Geschichtsschreibern unterläuft häufig der Fehler, dass sie Geschichte aus der Sicht des Siegers erzählen. Auch die Sage von den Nibelungen wurde bislang aus zweifelhafter Perspektive erzählt. Dies korrigiert der Film, der das Geschehen aus der Sicht einer liebenden Frau erzählt. Frei nach dem Roman "Hagen von Tronje" von Wolfgang Hohlbein.
Hagen von Tronje trägt das Schicksal eines klassischen Helden. Bereits als Kind wurde er harten Prüfungen unterworfen und zum Diener erzogen, wurde vom letzten noch lebenden Drachen gerettet. Als Erwachsener dient er den Herrschern von Burgund. Aktuell ist das König Gunther. Seine Liebe zu Kriemhild, der Schwester des Königs, ist stark, muss jedoch unerfüllt bleiben, weil der Diener Hagen nicht ihres Standes ist. Eines Tages trifft Siegfried der Drachentöter in Worms ein, wo die Herrscher von Burgund residieren. Siegfried, den sie auch Siegfried von Xanten nennen, hat den Drachen getötet, der einst Hagen das Leben gerettet hat. Außerdem hat Siegfried ein Auge auf Kriemhild geworfen. Beides kann Hagen nicht schmecken – doch er muss es ertragen.
Der schwache König Gunther vertraut Hagen und der hilft ihm, Brünhild im Kampf zu besiegen, damit Gunther die Königin von Island zur Frau nehmen kann. Wohl wissend, dass Siegfried und Brünhild ein Paar waren. Damit hat Hagen seinem Widersacher Siegfried die Frau genommen, weil Siegfried Kriemhild geehelicht hat. Damit nicht genug wird das Königreich Burgund bedroht.
Kritik
Die Ausgangslage von "Hagen – Im Tal der Nibelungen" ist spannend. Leider ist es jedoch so, dass die Handlung wenig Interesse daran zeigt, die Schicksale zu verfolgen und Charaktere zu gestalten. Siegfried ist ein Unruhestifter, tritt wie ein Popstar auf. Jannis Niewöhner ist bemüht, seine Rolle zu füllen. Besser gelingt das Gijs Naber als Hagen von Tronje. Einem Gutteil der restlichen Stars genügt es, in Kostümen aufzutreten. Sie bleiben blasse Personen in einem spannungslosen Spiel um Liebe und Macht, weil sie ihren Rollen wenig Ausdruck verleihen. Beispielsweise nehmen die Hochwohlgeborenen keine königlichen Körperhaltungen ein. Es ist weiterhin so, dass zu viele Sätze nur gesagt und nicht gelebt werden. Damit bleibt das Fantasy-Drama in dieser Hinsicht langweilig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Inszenierung zwischen Alt und Modern springt. Mal agieren und sprechen die Menschen wie Figuren der Zeit, die sie spielen, dann wie Personen der Gegenwart.
Die Handlung nutzt wie erwähnt klassische Versatzstücke, legt darauf jedoch nicht den Fokus. Eifersucht, Intrigen und die Angst vor einem Krieg verpuffen. Die Dramaturgie versucht markant zu sein, indem sie knappe Sätze nutzt und viele Schnitte. In schneller Folge werden Handlungsbröckchen aneinandergereiht. Leider verfolgt die Handlung keinen Handlungsstrang konsequent. Somit ist die Erzählung oberflächlich und nicht spannend. Sie wirft die Frage auf, ob die Dramaturgie von Anfang so geplant war oder der Film im Nachhinein verschnitten wurde. Erklärungen wie zu den oft erwähnten "alten Wesen" fehlen. Letzten Endes bleibt die Frage, was der Film erzählen möchte, offen. Nachtrag: Während des Schreibens der Kritik lag kein Presseheft vor. Dieses sagt aus, dass aus dem Ausgangsmaterial eine sechsteilige "Serie für RTL+" und der Kinofilm entstanden sind. Somit ist denkbar, dass die Serie die am Kinofilm bemängelten Schwachstellen ausbügelt. Nachtrag Ende.
Die Kämpfe entsprechen einer deutschen Produktion und deren Budget. Enttäuschend ist, dass der Kampf gegen den Drachen, den wohl viele erwarten werden, nicht gezeigt wird. Stattdessen nimmt Siegfried mehrfach das Blutbad. Gefallen können das dunkle Szenario, die Kostüme und die Bauten.
Fazit
Der Kritiker ist ein Fan von dunkler Fantasy und im Mittelalter spielenden Geschichten. Es tut gut, alte deutsche Namen zu hören. Leider bleibt die Handlung schleierhaft und ohne Schwerpunkt. Mit großen Vorbildern wie "Game of Thrones" kann diese Produktion nicht mithalten. Schade, denn die Ansätze sind vorhanden.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Laufzeit ca.: 138
Genre: Abenteuer • Action • Drama • Fantasy • Helden • Historie • Kostüm
Verleih: Constantin Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 17.10.2024
Regie: Cyrill Boss • Philipp Stennert
Drehbuch: Cyrill Boss • Philipp Stennert • Doron Wisotzky
Literaturvorlage: Wolfgang Hohlbein
Schauspieler: Gijs Naber (Hagen) • Jannis Niewöhner (Siegfried) • Dominic Marcus Singer (König Gunter) • Lilja van der Zwaag (Kriemhild) • Rosalinde Mynster (Brunhild) • Jördis Triebel (Ute) • Jörg Hartmann (Dankrat) • Béla Gábor Lenz (Gernot) • Alessandro Schuster (Giselher) • Johanna Kolberg (Alberich) • Emma Louise Preisendanz (Damira) • Maria Erwolter (Senua) • Nicolas König (Endres) • Ben Gageik (Wieland) • Karlheinz Schmitt (Fischer) • Dirk Hermann (Berater) • Butz Ulrich Buse (Der Mönch) • Antonije Stankovic (Fischer) • Rosa Zach (Zofe) • Alexander Hanfland (Wache)
Produktion: Jan Ehlert • Christoph Müller • Christian Rohde
Szenenbild: Matthias Müsse
Kostümbild: Pierre-Yves Gayraud
Maskenbild: Jeanette Latzelsberger • Gregor Eckstein
Kamera: Philip Peschlow
Ton: Herbert Verdino • Christian Moritz
Musik: Jacob Shea • Adam Lukas
Schnitt: Alexander Berner • Alexander Dittner
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Bild: Constantin Film