Das verspricht für den Zuschauer spannend zu werden: Eine junge Frau muss ihr Leben komplett umkrempeln, einen neuen Beruf und Lebensinhalt finden. Doch kaum hat sie damit begonnen, kommt die gute Fee und macht alle Anstrengungen überflüssig. Wie weggezaubert ist damit auch die Spannung.
Elise Gautier ist eine begabte Ballerina, die fest an ihren Traum glaubt. Doch der droht nach einem Bänderriss zu platzen. Die behandelnde Ärztin verordnet Elise Ruhe und eine Auszeit vom Tanzen. Elises Physiotherapeut ist anderer Meinung. Er sieht die Schulmedizin kritisch und ist sicher, dass Elise eines Tages wieder tanzen wird. Elise wiederum muss nach einem anderen Lebensweg suchen. Vorübergehend arbeitet sie als Aushilfe in einem Tagungshaus. Dessen Betreiberin Josiane verbietet Elise Trübsal zu blasen und fordert von ihr nach vorn zu schauen. Zufällig übt das Ensemble von Hofesh Shechter an seinem neuen Stück im Haus. Elise wird aufgefordert, einzuspringen und findet rasch einen Platz im Ensemble. Für sie ist es etwas ungewohnt von Ballett auf Modern Dance umzusatteln. Doch sie stellt fest, dass beide Tanzrichtungen ihre Daseinsberechtigung haben. Zudem findet sie in Mehdi eine neue Liebe.
Kritik
Das ist ein echter Schildbürgerstreich. Cédric Klapisch (Drehbuch und Regie) schickt seine junge Heldin in ein Abenteuer, das keines ist. Elise wird gesagt, dass sie einen neuen Beruf finden muss – doch nach kurzer Zeit ist sie wieder gesund und darf weiterhin tanzen. Dass das jetzt Modern Dance ist, anstatt Ballett spielt eine untergeordnete Rolle. Die angekündigte Neuorientierung findet somit nicht statt. Leider ist auch die angeflanschte Beziehungsfindung keine Herausforderung. Elises Physiotherapeut, der von einer Freundin verlassen worden ist und stets einen esoterischen Spruch zur Sache kennt, ist in Elise verliebt. Die registriert das nicht und verliebt sich in den Tänzer Mehdi. Gelegentlich kommentiert Josiane das Geschehen und klingt als würde sie ihre Weisheiten von Kalenderblättern lesen. Eingestreut wird ein wenig Kritik am klassischen Ballett, weil es Frauenrollen schlecht darstellt. Dass Modern Dance besser ist, will der Film aber auch nicht behaupten. Modern Dance ist anders, erdig; während das Ballett ein Traum ist, der den Boden meidet.
Bedauerlich ist, dass Hauptdarstellerin Marion Barbeau eine gute Tänzerin ist und im selben Maße eine schlechte Schauspielerin. Mit stoischer, oft ausdrucksarmer Miene navigiert sie durch die Handlung. Enttäuschend ist, dass die Kamera so wenig aus den Tanzszenen herausholt.
Fazit
Warum Elise so schnell gesundet, erklärt die Handlung nicht. Leider fällt damit auch die versprochene Neuorientierung aus. Die Geschichte verzichtet damit auf einen Höhepunkt und geht gleichförmig dahin. Vieles bleibt angerissen: Familienstrukturen, ein Vater-Tochter-Konflikt und das Verhältnis zu den Schwestern. Die Romantik ist unbegründet. Ist Jean Baptiste schwul? Und wenn schon. Viele Tänzer sind homosexuell. Den Kritiker reißt weder die Hauptdarstellerin noch ihr Schicksal mit. Die in der Pressevorführung anwesenden Kritikerinnen sahen das in der Mehrzahl anders.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 118
Genre: Drama • Tanz
Verleih: Studiocanal
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 08.09.2022
Regie: Cédric Klapisch
Drehbuch: Cédric Klapisch • Santiago Amigorena
Schauspieler: Marion Barbeau (Elise Gautier) • Hofesh Shechter (Hofesh) • Denis Podalydès (Henri Gautier) • Muriel Robin (Josiane) • Pio Marmaï (Loïc) • François Civil (Yann) • Souheila Yacoub (Sabrina) • Mehdi Baki (Mehdi) • Alexia Giordano (Anaïs) • Marion Gautier de Charnacé (Adèle) • Robinson Cassarino (Robinson) • Marilou Aussilloux (Aria Gautier) • Mathilde Warnier (Mélodie Gautier) • Damien Chapelle (Julien) • Germain Louvet (Jean-Philippe) • Daria Tombroff (Blanche) • Fanny Sage (Lucie) • Kevin Garnichat (Jean-Baptiste)
Produktion: Cédric Klapisch • Bruno Levy
Szenenbild: Marie Cheminal
Kostümbild: Anne Schotte
Maskenbild: Michel Demonteix • Jane Milon • Stéphanie Selva
Kamera: Alexis Kavyrchine
Ton: Cyril Moisson
Musik: Thomas Bangalter • Hofesh Shechter
Schnitt: Anne-Sophie Bion
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Bild: Studiocanal