Die letzte Fahrt der Demeter

Kinoplakat Die letzte Fahrt der Demeter

Mit seinem Roman Dracula hat der irische Schriftsteller Bram Stoker einen Mythos geschaffen, dem eine unglaubliche Karriere gelang. Als Film, als Game und als verklärte Figur beschäftigt Dracula die Menschen. Einen Abschnitt des Romans baut der Horror-Film des Jahres 2023 auf Spielfilmlänge aus. Dadurch kämpft er mit den Problemen, mit denen auch andere Filme kämpfen, die eine kurze Vorlage nutzen. Im vorliegenden Fall bedeutet das: Der Film zeigt viel Stil und wenig Inhalt. Das ist für einen Horror-Film grundsätzlich nicht ungewöhnlich.

"Die letzte Fahrt der Demeter" nutzt viele klassische Elemente. Zum Auftakt wird die Mannschaft des Schiffes von wissenden Einheimischen gewarnt und sticht trotzdem in See. Das Publikum weiß mehr, auch weil ein Teil des Film-Endes der Anfang des Films ist, und es steht die Frage im Raum, wie die Handlung Spannung erzeugen will. Die Lösung lautet: langsames Grauen. Der finstere Graf, der nicht in Gestalt eines Gentlemans auftritt, sondern als Monster, holt als Erstes die an Bord lebenden Tiere. Dann dezimiert er die Mannschaft, die zwischen Aberglauben, einer Strafe Gottes und wissenschaftlichen Erklärungen schwankt. Besonders verdächtig sind für den Rest der Mannschaft der einzige Afrikaner an Bord und eine Frau, die man für einen blinden Passagier hält. Die Wahrheit über ihre Anwesenheit beichtet die Frau dem Afrikaner, der Mediziner ist und nicht glauben will, was nicht mehr zu übersehen ist. Der Kapitän wiederum behält die Nerven und schreibt seine Erlebnisse im Logbuch nieder (auf dem der Film laut eigener Angabe beruht).

Kritik

Die Ausgangslage ist gut. Gefangen in der Enge eines Schiffes und weit entfernt von einer Küste, ist eine Flucht unmöglich. Als die Besatzung erkennt, den Teufel an Bord zu haben, steht die Frage an: kämpfen oder verzweifeln? Die Männer schwanken und müssen erkennen, dass es nicht nur um sie geht, sondern um die ganze Welt, denn wenn das Monster London erreicht, wird es weitere Menschen töten. Zu Weltenrettern schwingen sich die Männer und die eine Frau trotzdem nicht auf, agieren stattdessen eigenartig. Dadurch verschenkt der Film Potenzial. Die Gruppendynamik spielt eine Nebenrolle. Es bilden sich keine Lager, der eine schiebt den anderen nicht vor. Und es taucht ein weiteres Problem auf. Weil die überwiegend aus Männern bestehende Crew ohne Zeichnung bleibt, lernt das Publikum die Figuren nicht kennen und ihre Tode berühren nicht. Es kommt zu einem seelenlosen Abzählreim, der nur wenig Spannung entwickelt.

Bei dem verwundern Umstände. Nur Anna ist mit einem doofen Dialekt geschlagen, die britischen Seeleute sprechen Hochdeutsch. Auf Kreuze reagiert Dracula nicht. Das steht vielleicht so in der Romanvorlage. Aber wozu fängt die Kamera die Kreuze so überdeutlich ein? Der Kapitän ist im Besitz wasserfester Tinte, denn die Tinte seines Logbuches verschwimmt auch im strömenden Regen nur minimal. Das Schiff wird auf Geheiß des Kapitäns durchsucht und das Monster nicht gefunden. Später werden auch die Kisten im Frachtraum untersucht und der Schlafplatz des Teufels gefunden. Anschließend heißt es erneut, man wisse nicht, wo das Monster steckt. Das Wissen um den Schlafplatz ist also wertlos? Der Plan, die Demeter zu versenken ist naheliegend und dilettantisch umgesetzt.* Wahrscheinlich versucht das Drehbuch Elemente einzubauen, die den Gesamtablauf der Romanvorlage nicht verändern. Die Filmmusik bricht immer wieder unangenehm ins Ohr, versucht Emotionen zu erzeugen, wo Handlung und Schauspiel es nicht vermögen.

Fazit
Bei Architektur und Design heißt es: "Die Form folgt der Funktion". Diesen Leitsatz stellt der Film auf den Kopf. Das mag dem Teil des Publikums gefallen, der für Stil ins Kino geht. Für Freunde von klassischem Horror könnte "Die letzte Fahrt der Demeter" ein Schlag ins Wasser sein, weil zu spannungsarm und vorhersehbar. Zudem vermittelt der Film den Eindruck, die Literaturvorlage zu dehnen wie einen Kaugummi mit Vampir-Geschmack. Nicht zuletzt werden Erinnerungen an "Alien" wach. Ein Schiff als begrenztes Areal, ein mordendes Monster, dessen Antlitz der Film nur Stück für Stück enthüllt.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: The Last Voyage of the Demeter
Land: DeutschlandUSA
Jahr: 2023
Laufzeit ca.: 119
Genre: AbenteuerFantasyHorrorVampire

Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 17.08.2023
Heimkino: 02.01.2024

Regie: André Øvredal
Drehbuch: Bragi F. Schut • Zak Olkewicz
Literaturvorlage: Bram Stoker

Schauspieler: Corey Hawkins (Clemens) • Aisling Franciosi (Anna) • Liam Cunningham (Captain Eliot) • David Dastmalchian (Wojchek) • Chris Walley (Abrams) • Jon Jon Briones (Joseph) • Stefan Kapicic (Olgaren) • Martin Furulund (Larsen) • Nikolai Nikolaeff (Petrofsky) • Woody Norman (Toby) • Javier Botet (Dracula) • Graham Turner (Constable)

Produktion: Bradley J. Fischer • Mike Medavoy • Arnold Messer
Szenenbild: Edward Thomas
Kostümbild: Carlo Poggioli
Maskenbild: Elaine Grech • Aisha King • Lara Licari • Marie Maggio • Zoe Muscat • Daniela Skala
Kamera: Tom Stern
Musik: Bear McCreary
Schnitt: Julian Clarke • Patrick Larsgaard • Christian Wagner

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Bild: Universal Pictures International

1 customer review

Befriedigend
27.08.23
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