Die Geschichte von Marie und Julien

Kinoplakat Geschichte von Marie und Julien

Liebe ist eines der großen Mysterien. Sie kennt weder Zwang noch Stillstand. Liebe ist Freiwilligkeit, Liebe ist Fluss. Liebe ist stärker als der Tod. Dies ist eine filmische Huldigung an die Liebe und Emmanuelle Béart.

Marie (Emmanuelle Béart) und Julien (Jerzy Radziwilowicz) sind ein ungleiches Paar. Der phlegmatische Uhrmacher lebt in einer großen Villa in Gesellschaft einer Katze. Mit Hingabe repariert er Turmuhren, gilt als einer der letzten seines Fachs. Für alles andere zeigt Julien wenig Begeisterung. Leidenschaftslos erpresst er die elegante Madame X, die Seide, mit gefälschten Papieren, als echt antik verkauft.

Da die anfängliche Affäre an Tiefe gewinnt, zieht Marie zu Julien. Sie verbringt ihre Tage wie ein Kind, das auf dem Dachboden der Eltern stöbert. Bevorzugt stolpert sie, mit dem Gesichtsausdruck eines beleidigten Schuldmädchens, durch die muffige Villa. Die Entdeckung des kleinen Dachzimmers bringt eine 180-Gradwende in ihr Leben. Mit zwanghafter Begeisterung baut sie das Zimmer aus. Damit einher geht eine Entfremdung von Julien. Nicht nur, dass er ihre Handlungen nicht mehr versteht, immer öfter erstarrt Marie und ist völlig abwesend.

Was für Julien ein unlösbares Rätsel ist, durchschaut Madame X sofort. Die Selbstmörderin ist in Wahrheit bereits tot, so wie ihre eigene Schwester. Sie (miss)braucht Julien für ihre eigene Erlösung. Jetzt beginnt der misstrauische Liebhaber Maries Vergangenheit zu erforschen. Dabei stößt er Geschehnisse, die sie aus ihrem Bewusstsein längst verdrängt hat. Doch das Unterbewusstsein arbeitet weiter, kennt keine Ruhe. Die Dinge spitzen sich zu, bis zu dem Moment, in dem Julien aus Liebe loslässt. Wider Erwarten bedeutet das für Marie aber nicht den endgültigen Tod, sondern ein neues Leben.

Kritik

In warmen Herbstfarben spielt der Film unter anderem mit dem Motiv der Zeit. Es ist kein Zufall, dass Julien ausgerechnet Turmuhren repariert und sinnbildlich die aus dem Tritt gekommene Zeit wieder einpendelt. Den Glauben an die Liebe hat er mit der Trennung von seiner Frau verloren. Marie ist eigentlich nicht sein Typ, doch sie hat ihn ausgesucht. So verwundert es nicht, dass die Beziehung zwischen den ungleichen Partnern rasch erkaltet und sadomasochistische Liebesspiele das Bindeglied sind.

Die naturalistische Kulisse stellt dabei einen krassen Gegensatz zur abstrahierten Handlung dar. Ich möchte nicht behaupten, mehr als die grundlegenden Aussagen des Films verstanden zu haben. Das ist vonseiten des Regisseurs gewollt, denn "Die Geschichte von Marie und Julien" wird in verklausulierten Szenen und Dialogen erzählt.

Jacques Rivettes Glaube an die Liebe ist ebenso groß wie der Glaube an seine Darsteller. Sie tragen den Film weitenteils, doch nicht nur die Filmlänge von 2,5 Stunden stellt selbst geduldige Cineasten auf die Probe. Zu nebulös, zu interpretationsfähig ist die Erzählung. Dazu wiederholt die ausgesprochen ruhige Handlung einen Großteil der Vorkommnisse, bis sie ihren Reiz verlieren. Wenn Emmanuelle Beart zum xten mal mit bockigem Gesicht durchs Bild schlurft, um danach die Treppe hinaufzutrampeln, weicht die anfängliche Erotik dem Wunsch, die Schauspielerin möge eine andere Seite zeigen. Ihre Darstellung ist nahe an "Nathalie"; was die Frage aufwirft, wann sie eine andere Seite ihrer Kunst zeigt? Jerzy Radziwilowicz verkörpert den phlegmatischen Uhrmacher so gut, dass er hinsichtlich Charisma und erotischer Ausstrahlung einem Vakuum gleich kommt. Von seiner Seite geschieht wenig, was dem Film Spannung oder sogar Pepp verleiht.

Bleibt noch der philosophische Ansatz des Werks. Der bietet sicherlich einige Angriffsflächen. Ist die Liebe wirklich stärker als der Tod? Sind Menschen wirklich dazu in der Lage, einem anderen den Glauben an die Liebe zu schenken? Muss diese Arbeit nicht jeder selbst leisten?
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Original Filmtitel: Histoire de Marie et Julien
Land: FrankreichItalien
Jahr: 2003
Laufzeit ca.: 145
Genre: RomantikSpielfilm
Verleih: flax film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 26.08.2004

Regie: Jacques Rivette
Drehbuch: Pascal Bonitzer • Christine Laurent • Jacques Rivette

Schauspieler: Emmanuelle Béart (Marie) • Jerzy Radziwilowicz (Julien) • Anne Brochet (Madame X) • Bettina Kee (Adrienne) • Olivier Cruveiller (Verleger) • Mathias Jung (Hausmeister) • Nicole Garcia (Freundin)

Produktion: Martine Marignac
Szenenbild: Manu de Chauvigny
Kostümbild: Laurence Struz
Maskenbild: Mona Bausson
Kamera: William Lubtchansky
Schnitt: Nicole Lubtchansky

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Bild: flax film

1 customer review

befriedigend
26.08.04
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