Köln 75

Kinoplakat Köln 75

"The Köln Concert" des Jahres 1975 von Keith Jarrett schrieb Musikgeschichte. Ein gegebener Anlass für einen Biografie-Film über die Konzert-Veranstalterin Eva Brandes.

Nach der eigenwilligen Eröffnung, die, wie es der Film selbst verlauten lässt, nur in abstraktem Zusammenhang mit der Handlung steht, folgt zunächst ein wenig Familienchronik. Vater Brandes ist Zahnarzt und erwartet von Sohn und Tochter, dass diese in seine Fußstapfen treten werden. Doch Vera hat andere Pläne und brennt für Musik. Kaum volljährig und geschäftsfähig mietet sie eine kleine Wohnung und vernachlässigt die Schule. Mit ihren achtzehn Jahren ist Vera Brandes ausgesprochen selbstbewusst und weiß, was sie will. Als sie die Chance bekommt, ein Konzert für den amerikanischen Jazz-Pianisten Keith Jarrett zu organisieren, sagt sie spontan zu. Nicht ahnend, welche Hürden sie dafür überwinden muss. Das Konzert, das anfangs unter keinem guten Stern steht, wird als "The Köln Concert" Pop-Geschichte schreiben.

Kritik

Die Veröffentlichung der Schallplatte (damals gab es noch keine "Compact Disc" und kein "Streaming") wurde "The Köln Concert" mit mehr als 4 Millionen verkauften Tonträgern zum erfolgreichsten Solo-Jazz-Release. Darauf weist der Film im Abspann hin. Zunächst nimmt er das Konzert zum Anlass, um über Vera Brandes' fünfzigsten Geburtstag zu berichten, den der Vater zum Anlass nimmt, seine Tochter zu beleidigen, danach blickt der Film zurück. Aus diesem Anlass gibt es Einblicke in das Privatleben der Heldin, und ein wenig Zeitgeschehen wird geboten. Dann kommt das Gespräch auf das Konzert, was die Handlung zum Anlass nimmt, um von Keith Jarrett zu erzählen. Der ist ein mittelloser Künstler, der seine Flugtickets gegen Bares eintauscht und stattdessen die Strecken seiner Europa-Tournee in einem klapperigen R4 (Renault 4) zurücklegt. Das nimmt der Journalist Michael Watts zum Anlass, Jarrett und seinen Manager zu begleiten und dem Publikum wenigstens die Grundbegriffe des Jazz beizubringen. Zudem erfahren die Zuschauer, dass Keith Jarrett unter Rückenschmerzen litt.

Vera Brandes hat derweil eine erstaunliche lange Pause. Das Zusammentreffen von Konzert-Veranstalterin und Künstler nimmt der Film zum Anlass, der Heldin Steine in den Weg zu legen – die Brandes zu vielen unmotivierten Dauerläufen animieren. Am Ende findet selbstverständlich das Konzert statt, aber da der Film kein Konzertfilm ist, nur am Rande.

Die vielen Anlässe des Films, bei denen sich die Handlung von Punkt zu Punkt hangelt, mag für Enthusiasten interessant sein. Für das gemeine Publikum jedoch weniger, denn das Spezifische ist zu wenig herausgearbeitet. Eva Brandes hatte kurz vor dem Konzert einen Seitensprung. Warum muss ich das wissen? Ihr Bruder hasst sie. Familiengeschichte angerissen. Punkt abgehakt, nächster Punkt. Ärger spült die fünfzigjährige Protagonistin mit Alkohol hinunter. Gäbe es nicht Interessanteres über Vera Brandes zu erzählen als diese Allgemeinplätze? Gezeigte Probleme bleiben Allgemeinplätze. Was leider auch über die meisten Dialoge zu sagen ist.

Schade auch, dass die Nebenrollen so deutlich Nebenrollen bleiben. Da gibt es beispielsweise die Freundin mit der Baskenmütze, die im wahrsten Sinn des Wortes, mitläuft.

Der schnelle Schnitt soll die Atemlosigkeit der Erzählung unterstreichen, macht sie jedoch gehetzt, denn die Szenen entfalten sich nicht. Das Lokalkolorit weiß zu gefallen, wenngleich die Frisuren der 1970-er Jahre hoffentlich nicht mehr Mode werden.

Stellenweise möchte der Film zu sehr Kunst sein. Etwa dann, wenn Michael Chernus als Michael Watts aus der Rolle aussteigt und direkt zum Publikum spricht. Für gewöhnlich sprechen alle Figuren in Filmen die Landessprache. So nicht in "Köln 75" hier spricht Keith Jarrett konsequent Englisch und die Deutschen mit ihm. Das wirkt bedauerlicherweise nicht geschmeidig, sondern aufgesetzt.

Fazit
"Köln 75" nimmt immer wieder Aspekte zum Anlass, punktet mit einer sympathischen Hauptdarstellerin, die für die Rolle zu alt ist. Die drei Schwerpunkte werden enttäuschenderweise nicht vertieft, die Handlung bleibt trotz eines abgegrenzten Zeitraums beliebig.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Alternativtitel: The Girl from Köln
Land: BelgienDeutschlandPolen
Jahr: 2024
Laufzeit ca.: 115
Genre: BiografieDramaMusik

Verleih: Alamode Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 13.03.2025

Regie: Ido Fluk
Drehbuch: Ido Fluk

Schauspieler: Mala Emde (Vera Brandes) • John Magaro (Keith Jarrett) • Jördis Triebel (Ilse Brandes) • Ulrich Tukur (Dr. Brandes) • Susanne Wolff (Vera Brandes) • Alexander Scheer (Manfred Eicher) • Patrick Joswig (Doctor Suter) • Leo Meier (Fritz Brandes) • Tobias Lange (Otto Finster) • Jürgen Rißmann (Hans Giese) • Peter Sikorski (Officer Schmidt) • Uwe Preuss (Herr Breuer)

Produktion: Sol Bondy • Fred Burle
Szenenbild: Jutta Freyer
Kostümbild: Ola Staszko
Maskenbild: Waldemar Pokromski • Sabine Schumann
Kamera: Jens Harant
Musik: Hubert Walkowski
Schnitt: Anja Siemens

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Bild: Alamode Film

1 customer review

Befriedigend
12.03.25
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