Die Gewerkschafterin

Kinoplakat Die Gewerkschafterin

Maureen Kearney ist eine engagierte Gewerkschafterin, die für die Rechte aller kämpft. Ihre Gegner sehen in ihr nicht nur eine unliebsame Person, sondern auch eine Frau. Letzteres wollen sie nutzen, um Kearney zum Schweigen zu bringen. Sie verletzen sie körperlich und seelisch.

Maureen Kearney ist eine in Frankreich lebende Irin, die als Englischlehrerin und als Gewerkschafterin tätig ist. Sie tritt für die Rechte aller Angestellten des Konzerns Areva ein, erntet für den Kampf für Mitarbeiterinnen von Männern der Führungsriege Ablehnung und Häme. Viel Zeit darauf zu reagieren bleibt Kearney nicht, denn sie eilt von Termin zu Termin, hat in Diskussionen stets die besseren Argumente. Zeit für ein Privatleben bringt Kearney nicht auf, selbst in ihrer Freizeit ist sie stets telefonisch erreichbar. Der Ehemann sieht ihr das nach, die Tochter ist bei ihren Besuchen sichtlich genervt. Als ein Maulwurf Kearney geheime Dokumente zuspielt, ist die elektrisiert. Es bestehen Pläne, künftig mit China zu kooperieren. Das könnte bedeuten, dass Kapazitäten abgebaut werden und Wissen abfließt. Das Management des Konzerns, seit Kurzem ein Mann, sieht keinen Handlungsbedarf und auch die Politik bekundet, Kearneys Aufregung nicht teilen zu können. Doch Kearney hat sich Feinde gemacht und die bedrohen die Frau zunächst telefonisch. Dann wird Kearney überfallen, körperlich und seelisch verletzt. Sie selbst hätte die Polizei nicht eingeschaltet, sagt sie im Nachhinein. Doch ihre Putzfrau ruft die Polizei und die nimmt Ermittlungen auf. Nach einer kurzen Zeit und dilettantischen Ermittlungen wird Kearney verurteilt, weil man das Verbrechen für vorgetäuscht hält. Und wieder ist es einem Maulwurf zu verdanken, dass Kearney entscheidende Informationen zugespielt werden.

Kritik

Der behandelte Fall beruht auf Tatsachen und ist brisant. Die Aspekte des Falles sind die Verstrickung von Geld, Macht und Politik. Umso erstaunlicher ist die Umsetzung. Die gesamte Brisanz des Falles erwähnt erst der Abspann im Klartext. Das politisch motivierte Drama ist über weite Strecken erstaunlich unpolitisch. Und anstelle eines großen Kinodramas wird ein im besten Fall solider Fernsehfilm geboten, dessen Handwerk enttäuscht. Das Genre wechselt, die Figuren bleiben Schemata und die Kamera fängt das alles routiniert ein.

Die Rollen fallen schematisch aus. Isabelle Huppert spielt die Heldin unter einer dicken Schicht heller Schminke und ins Gesicht gekämmten Haaren, die bis über den Rand einer großen Brille reichen. In Kombination mit der sehr zurückhaltenden Mimik wirkt Huppert wie eine Maske. Sie trippelt aufgeregt von Handlungsort zu Handlungsort, ist selbst in privaten Momenten nicht privat.

Wenngleich Huppert eine in Frankreich lebende Irin spielt, spricht sie im französischen Original keinen Dialekt. Ihr Englischunterricht klingt eigenartig. Leider hat sich die Aktrice nicht bemüht, eine zu erwartende Sprachfärbung zu sprechen. Im zweiten Teil des Dramas heißt es sinngemäß Kearney sei selbstmordgefährdet und trockene Alkoholikerin. Ersteres möchte das Drama vielleicht verdeutlichen, indem Kearney nicht die Opferrolle annimmt und sich vor Gericht selbst schadet. Trotz Alkoholkrankheit kann sie ein Glas Hochprozentiges trinken, ohne einen Rückfall zu erleiden. Die restlichen Rollen sind Klischees. Der Ehemann ist ein gutmütiges Bärchen, das Aufs und Abs einer Ehe akzeptiert. Die Managerin ist kühl und distanziert. Der cholerische Manager ein chauvinistisches Weichei. Der erste Rechtsanwalt ist weichlich und trottelig, der zweite Rechtsanwalt ist gerissen. Der ermittelnde Kommissar ist voreingenommen und unfähig. Ausgestaltete Rollen sind das bedauerlicherweise nicht. Für den Kritiker fällt zudem auf, wie die Menschen im Film zu Atomkraft stehen. Während Deutschland die Abschaltung plant, ist die Technik in Frankreich im Einsatz und es fällt kein Wort darüber, ob es ethisch vertretbar ist, für Arbeitsplätze in dieser Industrie zu streiten. Dieser Fakt wertet den Film nicht ab, kann ihm jedoch einen für deutsches Publikum seltsamen Beigeschmack geben.

Fazit
Der Kritiker will nicht abstreiten, dass der Film (sich zu sehr) an Fakten hält und dadurch verliert. Dem Drama hätten künstlerische Freiheiten gutgetan. Der behandelte Stoff bietet genug Zündstoff für einen spannenden Thriller. Bedauerlicherweise steckt kein Herzblut in der Produktion und Isabell Huppert durch ein plumpes Drama huschen zu lassen, ist für die Kinoleinwand karge Kost.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Alternativtitel: La syndicaliste • The Sitting Duck • The Union Lady
Land: DeutschlandFrankreich
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 121
Genre: DramaThriller
Verleih: Weltkino
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 27.04.2023

Regie: Jean-Paul Salomé
Drehbuch: Fadette Drouard • Jean-Paul Salomé
Literaturvorlage: Caroline Michel-Aguirre

Schauspieler: Isabelle Huppert (Maureen Kearney) • Grégory Gadebois (Gilles Hugo) • François-Xavier Demaison (Jean-Pierre Bachmann) • Pierre Deladonchamps (Nicolas Brémont) • Alexandra Maria Lara (Julie Depret) • Gilles Cohen (Hervé Témime) • Aloïse Sauvage (Chambard) • Mara Taquin (Fiona Hugo) • Yvan Attal (Luc Oursel) • Marina Foïs (Anne Lauvergeon) • Anne-Lise Kedvès (Maria) • Alex Lajoie (Arzt)

Produktion: Bertrand Faivre
Szenenbild: Françoise Dupertuis
Kostümbild: Marité Coutard
Maskenbild: Thi-Loan Nguyen • Frédéric Souquet • Dolores Sánchez • Susanne Woerle-Jiritano
Kamera: Julien Hirsch
Musik: Bruno Coulais
Schnitt: Valérie Deseine • Aïn Varet

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Bild: Weltkino

1 customer review

Befriedigend
27.04.23
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