Das wilde Leben

Kinoplakat Das wilde Leben

München in den wilden 60er Jahren. Der bildhübsche Teenager Uschi Obermaier aus Sendling möchte raus aus dem kleinbürgerlichen Mief der langweiligen Münchner Vorstadt. Beim Abtanzen in einer der vielen In-Diskotheken der Landeshauptstadt erregt die attraktive junge Frau das Interesse eines Fotografen. Er knipst Uschi gleich auf der Tanzfläche in diversen lasziven Posen – und innerhalb kürzester Zeit wird Uschi zum begehrten Model, das die Titelseiten der Gazetten ziert, was ihr viel Geld bringt.

Der Film "Das wilde Leben" erzählt die Lebensgeschichte der Münchnerin Uschi Obermaier, die in den 60er und 70er Jahren zum absoluten Sex-Idol und Vorbild einer ganzen Generation wurde. Die ausgesprochen attraktive junge Frau mit dem unbändigen Freiheitswillen war der Inbegriff von Sex & Drugs & Rock'n'Roll. Worüber andere nur sprachen, wovon andere nur träumten, Uschi Obermaier machte es – und zwar ausgiebig.

München-Sendling in den 60er Jahren. Der hübsche Teenager Uschi Obermaier (verblüffende Ähnlichkeit in jeder Beziehung: Neuentdeckung Natalia Avelon) ist unzufrieden. Der kleinbürgerliche Mief der langweiligen Vorstadt geht ihr auf den Wecker. Sie fällt im stockkonservativen Sendling auf wie ein bunter Papagei: immer nach der neuesten Mode gekleidet, dick schwarz umrandete Augen, knallroter, sinnlicher Schmollmund, lange dunkle Wallemähne, und dazu eine Figur, die jeden Mann um den Verstand bringt. Aber was soll's, wenn keiner da ist, bei dem sich das Ganze lohnt. Mit ihrer Freundin hört Uschi sich immer die neuesten Platten aus England an und tanzt dazu. Damit die beiden das ungestört tun können, stellen sie vorher immer den Stuhl unter die Türklinke. Denn bei ihrer Lautstärke kommt spätestens nach 3 Minuten die Mutter an und beschwert sich, und nach 5 Minuten dann auch ihr Stiefvater.

In einem der angesagten Clubs in Schwabing wie dem Big Apple oder Blow Up macht das Tanzen natürlich noch mehr Spaß. Und auf der Tanzfläche in so einem Club wird Uschi von einem Fotografen gesehen. Der ist hin und weg von diesem bildhübschen, perfekt gewachsenen Mädchen, das so versunken ganz allein für sich tanzt. Er fragt, ob er sie fotografieren darf. Er darf und macht gleich auf der Tanzfläche eine Reihe Aufnahmen von Uschi in verführerischen Posen. Das ist der Startschuss für ihre Karriere als Fotomodel. Bald reißen sich die Zeitschriften um dieses neue Gesicht und diesen fantastischen Körper. Uschi ist nicht besonders genant und hat auch nichts gegen Nacktaufnahmen. Die bewahrt sie in einer Schachtel auf und prompt entdeckt ihre Mutter die Fotos. Es gibt einen Riesenkrach, böse Worte wie "Schnalle" und "Flietscherl" fallen. Uschi kassiert eine Ohrfeige von ihrer entsetzten Mutter, die einfach nicht verstehen kann, dass ihre Tochter ein anderes Leben will. Danach hat Uschi die Schnauze endgültig vom Familienleben in Sendling. Sie packt ihre Sachen und macht sich mit ihrer Freundin auf die Socken.

An der Straße vom ungeliebten Irgendwo ins verheißungsvolle Nirgendwo heben die beiden den Daumen. Ein bunt bemalter Bus hält. Als sie einsteigen, werden sie fast ohnmächtig von den Dope-Schwaden, die ihnen wie dicker Nebel entgegenkommen. Der Bus ist voll mit männlichen und weiblichen Hippies. Angeblich ist es eine Musikgruppe, die auf dem Weg nach Berlin ist zur berühmten Wohngemeinschaft "Kommune 1". Das mit Berlin stimmt, das mit der Musikgruppe nicht so sehr. Aber Uschi ist es egal, Hauptsache sie kommt raus aus Sendling. Die WG "Kommune 1" entpuppt sich als riesige, nackte Lagerhalle mit ein paar Matratzen auf dem Boden und vielen mehr oder weniger nackten Menschen beiderlei Geschlechts. Als die wie immer perfekt geschminkte und gestylte Uschi in die kahle Halle eintritt, kann der Oberkommunarde Rainer Langhans (perfektes Doubel: Matthias Schweighöfer, bekannt aus "Soloalbum") die Augen nicht mehr von ihr wenden. Auch Uschi gefällt der hübsche nackte Kerl mit dem enormen Lockenkopf und der kleinen Brille. Die beiden werden ein Paar. Soweit das in einer Kommune möglich ist, wo ständig jeder jeden beobachtet.

Uschi muss ziemlich bald feststellen, dass zwischen den lauthals geforderten neuen Idealen der linken Szene und der Realität ein großer Unterschied besteht. Während Langhans die freie Liebe und die freie Partnerwahl für alle fordert, lebt er zwar danach, wenn Uschi das aber auch für sich in Anspruch nimmt, wird er rasend eifersüchtig.

Uschi arbeitet auch in Berlin weiter als begehrtes Fotomodel und steuert viel zur notorisch leeren Kasse der Kommune bei. Sie hat mit Politik und irgendwelchen Schlagwörtern wenig im Sinn und versteht davon auch nicht viel, wie sie offen zugibt. Dafür muss aber auch manchmal ziemlich viel Hohn und Spott der anderen Kommunarden/innen einstecken. Einer bezeichnet sie grundsätzlich als "Uschi Untermaier". Aber sie steht zur "Kommune 1" – und als die Kommunarden auf die Straße gehen und für ihre Ziele demonstrieren, ist sie an vorderster Front dabei. Die Demonstration artet aus, die Polizei knüppelt, und Uschi wird mit den anderen verhaftet. Sie kommt ziemlich schnell wieder frei, aber ihr Bild, wie sie entschlossen und unbeeindruckt vor einer langen Kette von angriffslustigen Polizeibeamten hermarschiert, geht um die Welt.

Inzwischen hat es Uschi sogar auf die Titelseiten von "Playboy" und "Stern" geschafft, und nicht nur Deutschland, auch England wird auf die schöne Münchnerin aufmerksam. Langhans und sie bekommen eine Einladung zu einer Party der Rolling Stones in London! Während Langhans die Gelegenheit zu politischen Gesprächen nutzen will, die keinen interessieren, wird Uschi sofort von Mick Jagger (große Ähnlichkeit: Victor Norén, bekannt als Leadsänger der schwedischen Rockband Sugarplum Fairy) und Keith Richards (überraschende Ähnlichkeit: Alexander Scheer) mit Beschlag belegt. Die beiden angehenden Superstars prügeln sich fast darum, wer mit ihr ins Bett darf. Uschi ist da ganz demokratisch und enttäuscht keinen. Als Langhans das mitkriegt, platzt er fast vor Eifersucht. Er fährt ohne sie nach Berlin zurück – Uschi kommt später nach, um ihre Sachen zu holen. Die Sache mit den Kommunarden ist ihr sowieso schon lange auf den Wecker gegangen. Und nachdem jetzt auch noch einer mit dem Bombenbasteln angefangen hat, passt ihr der Laden überhaupt nicht mehr.

Uschi packt und fährt wieder nach München. Mit zwei Freundinnen nimmt sie sich eine Wohnung – und Mick und Keith jetten regelmäßig von London nach München und besuchen sie. Keith hat sich in Uschi richtig verliebt. Er lädt sie ein, die Stones auf ihrer Amerikatournee zu begleiten. Begeistert sagt Uschi zu, schließlich war es schon immer ihr Wunsch, die Welt zu sehen und Abenteuer zu erleben. Doch während dieser Tour merkt sie schnell, dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt. Ihr Leben bewegt sich zwischen Konzerthallen, Stretch-Limos, und überall gleich aussehenden Hotelzimmern, total abgeschirmt vom wirklichen Leben. Das Leben der Stars ist für Uschi nur noch öde und langweilig. Was sie noch nicht weiß: sie hat einen neuen Verehrer. Es ist Dieter Bockhorn (könnte ein Zwilling des Echten sein: David Scheller, bekannt aus "Wo ist Fred?"), der "Prinz vom Kiez" aus Hamburg. Von Beruf Besitzer eines Nepp-Lokals, Abzocker, und Abenteurer. Mit seinem ergebenen österreichischen Schlappenschames Lurchi bereiste Bockhorn im Bus schon ganz Afrika und machte mit seinen Abenteuern viel von sich reden. Als er ein Bild von Uschi sieht, ist es um ihn geschehen. Er verliebt sich auf Anhieb in sie und setzt alle Hebel in Bewegung, um sie kennenzulernen. Als Uschi sich mal gerade wieder in einem Hotelzimmer langweilt, neben sich den völlig zugedröhnten Keith, kommt sein Anruf. Uschi, die immer mit leichtem Gepäck reist, packt ihre paar Habseligkeiten zusammen und düst nach Hamburg. Damit beginnt die große Liebe ihres Lebens. Zunächst bleibt sie eigentlich nur bei Bockhorn, weil der ihr versprochen hat, den Bus erstklassig wieder herzurichten und mit ihr die große Welt zu erkunden. Als daraus nichts wird, weil Bockhorn einfach keine Lust dazu hat und das Ganze im Schneckentempo angeht, folgt sie einem Ruf ihrer Managerin. Die hat ein Treffen mit dem berühmten italienischen Produzenten Carlo Ponti vereinbart, der sie zum internationalen Filmstar machen will. Er bietet Uschi Obermaier aus München-Sendling einen 10-Jahres-Vertrag über 10 Filme an - und Uschi zögert. 10 Jahre! Was weiß sie, was sie in 10 Jahren machen will?!?

Inzwischen hat sich Bockhorn rangehalten und den Bus wirklich erstklassig renoviert. Als er Uschi wissen lässt, dass er ohne sie abreisen will, ist sie wie der Blitz wieder in Hamburg. Sie ist völlig hin und weg von dem eindrucksvollen Schmuckstück, das Bockhorn mit Lurchis Hilfe aus dem Bus gemacht hat. Und so beginnen die beiden schließlich 1973 ihre mehrjährige Weltreise, die sie durch ganz Asien und nach Amerika führen wird. Eine Reise, auf der sich Uschi sogar widerwillig auf eine exotische indische Hochzeitszeremonie mit Elefanten und allem, was dazu gehört einlässt, auf der sie schwanger wird und das Kind verliert, auf der sie einige Abenteuer zu bestehen haben, auf der sie zu einem eingeschworenen Paar werden – und die schließlich tragisch und tödlich endet.

Kritik

Der Film "Das wilde Leben" war für mich wie eine Zeitreise – eine Reise zurück in meine Jugend. Schließlich sind Uschi Obermaier und ich nicht nur beide waschechte Münchnerinnen, wird sind auch praktisch gleich alt. Ich hab damals den Aufstieg der schönen Uschi interessiert mitverfolgt, ich war in denselben Bars tanzen, wir trugen mehr oder weniger die gleiche Mode (wobei ihre natürlich viel toller war), und als ich schließlich in den 60er Jahren zum Radio ging, waren wir teilweise auch noch auf denselben Partys zu finden. Und ich erinnere mich noch gut daran, wenn es in der Branche wieder hieß: "Der Mick und der Keith san wieda in da Stadt. Zum Promoten? Na, bei da Uschi natürlich!" Als sie auf ihren mehrjährigen Asien-Trip ging, fuhr ich nach Marokko. Und als sie Amerika erforschte, setzte ich mich für zwei Monate nach Südamerika ab. Uschi war wirklich unser Idol. Sie lebte uns das vor, was wir alle wollten: frei sein, tun und lassen, was wir wollten, die Männer kriegen, die wir haben wollten, die Sachen machen, die wir wollten. Uschi ging in Berlin demonstrieren, wir in München. Uschi trug die Klamotten, die uns auch gefielen, die wir uns aber meistens nicht leisten konnten. Uschi trug das Make-up, das wir uns auch ins Gesicht schmierten, was bei uns aber leider nie so gut aussah. Ich hatte auch lange Haare, fast bis zur Taille, aber so eine affengeile Wallemähne hab ich nie hingekriegt.

Und jetzt gibt es also diesen Film, der das alles wieder absolut 1:1 auferstehen lässt. Die ganzen wilden 60er und 70er Jahre. Die Mode, die Sprache, die Leute, die Ereignisse. Hier stimmt einfach alles, sogar der Witz und der Humor kommen nicht zu kurz. Ich habe viel gelacht, aber auch einige Tränen zerdrückt in diesem Film namens "Das wilde Leben". Ganz großes Kompliment an die Macher dess Films, an den Regisseur Achim Bornhak, die Produzenten Eberhard Junkersdorf und Dietmar Güntsche, und den Kameramann Benjamin Dernbecher. Mit einer unglaublichen Liebe zum Detail haben sie die Welt der Uschi Obermaier und damit unsere 60er Jahre wieder auferstehen lassen. Sie lassen die Uschi ihr Salon-Bayerisch sprechen, die Inder indisch oder englisch, den Lurchi österreichisch, die Berliner berlinerisch – ganz wie es sich gehört. Lediglich die Off-Stimme ist etwas zu preußisch geraten. Aber das spielt keine Rolle, denn nicht nur die ganz ausgezeichnete Darstellerin der Uschi hat mir ein Déja-Vu-Erlebnis verpasst, auch alle anderen exzellenten Darsteller sind ihren Vorbildern so was von ähnlich, dass man es kaum glauben kann. Allerdings hat der Matthias Schweighöfer eine bessere Figur als der echte Rainer Langhans, der war schrecklich dürr. Wie bei uns allen, die in den 50er und 60er Jahren aufgewachsen sind, spielt natürlich auch im Film "Das wilde Leben" die Musik der damaligen Zeit eine große Rolle. Und so gibt es ein Herz erwärmendes Wiederhören mit den Hits von damals, den Originalen – Gott sei Dank!

Fazit
Der Film "Das wilde Leben" ist von vorne bis hinten ein wunderbar gelungenes Stück Zeitgeschichte. Ein ebenso beeindruckender wie zu Herzen gehender Film über die wilden 60er und nicht mehr ganz so wilden 70er Jahre, ein Film über eine Frau, die immer wusste, was sie wollte, die sich nie verkaufte und sich nie kaufen ließ. Eine Frau, die lieber mit ihrem Bockhorn in einem Bus um die Welt fuhr, als bei Carlo Ponti Filmkarriere zu machen. Die lieber nachts in der Wüste am Lagerfeuer saß, als sich für viel Geld in teuren Fummeln fotografieren zu lassen. Die einfach lieber ihr Leben lebte, auch ohne viel Geld, als sich in ein Leben pressen zu lassen, das sie nicht wollte. Eine Frau aus kleinen Verhältnissen, ohne großartige Schulbildung, die uns zeigte, dass man auch als Frau selbst bestimmen konnte, wo es hinging!
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 70 %


Original Filmtitel: Eigth Miles High
Land: Deutschland
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 114
Genre: BiografieDramaKomödie
Verleih: Warner Bros.
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 01.02.2007
Heimkino: 03.08.2007

Regie: Achim Bornhak
Drehbuch: Olaf Kraemer • Achim Bornhak • Claus Peter Hant • Dagmar Benke • Martin Ritzenhoff
Literaturvorlage: Uschi Obermaier

Schauspieler: Natalia Avelon (Uschi Obermaier) • Matthias Schweighöfer (Rainer Langhans) • David Scheller (Dieter Bockhorn) • Friederike Kempter (Sabine) • Alexander Scheer (Keith Richards) • Victor Norén (Mick) • Milan Peschel (Freiberg) • Georg Friedrich (Lurchi) • Inga Busch (Agentin) • Heike Warmuth (Barbara) • Sebastian Maschat (Conrad) • Julia Valet (Kajol)

Produktion: Dietmar Güntsche • Eberhard Junkersdorf
Szenenbild: Eduard Krajewski
Kostümbild: Petra Kray
Maskenbild: Lena Lazzarotto • Heike Merker
Kamera: Benjamin Dernbecher
Musik: Alexander Hacke
Schnitt: Peter Przygodda • Sebastian Schultz

Anzeige

Kinoplakat Das wilde Leben Film kaufen bei Amazon.de
Als Amazon-Partner verdient Moviewolf.de an qualifizierten Verkäufen.

Bild: Warner Bros.

All reviews
gut
Show more
Wir benutzen Cookies
Wir nutzen Cookies und Skripte. Durch "Akzeptieren" stimmst Du der Verwendung zu. Durch "Ablehnen" stimmst Du nicht zu und es kann zu Dysfunktionen kommen.