Ein Freund von mir

Kinoplakat Ein Freund von mir

Karl ist ein junger Mathematiker, der Probleme mit anderen Menschen hat. Er ist mehr als nur introvertiert, kann seine Gefühle nicht zeigen, ist scheu, ein unglücklicher Einzelgänger. Im Beruf, er arbeitet bei einer Versicherungsgesellschaft, ist er erfolgreich, solange er allein arbeiten kann. Als Teamarbeiter ist er völlig ungeeignet. Sein Chef möchte den vielversprechenden jungen Mann aus seiner Abkapselung herausreißen.

"Ein Freund von mir" ist der neue Film von Drehbuchautor und Regisseur Sebastian Schipper, der mit dem Film "Absolute Giganten" 1998 sein viel beachtetes Leinwanddebüt gab. Er wurde dafür mit dem Deutschen Filmpreis in Silber ausgezeichnet.

Karl (überzeugend introvertiert: Daniel Brühl) ist ein mathematisches Genie. Der junge Mann Mitte 20 arbeitet bei einer großen Versicherung und hat gerade den "Bogenschützen" gewonnen. Das ist die höchste Auszeichnung, die die Versicherung jedes Jahr für innovative Arbeiten an ihre leitenden Angestellten vergibt. Alles jubelt, nur Karl nicht. Karl ist mehr als nur introvertiert, er ist menschenscheu. Karl spricht nicht viel, zeigt keine Gefühle, nichts scheint ihn wirklich zu berühren. Er verdient viel Geld, ist gerade in eine neue, große Wohnung mit grandioser Aussicht gezogen, aber er hat nicht mal den Auftrieb, seine Umzugskartons auszupacken oder die Wohnung einzurichten. Bei der Feier nach dem Gewinn des "Bogenschützen" ist Karl ein hübsches junges Mädchen (apart und sympathisch: Sabine Timoteo) aufgefallen. Sie hat ihn angelächelt, ihm unübersehbar Mut gemacht, aber Karl hat nichts unternommen, obwohl sie ihm offensichtlich gefallen hat. Als er an der U-Bahn-Station auf seine Bahn wartet, kommt auch dieses Mädchen in die Station. Sie wartet auf der anderen Seite und blickt immer wieder zu Karl hinüber. Auch Karl dreht sich ein paar Mal um und schaut sie mit einem Fast-Lächeln an. Aber dann kommt ihre Bahn, und es ist zu spät. Karl scheint es nicht sonderlich zu berühren, dass er die Chance, ein nettes weibliches Wesen kennenzulernen, vertan hat. Karl arbeitet am liebsten allein, im Team ist er ein Versager. Da kriegt er den Mund nicht auf und sitzt da, als wäre er nicht vorhanden. Sein Chef Naumann (menschlicher Vorgesetzter: Michael Wittenbom) versucht ihn aus seiner Abkapselung herauszureißen. Es liegt der Antrag einer großen Mietwagenfirma auf Versicherungsschutz vor. Naumann gibt Karl den Auftrag, bei dieser Mietwagenfirma vor Ort die Versicherungsrisiken abzuchecken, sprich: Karl soll dort für einen Tag arbeiten, Autos waschen, Autos einparken, Autos überführen, und die Augen offen halten. Zunächst versteht Karl gar nicht, worum es geht. Als ihm klar wird, dass er sozusagen "undercover" für die Firma spionieren und fremde Autos rangieren soll, ist er zuerst nicht sonderlich begeistert, willigt dann aber ziemlich unbeteiligt ein. Das Vorstellungsgespräch absolviert er problemlos. Als er ein großes Kreuz über dem Schreibtisch seines neuen "Chefs" hängen sieht, macht er ihm weis, dass er Theologie studiert und sich gerade eine Auszeit nimmt. Als der ihn auffordert, ihm etwas vorzusingen, lehnt er kategorisch ab. Er bekommt den Job, denn: "Wer mir hier was vorsingt, den kann ich nicht brauchen. Ich brauche Mitarbeiter und keine zukünftigen Stars." Als er draußen vor dem Büro auf seinen ersten Auftrag wartet, sitzt neben ihm ein neuer Job-Anwärter: Hans (sympathischer Lebenskünstler: Jürgen Vogel). Karl gibt ihm den Tipp, beim Einstellungsgespräch bloß nicht zu singen und zu sagen, dass er jeden Abend bete.

Hans bekommt den Job und Karl kriegt Hans anschließend nicht mehr los. Hans ist das genaue Gegenteil von Karl. Hans ist laut, fröhlich, lebensbejahend, redet unentwegt, hat zu allem was zu sagen, freut sich über alles und jedes, kann selbst der dämlichsten Sache noch was Gutes abgewinnen, hat ständig verrückte Ideen – die er auch prompt in die Tat umsetzt – und ist ein rundum zufriedener und glücklicher Mensch. Karl ist die aufdringliche Art von Hans anfangs ziemlich unangenehm. Er bittet ihn mehrfach, ihn doch einfach in Ruhe zu lassen, aber Hans denkt gar nicht daran. Er überfährt Karl förmlich mit seiner unwiderstehlichen Fröhlichkeit und will auch den stillen, unbeteiligten Karl glücklich machen. Gemeinsam überführen sie zwei Wagen, und fliegen anschließend gemeinsam wieder nach Hause. Karl möchte im Flieger eigentlich seine Ruhe, aber Hans plappert unentwegt. Er erklärt Karl, warum ein Flugzeug fliegen und ein Segelboot segeln kann, und da er der Meinung ist, dass der stille Karl an Flugangst leidet, erklärt er ihm auch noch die Ursachen dafür. Dann fragt er Karl plötzlich: "Bist du glücklich?" und bekommt keine Antwort. Wieder am Boden will er Karl zeigen, was glücklich sein bedeutet. In seinem uralten DAF, bei dem sich das Verdeck nicht mehr schließen lässt, weshalb Hans immer eine Auswahl an Strickmützen und warmen Decken auf dem Rücksitz liegen hat, fahren sie zu seiner Freundin. Die attraktive junge Frau, die aufmacht, ist das Mädchen vom U-Bahnhof! Aber weder Karl noch sie sagen etwas über ihr erstes Treffen. Hans stellt sie als Stelle vor, seine Königin, die Frau, die er liebt und die er heiraten will. Plötzlich nicht mehr ganz so unbeteiligt, beobachtet Karl die beiden, die ungeniert miteinander turteln. Als die beiden gemeinsam in der Dusche verschwinden, schläft Karl auf dem Sofa ein. Als er wieder erwacht gießt es in Strömen und vor ihm sitzt ein fremder Mann. Der Mann ist Stelles Ex-Freund, der Karl für ihren Neuen hält. Und während Karl die Aggressivität des Ex-Freundes zu überstehen versucht, eine Situation also, die für ihn völlig neu ist, turnt hinter dem Ex-Freund der nackte Hans herum und sucht seine Sachen zusammen. Eine völlig absurde Situation, die Karl aber recht gelassen meistert. Sie scheint ihm sogar zu gefallen.

Am nächsten Tag ruft er bei seiner Versicherung an und sagt, dass er noch länger bleiben muss, um alles richtig zu recherchieren. Karl und Hans sollen zwei nagelneue Porsche überführen. Für Hans ist das die Erfüllung seiner Träume, denn es gibt nur eines, was für ihn noch toller ist wie seine Stelle: "Die Schönheit der Geschwindigkeit". Dann donnern sie mit Vollgas über die Autobahn. Nach einer Rast probieren sie aus, wer schneller laufen kann. Jeder von ihnen rennt so schnell er kann neben dem Wagen her – Hans gewinnt mit 35 km/h, Karl verliert mit 31 km/h. Hans darf einen Wunsch äußern, den Karl erfüllen muss: Anschließend donnern sie nackt über die Autobahn! Zum ersten Mal in seinem Leben ist Karl glücklich, breit grinsend sitzt er hinter dem Steuer und schreit schließlich sein Glück aus vollem Hals heraus. Am Flughafen wollen sie Stelle abholen, die von Beruf Stewardess ist. Hans steigt völlig ungeniert splitternackt aus dem Wagen, öffnet Karls Wagen, greift sich dessen Klamotten, und verschwindet im Flughafen. Karl sitzt starr vor Schrecken in seinem Porsche. Was tun? Er blickt sich vorsichtig um, huscht zu Hans' Porsche und will dessen Klamotten herausholen, um sich anzuziehen. Fehlanzeige. Hans hat den Porsche abgeschlossen. Karl also wieder nackt zurück in seinen Wagen. Als Passagiere aus dem Flughafen strömen, versteckt er sich am Boden. Bis Hans – in Begleitung der grinsenden Stelle – ans Fenster klopft. "Gehen wir noch was trinken?" – "Nur wenn Du mir Deine Sachen gibt, für meine Sachen, die Du anhast!"
Anschließend sitzen die Drei unbeschwert im Terminal und machen Blödsinn, wie z. B. die Gedanken der anderen Fluggäste zu lesen. Dann sitzen alle Drei bei Stelle zu Hause auf dem Sofa, Hans knutscht mit Stelle, und Karl weiß nicht, was er machen soll. Als Hans kurz verschwindet, erzählt Stelle, dass sie für zwei Monate nach Barcelona zu ihrem Vater gehen wird. Karl antwortet ihr auf Spanisch. Hans findet es Klasse, dass beide Spanisch sprechen können. Er ermuntert sie, was zu sagen, und Karl gesteht Stelle seine Liebe und küsst sie innig. Dann steht er auf und geht. Am nächsten Morgen sitzt Karl wieder in der Versicherung. Als sein Chef die Ergebnisse seiner Recherche haben will, gesteht er ihm, dass er noch nichts Konkretes vorzuweisen hat. Naumann ist überrascht und enttäuscht. In der Kantine setzt er sich zu Karl, der einsam und bedrückt allein an einem Tisch sitzt. Als er ihn fragt, was los ist, fängt Karl zu weinen an. Karl geht wieder zur Mietwagenfirma zurück und macht sich auf die Suche nach Hans. Er erfährt, dass der gefeuert wurde und jetzt am Flughafen arbeitet. Karl sucht Hans am Flughafen. Er sammelt dort die Gepäckwagen ein und ist guter Dinge wie immer. Für ihn ist das der schönste Job der Welt, weil man ständig lauter wunderschöne Frauen sieht. Karl bittet ihn nach draußen, er habe eine Überraschung für ihn. Hans geht mit ihm. Draußen steht ein kanariengelber Lamborghini. Karl hat ihn für Hans für eine Woche gemietet, weil er glaubt, dass das Hans’ größter Wunsch ist. Doch Hans schüttelt nur den Kopf: "Du hast keine Ahnung." Dann lässt er Karl stehen und geht. Doch inzwischen lässt sich Karl nicht mehr so einfach abwimmeln. Die schüchterne Freundschaft, die sich zwischen Hans und ihm aufgebaut hat, bedeutet ihm, der nie Freunde hatte, sehr viel, und dann ist da immer noch Stelle.

Kritik

Im Grunde genommen ist der Film "Ein Freund von mir" ein Film über verwirklichte Männerfantasien. Da heizen die beiden nachts in schweren Wagen oder Sportwagen endlos über menschenleere Autobahnen, natürlich ganz edel fotografiert. Da liefern sie sich Rennen nach dem Motto: "Wer bremst vor der Baustelle zuerst ab?". Da wird endlos das Hohelied auf die "Schönheit der Geschwindigkeit" und die Firma Porsche gesungen. Da wird jedes halbwegs passable weibliche Wesen angebaggert, und – wow!, der Höhepunkt schlechthin – da wird nackt Porsche gefahren! Und dann nehmen sich die kleinen Buben auch noch gegenseitig die Klamotten weg. Und weil Männerfreundschaft alles aushält, ist Hans auch gar nicht böse oder gar sauer, dass Karl seiner "Königin" die Liebe gesteht und sie küsst. Und Stelle macht gar kein Hehl daraus, dass sie am liebsten beide hätte. Aber um auch was Positives zu sagen: der Film ist teilweise wirklich ausgesprochen witzig und amüsant. Die Dialoge sind klasse und Drehbuchautor und Regisseur Sebastian Schipper hat dabei den Leuten wirklich "aufs Maul" geschaut. Da klingt nichts geschraubt und gestelzt und gedrechselt, wie das leider im deutschen Film so häufig der Fall ist. Jürgen Vogel als überdrehter glücklicher Hans und Daniel Brühl als erstarrter introvertierter Karl machen ihre Sache hervorragend, wie auch die restliche Darsteller-Crew erfreulich überzeugend spielt. Der etwas düstere Look des Films macht sich auch ganz gut, und es gibt sicherlich Auto-Freaks, denen die endlosen Fahrten durch die dunkle Nacht – mal von vorne, mal von hinten – Spaß machen.

Fazit
Der Film "Ein Freund von mir" ist eine Art Roadmovie über die langsam entstehende Freundschaft zwischen zwei völlig unterschiedlichen Männern, mal sehr witzig, manchmal auch ernst, gespielt von überzeugenden Darstellern. Auch wenn ich ständig das Gefühl hatte, einen Wim Wenders Film aus den 1970-er Jahren zu sehen.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 70 %


Alternativtitel: A Friend of mine
Land: Deutschland
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 84
Genre: DramaKomödie
Verleih: X Verleih
FSK-Freigabe ab: 0 Jahren

Kinostart: 26.10.2006
Heimkino: 27.04.2007

Regie: Sebastian Schipper
Drehbuch: Sebastian Schipper

Schauspieler: Daniel Brühl (Karl) • Jürgen Vogel (Hans) • Sabine Timoteo (Stelle) • Peter Kurth (Fernandez) • Michael Wittenborn (Naumann) • Oktay Özdemir (Theo) • Steffen Groth (Frank) • Jan-Ole Gerster (Cornelius) • Bernardus Manders (Geschäftsmann)

Produktion: Maria Köpf • Tom Tykwer
Szenenbild: Andrea Kessler
Kostümbild: Anette Guther • Charlotte Sawatzki
Maskenbild: Charlotte Chang • Barbara Kreuzer
Kamera: Oliver Bokelberg
Schnitt: Jeff Harkavy

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Bild: X Verleih

1 customer review

gut
26.10.06
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