Elbe

Kinoplakat Elbe

Der dünne Kowsky und der stämmige Gero sind Freunde. Die so unterschiedlichen Männer befahren mit ihrem Frachtkahn seit 20 Jahren die Elbe. Der Fluss ist ihre Heimat. Schlitzohr Kowsky ist seine Familie fremd geworden, Gero hat seine inzwischen volljährige uneheliche Tochter noch nie gesehen. Dann kündigt ihnen die Reederei, das Geld wird knapp, Gero kann die Raten für das kleine Segelboot, auf dem sie auch wohnen, nicht mehr zahlen. Es wird gepfändet und die beiden müssen künftig mit einem Ruderboot den Fluss befahren.

Der Film "Elbe" ist der neue Film des jungen Berliner Regisseurs Marco Mittelstaedt. Das Drehbuch schrieb Holger Nickel. Kowsky (kriminelles Schlitzohr: Henning Peker, bekannt aus "Goodbye Lenin") und Gero (ruhiger Fels: Tom Jahn, bekannt aus "Epsteins Nacht" und "Lichter") sind seit vielen Jahren Freunde und Arbeitskollegen. Das eingespielte Team befährt mit einem Frachtkahn die Elbe. Hier arbeiten sie, hier leben sie. Ihren Tagesablauf bestimmen sie selbst, und der wird durch den Fluss bestimmt. Doch dann kündigt die Reederei und die heile Binnenschifferwelt der beiden gerät ins Wanken. Jetzt leben die beiden von der Hand in den Mund auf Geros kleinem Segelboot.

Von ihren Familien haben sich die beiden längst entfremdet. Kowskys Frau hat, wie er zu seiner Überraschung feststellen muss, einen Liebhaber, und für seinen halbwüchsigen Sohn ist der Vater ein unliebsamer Fremder, der sich plötzlich in alles einmischt. Gero hat nur eine einsame Wohnung und eine uneheliche Tochter namens Sara, die er noch nie getroffen hat. Die Kindsmutter hat ihm ab und zu Fotos von der heranwachsenden Kleinen geschickt, die inzwischen allerdings volljährig ist und eine Ausbildung in einem renommierten Hotel in Magdeburg macht.

Kowsky reagiert mit Wut auf die Veränderung, schikaniert seine Familie und bessert seine leere Kasse recht erfolgreich durch Kartentricks auf, die er von seinem Vater gelernt hat. Doch seine resolute Frau wirft den Mann, der den ganzen Tag in Unterhosen auf dem Bett liegt, Bier säuft, fernsieht, und alle kujoniert, schließlich in hohem Bogen raus.
Der introvertierte Gero nimmt in Wittenberg in einem kleinen Gemischtwarengeschäft einen Teilzeitjob als Mädchen für alles an. Er verliebt sich in die herzliche Verkäuferin, die dem spröden Mann ebenfalls recht zugetan ist. Nach einer gemeinsamen Nacht auf Geros Segelboot sieht für die beiden die Zukunft sogar ziemlich rosig aus. Dann macht der eifersüchtige Kowsky Gero weiß, dass er einen Job bei einer Reederei in Hamburg für sie aufgetan hat. Aber noch ehe sie Hamburg erreichen, kommt der Gerichtsvollzieher. Kowsky hat seine Raten für das Segelboot nicht bezahlt. Er versucht sich bei Gero herauszureden, aber der nennt ihn einen Lügner und haut mit dem Boot ab. Aufgrund ihrer langen Freundschaft nimmt er Kowsky, der ihm per gestohlenem Fahrrad am Ufer gefolgt ist, schließlich doch wieder an Bord. Ihre Flucht geht immer weiter Elbe abwärts, aber der Polizei können sie auf Dauer nicht entfliehen. Sie werden mitten auf dem Fluss gestoppt und das Boot wird beschlagnahmt. Da sie nicht wissen, wohin, klauen sie ein altes Ruderboot und setzen ihre ziellose Reise fort. In Magdeburg geht Gero in das Hotel, in dem seine Tochter arbeitet, und beobachtet sie heimlich. Von ihrer Mutter weiß er, dass Sara ein großes Ziel hat: sie möchte nach Australien und den Ayers Rock sehen. Und genau das wollte Gero auch immer. Schließlich fasst er sich ein Herz und spricht sie an, doch er traut sich nicht ihr zu sagen, dass er ihr Vater ist.
Ihre Fahrt geht weiter. Als es in Strömen regnet, flüchten sich Gero und Kowsky in ein kleines Dorf. Gero gibt sein letztes Geld für eine warme Mahlzeit in einer Kneipe aus. Kowsky beobachtet, dass im Hinterzimmer offensichtlich eine Zockerrunde sitzt. Er möchte mitmachen, aber der Wirt will erst sehen, ob Kowsky auch genügend Geld dafür hat. Und zu Geros großer Überraschung zieht Kowsky Hunderte von Euros aus der Tasche, die er mit seinem Kartentrick, in jedem Blatt die Herzdame herausfinden zu können, verdient hat. Empört läuft Gero in die Nacht, während Kowsky im Hinterzimmer verschwindet. Als guter Kartenspieler ist es kein Problem für ihn, die dörfliche Zockerrunde auszunehmen. Doch die Herren nehmen das persönlich und Kowsky befindet sich plötzlich in einer sehr unangenehmen und bedrohlichen Situation. Da stürmt Gero, der schon Schlimmes ahnte, herein, hält einem der Männer einen abgeschlagenen Flaschenhals an die Kehle, und die beiden fliehen mit dem Geld in die Dunkelheit. Sie erreichen ihr Ruderboot und fahren mit der Beute weiter flussabwärts. Doch am Ufer folgt ihnen der Geländewagen der Zockerrunde, und plötzlich peitscht ein Schuss.

Kritik

Um es gleich vorwegzunehmen: Der wirkliche Star des Films "Elbe" ist der Fluss. Ausführlich ergeht sich der Regisseur Marco Mittelstaedt in wunderbaren Bildern der Auen und der malerischen, heilen Landschaften, die die Elbe im Osten der Republik umgeben. Spektakuläre Sonnenuntergänge, herrliche Wiesen und Wälder, friedliche Natur pur. So gesetzt und langsam sich der Fluss dahinwälzt, so gesetzt und langsam ist auch die Gangart des Films "Elbe". Es dauert lange, bis er in die Gänge kommt. Es dauert lange, bis man das komplizierte Spiel der mehrfachen Rückblenden versteht. Es dauert lange, bis man die verschiedenen Schicksale richtig zugeordnet hat. Informationen gibt es nur Häppchenweise, so wie auch die Hauptfiguren Kowsky und vor allen Dingen Gero, sich nur langsam und Häppchenweise mitteilen.

Der stämmige Gero ist der ruhige Fels in der Brandung, der ehrliche Typ, der für alles geradesteht und lange braucht, bis mal ein Lächeln sein meistens mürrisches Gesicht erhellt. Der hibbelige Kowsky ist das Gegenteil: Dürr, immer in Bewegung und immer für einen Betrug bereit. Als er Gero zum Essen einlädt, prellt er ungerührt und raffiniert die Zeche. Als der Gerichtsvollzieher kommt und Geros Boot beschlagnahmen will, hat Kowsky zwar das nötige Geld in der Tasche, rückt es aber natürlich nicht raus, sondern lügt Gero ungerührt an. Als er wegen der Verkäuferin eine Nacht im Freien verbringen muss, bricht er ungerührt in ein Gartenhaus ein und macht es sich da gemütlich. Immerhin legt er am nächsten Morgen 20 Euro neben das eingeschlagene Fenster. Als er merkt, dass die Sache mit Gero und der Verkäuferin was Ernstes zu werden droht, geht er eifersüchtig dazwischen und erfindet ungerührt die Geschichte von dem eiligen Auftrag in Hamburg. Kowsky ist ein unangenehmer Kleinkrimineller, den nur sein Freund Gero vor dem Abrutschen ins richtig kriminelle Milieu bewahrt. Und Kowsky weiß das, deshalb klammert er sich auch so verzweifelt an den Freund, den er eigentlich ständig verscheißert und betrügt. Die beiden sind ein sehr merkwürdiges Paar, aber bei Männerfreundschaften hab ich noch nie so richtig durchgeblickt. So eine Freundin hätte ich schon längst hochkant herausgeworfen. Doch es winkt Erlösung, denn am Schluss des Films "Elbe" wird Kowsky geläutert, was für mich auch etwas unverständlich ist. Wie übrigens der ganze Schluss. Aber den will ich nicht verraten. Ein bisschen Spannung möchte schon sein! Nur so viel noch: die Schauspieler machen ihre Sache sehr gut, aber die Regie ist sehr langatmig. Regisseur Mittelstaedt sollte sich mal überlegen, ob er künftig nicht lieber Naturfilme drehen will.

Fazit
Der Film "Elbe" ist ein wunderschöner Natur-Film über die Elbe im Osten Deutschlands, umgeben von einer Geschichte über eine merkwürdige und sehr tragische Männerfreundschaft, die genauso ruhig und lakonisch dahinplätschert wie der Fluss. Der Verleih hat eine neue Bezeichnung für diese Art von Film gefunden: "Buddy-River-Movie". Wow!
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 60 %


Land: Deutschland
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 92
Genre: Drama
Verleih: Zorro Film
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 24.05.2007

Regie: Marco Mittelstaedt
Drehbuch: Holger Nickel

Schauspieler: Henning Peker (Kowsky) • Tom Jahn (Gero) • Steffi Kühnert (Ulrike) • Gabriela Maria Schmeide (Angelika) • Vilma Fischer (Sarah) • Paul Räuber (Jugendlicher)

Szenenbild: Pierre Brayard
Kostümbild: Margot Redmann
Maskenbild: Margot Redmann
Kamera: Andreas Höfer
Musik: Lars Löhn
Schnitt: Vincent Assmann

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Bild: Zorro Film

1 customer review

befriedigend
24.05.07
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