verurteilt. Ein großer Teil der Verfahren ist verjährt. Andere Anklagen wurden fallen gelassen, weil zwischenzeitlich die Gesetze von der Regierung Berlusconi zu seinen Gunsten geändert wurden. So meldete der Deutschlandfunk am Montag, den 26. September 2005 um 18:00 Uhr: "Der italienische Regierungschef Berlusconi ist vom Vorwurf der Bilanzfälschung in seinem Unternehmen Fininvest freigesprochen worden. Die Anklage aus den 1990-er Jahren sei nach den jüngsten Gesetzesänderungen nicht mehr aufrecht zu halten, urteilte ein Gericht in Mailand. Mit seiner Regierungsmehrheit hatte Berlusconi durchgesetzt, dass Bilanzfälschung keine schwere Straftat mehr ist. Außerdem wurde die Verjährungsfrist von sieben auf viereinhalb Jahre verkürzt. Die Staatsanwaltschaft hatte Berlusconi und drei ehemaligen Managern vorgeworfen, rund eine Milliarde Euro über ein System schwarzer Kassen für illegale Parteien-Finanzierungen benutzt zu haben."

Jan Hendrik Stahlbergs Film nun nimmt die gesamte "Affäre Berlusconi" gekonnt boshaft auf die Schippe, aber trotzdem mit soviel Realitätsbezug, dass man teilweise gar nicht mehr unterscheiden kann, ob der Film im Film im Film vielleicht doch echt ist oder nicht. Da mühen sich die engagierten Filmemacher ab, diesen Berlusconi Film drehen zu können und müssen ständig gegen Unwägbarkeiten aller Art kämpfen. Sei es, dass ihnen die Nennung des Namens Berlusconi untersagt wird, sei es, dass Drehgenehmigungen für bestimmte Orte zurückgezogen werden, sei es, dass plötzlich der Wagen des Filmteams von der Straße gedrängt wird, sei es, dass die Pension, in der sie kostenlos wohnen durften, plötzlich in die Luft gejagt wird und sie auf der Straße stehen. Das alles ist natürlich Satire, könnte aber auch Realität sein. So wie auch die Entführung Berlusconis und sein Schauprozess per Internet, bei dem dann die Bevölkerung per Mausklick über die Höhe der Strafe abstimmen darf.

Fazit
Ein böser Film über eine böse Realität. Das einzige Problem: es geht ein wenig arg drunter und drüber, in diesem Film über das Drehen eines Films, in dem dann auch noch mit Traumsequenzen gearbeitet wird. Ein bisschen weniger wäre hier auf alle Fälle mehr gewesen. Aber trotzdem auf alle Fälle sehenswert, vor allen Dingen wegen der tollen Schauspieler und der teilweise wirklich beißenden Dialoge. Übrigens: Für alle, die sich wundern, warum im Film auf den Bürgermeister-Plakaten und -Fahnen immer "Topolino" steht: In Italien heißt die Micky Maus Topolino.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 60 %


Alternativtitel: Buona Notte, Topolino • Gute Nacht, Topolino
Land: Deutschland
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 92
Genre: Komödie
Verleih: Filmwelt
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 30.03.2006

Regie: Jan Henrik Stahlberg
Drehbuch: Jan Henrik Stahlberg

Schauspieler: Maurizio Antonini (Maurizio Antonelli / Topolino (Micky Laus)) • Lucia Chiarla (Lucia Montesano / Daisy) • Pietro Bontempo (Bontempo / Kater Karlo) • Pietro Ragusa (Pietro Rissa / Hundekacker) • Tullio Sorrentino (Tullio Salento / Hundekacker) • Fabio Bezzi (Fabio) • Franco Leo (Roberto) • Jan Henrik Stahlberg (Jan) • Oscar Stahlberg (Oscar) • Nina Mair (Nina) • Regieassistentin) • Consuelo Barilari (Minni Topolino) • Tommaso Ferraris (Topolinos Sohn)

Produktion: Martin Lehwald • Michal Pokorny
Szenenbild: Carola Gauster
Kostümbild: Elke Zetl
Maskenbild: Samir Atar • Sandra Leutert
Kamera: Nicolas Joray
Musik: Phirefones
Schnitt: Nicola Undritz

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Bild: Filmwelt

1 customer review

befriedigend
30.03.06
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