Corsage

Kinoplakat Corsage

Historische Persönlichkeiten sind ein beliebtes Filmgenre. Ein untergeordnetes Genre hat es sich zur Aufgabe gemacht, den verstorbenen Persönlichkeiten gerecht zu werden oder ihren Ruf zu verteidigen. Zunächst macht es den Eindruck, als wolle Regisseurin Marie Kreutzer die Biografie der Elisabeth von Österreich-Ungarn (1837 bis 1898) korrigieren. Doch das verhindert der zu eng gewählte Blickwinkel.

Der Zuschauer lernt Elisabeth untergetaucht kennen und wird sie im Film noch unzählige Male in der Badewanne sehen. Elisabeth ist mit Franz Joseph von Österreich verheiratet, den sie schon mal leicht spöttisch FJ nennt. Die Ehe ist unglücklich, weil Franz Joseph die Aufgabenteilung konservativ sieht: Der Mann handelt und die Aufgabe der Frau besteht im Repräsentierten. Elisabeth ist das Ehegefängnis schon lange zu eng geworden und sie sucht immer wieder nach Abwechslung, bricht kurzfristig aus der Tristesse des Alltags aus. Entweder sie reitet ungestüm auf ihrem Pferd oder sie flüchtet zu Ludwig II. nach Bayern. Alle Ausflüge sind jedoch nur temporäre Fluchten und enden jeweils wieder in Wien.

Kritik

Eine lange Strecke zeigt der Film ähnliche Szenen mit leichten Variationen. Wiederholt verschmäht Elisabeth Nahrung, wegen der Kalorien. Bei all dem bleibt unklar, ob Elisabeth selbst die Ursache des Leidens ist oder ein Opfer der Umstände (wie etwa ein Teil der Frauen in "Little Women"). Zudem ist das Thema Schönheit nicht klar herausgearbeitet. Elisabeth missfällt es sehr, wenn die Zeitungen über ihre Schönheit beziehungsweise die nachlassende Schönheit berichten. Wenn ihr Mann sie nicht als begehrenswert betrachtet, ist sie verletzt. Der Mann, der sich als Liebhaber anbietet, soll sie jedoch nur (wegen ihrer Schönheit) begehren. Warum Kaiserin Elisabeth sich nicht wie eine Kaiserin benimmt, bleibt schleierhaft. Ehemann, Sohn und die kleine Tochter werfen ihr zu Recht vor, dass ihr Benehmen nicht dem Stand entspricht. Vielleicht soll es die Widersprüche verdeutlichen, die viele Menschen in sich tragen. Eine Antwort kann der Kritiker aus dem Film nicht herauslesen.

Vicky Krieps spielt die Rolle mit nur wenigen Variationen. Das ermüdet und im Zusammenspiel mit der auffällig unmotivierten Elisabeth in repetitiven Situationen wird die Handlung zäh und quälend. Weiterhin fällt auf: Zunächst ist Elisabeth die Erziehung der Tochter sehr wichtig. Dann spielt die Tochter eine Zeitlang keine Rolle und tritt plötzlich wieder in Erscheinung. Das Verhältnis zwischen Elisabeth und ihrem Ehemann ist eindimensional.

Der Ausbruch aus dem goldenen Käfig erfolgt im Film relativ spät und bietet dem Publikum wenig Angriffsfläche. Elisabeth begehrt gegen ihren Gatten auf, verzichtet auf die strenge Diät und begeht am Ende Selbstmord. Letzteres entspricht nicht den Tatsachen. Die reale Elisabeth wurde am 10.09.1898 in Genf ermordet. In den Film passt der Suizid besser – leider auch so gesehen, dass er wenig frische Einfälle bietet. Da schneidet die Kaiserin als Zeichen ihres Sinneswandels die Haare ab. Ein in Filmen gerne eingesetztes und dadurch abgenutztes Motiv.

Der Kritiker will nicht außer Acht lassen, dass Frauen den Film vielleicht anders sehen. Der Kritiker versteht die Passivität der Elisabeth im Film nicht, die im Gegensatz steht zur Darstellung der Wikipedia. Die seelischen Qualen einer Figur darzustellen, indem das Publikum gequält wird, hält der Kritiker für eine schlechte Idee.

Fazit
Der sich wiederholenden Handlung fehlen Ausarbeitung und Bandbreite sowie die Entscheidung, ob Elisabeth ein Opfer der gesellschaftlichen Zwänge oder ein Opfer ihrer selbst ist. Sie legt viel Wert auf ihre Schönheit und ist verletzt, wenn sie darauf reduziert wird. Die Passivität der schwachen, leidenden Frau strengt an. Es mögen die Widersprüche eines Menschen sein, die als Filmhandlung unbefriedigend umgesetzt sind. Bedauerlich, dass der Film seine Figur und die gesamte Handlung in ein viel zu enges Korsett zwängt. Offen bleiben Fragen wie die, warum das Innere des Schlosses von Ludwig II. so heruntergekommen ist. Auch einige Schlösser in Österreich wirken von außen arg baufällig. Möchte die Produktion damit etwas ausdrücken oder fehlte das Geld für einen Anstrich vor den Dreharbeiten? Einige Filmstellen sind unfreiwillig komisch. Etwa die, in der Ludwig II. Elisabeth verbietet in "seinem See" Selbstmord zu begehen.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Land: DeutschlandFrankreichLuxemburgÖsterreichUngarn
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 113
Genre: BiografieDramaHistorie
Verleih: Alamode Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 07.07.2022
Heimkino: 25.11.2022

Regie: Marie Kreutzer
Drehbuch: Marie Kreutzer

Schauspieler: Vicky Krieps (Elisabeth) • Florian Teichtmeister (Franz Josef) • Katharina Lorenz (Marie Festetics) • Jeanne Werner (Ida Ferenczy) • Alma Hasun (Fanny Feifalik) • Manuel Rubey (Ludwig II) • Finnegan Oldfield (Louis Le Prince) • Aaron Friesz (Rudolf) • Rosa Hajjaj (Valerie) • Lilly Marie Tschörtner (Marie, Königin beider Sizilien) • Colin Morgan (Bay Middleton) • May Garzon (Lady of Spencer)

Produktion: Johanna Scherz • Alexander Glehr
Szenenbild: Martin Reiter
Kostümbild: Monika Buttinger
Maskenbild: Helene Lang • Maike Heinlein • Jasmin Wörister • Martha Ruess • Michaela Sommer • Karoline Strobl
Kamera: Judith Kaufmann
Ton: Alain Goniva
Musik: Camille
Schnitt: Ulrike Kofler

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Bild: Alamode Film

1 customer review

Befriedigend
06.07.22
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