Im Herzen jung

Kinoplakat Im Herzen jung

Das mutige Projekt zeigt die Liebe zwischen einer Frau im Rentenalter und einem jüngeren Mann.

Während einer Nachtschicht im Krankenhaus lernt der Arzt Pierre die Bekannte einer im Sterben liegenden Patientin kennen. Obwohl Pierre verheiratet ist und es ihm auffällt, dass Shauna Jahrzehnte älter ist als er selbst, ist er von der Fremden angetan. Doch nach einem kurzen Gespräch ist die verschwunden. Fünfzehn Jahre später nimmt Pierres Team an einem Kongress in Irland teil. Unter ihnen ist Georges, der ungern allein das Haus besuchen möchte, das ihn an seine Kindheit erinnert. Also reist Pierre mit und steht unvermittelt vor Shauna. Die behauptet, ihn nicht zu kennen. Stimmt das? Beim nächsten Treffen ist Pierre entschlossener. Er will Shauna unbedingt kennenlernen. Die sagt ihm frei heraus, dass sie demnächst einundsiebzig wird. Das schreckt Pierre jedoch nicht ab.

Kritik

Lobenswert an der Idee zum romantischen Drama "Im Herzen jung" ist die Besetzung der weiblichen Hauptrolle mit einer alten Schauspielerin. Fanny Ardant war während der Drehzeit in den Jahren 2020 bis 2021 in etwa so alt, wie die Frau, die sie spielt. Leider fehlte der Produktion der Mut, um den Weg konsequent zu gehen. Auffällig viele Szenen mit Ardant spielen bei schlechten Sichtverhältnissen wie etwa bei sparsamer, künstlicher Beleuchtung oder in der Dämmerung. Um Ardant attraktiver erscheinen zu lassen, wurde Cécile de France unattraktiv gemacht. Sie trägt eine große Brille und eine seltsame Gretel-Frisur. Dasselbe Rezept wurde bei Melvil Poupaud angewandt. Sein Kollege und Freund Georges wird vom wenig attraktiven Sharif Andoura gespielt. Dieser Trick ist nicht neu, fällt unangenehm auf.

Das Drehbuch hat Schwächen, setzt auf bewährte Szenen und Konzepte, die Romantik erinnert an Fernsehfilme. Shauna beobachtet Pierre, wie freundlich er mit dem Hund spielt und die Tierliebe nimmt ihn für sie ein. Ein Spaziergang am Meer im Dämmerlicht ist romantisch. Eine schwarze Enkelin und deren indischer Freund sorgen für Exotik.
Enttäuschenderweise sind die abgegriffenen Ideen handwerklich schlecht umgesetzt. Bleiben wir beim indischen Freund, der hauptsächlich dazu dient, ein wenig indische Musik und eine ungelenke Tanzeinlage einstreuen zu können.
In den Momenten, in denen die Dramaturgie greifen müsste, rutscht sie über Probleme hinweg, hat kein Interesse daran die Beziehungen der Menschen untereinander zu untersuchen. Die Kinder aus Pierres Ehe laufen am Rande mit. Selbst die Ehe von Pierre und Jeanne, die er aufs Spiel setzt, ist nur eine Randerscheinung. Pierre beichtet seiner Ehefrau den Seitensprung. Die antwortet, davon nichts wissen zu wollen und Pierre ebenfalls bereits betrogen zu haben. Das erschüttert Pierre, doch damit ist das Thema zunächst abgearbeitet. Später fragt sie nach seiner Untreue, aber ihre eigenen Seitensprünge sind vergessen. Weiterhin ärgerlich sind die schlecht gewählten Zeitpunkte, um Dinge anzusprechen. So verlaufen einige Annäherungsversuche nicht wie Flirts, sondern abschreckend. Wer hat Lust beim Kennenlernen über den Krebs einer dritten Person zu sprechen? Trotz des Talents, alle Romantik zunichtezumachen, finden Shauna und Pierre einander anziehend, was der Kritiker nicht nachvollziehen kann. Für ihn stimmt die Chemie zwischen den Stars nicht und der Begeisterungsfunke springt nicht über.
Was auch am Spiel von Ardant und Poupaud liegt. Ardant spielt gekünstelt und aufgesetzt, nimmt viele Posen ein, die sie als Schauspielerin wohl schon oft eingenommen hat. Das, was ein Lächeln sein soll, ist ein anschauliches Beispiel. Ihr Verziehen des Mundes wirkt gestellt und kommt zu oft zum Einsatz. Warum sie Poupaud verzaubert, versteht der Kritiker nicht. Laut Regisseurin ist Ardants Shauna eine "strahlende Frau, die auf Zehenspitzen durch ihr Leben geht".
Und auch Melvil Poupaud fehlt es an Ausstrahlung. Er trägt einen Vollbart, der ihm einen selbstbewussten Anstrich verleiht. Trotzdem ist der von ihm verkörperte Pierre unscheinbar. Das verbindende Element zwischen Ardant und Poupaud fehlt dem Kritiker. Ihr Abenteuer besteht darin, den Altersunterschied zu missachten. Und was geben sie einander? Sie brechen nicht gemeinsam aus, erfüllen keinen langgehegten Traum.

In einer Einstellung betrachtet Shauna andere nackte weibliche Körper unterschiedlichen Alters und lächelt mechanisch. Eine Reflexion über das Altern des weiblichen Körpers wird die Szene nicht. Shauna sagt, sie sei in Irland geboren und im Kindesalter nach Frankreich ausgewandert. Das Cottage in Irland ist jedoch nicht wildromantisch, gleiches ist über die Landschaft zu sagen. Wozu also die Komponente einführen? Vor der Verrentung war Shauna eine erfolgreiche Architektin. Was ebenfalls nicht mehr als eine Erwähnung wert ist. Einige holperige Umstände erklärt die Entstehungsgeschichte des Films. Die Idee zum Film und das erste Drehbuch stammen von Sólveig Anspach, die ein Erlebnis ihrer Mutter verarbeitete. Anspach verstarb im Jahr 2015 an Brustkrebs. Was das Vorkommen des Themas und die Szene mit den nackten Brüsten erklärt. Als Hauptrolle war Vanessa Redgrave geplant, was den Bezug zu Irland erklärt. Im überarbeiteten Drehbuch sind wohl Ideen getauscht und Fakten abgeändert worden. Regisseurin Tardieu sagt: "Wir ließen außerdem mehr Licht in den Film." Wodurch unklar ist, ob der Film eine tragische Note durch die vielen dunklen Szenen bekommen soll oder das Gesicht der Hauptdarstellerin kaschieren.

Fazit
Um Missverständnisse zu vermeiden. Ja, der Kritiker ist überzeugt, dass es attraktive Menschen jeden Alters gibt. Was auch eine Frage der Ausstrahlung ist. Leider lassen die Hauptrollen ausgerechnet Ausstrahlung vermissen.
Aus Sicht des Kritikers ist "Im Herzen jung" durchweg belanglos. Ohne die Filme miteinander vergleichen zu wollen. Emma Thompson, die zehn Jahre jünger ist als Fanny Ardant versteckte ihr Gesicht in "Meine Stunden mit Leo" nicht. Im Gegenteil: Gegen Filmende steht Thompson nackt vor dem Spiegel. Das mag das Ego der Schauspielerin gestreichelt haben. Doch darum geht es nicht. Der Kritiker möchte sagen: Die Leinwand gehört nicht nur den Jungen. Und was der eine Mensch als tragische Romantik empfindet, stuft ein anderer Mensch als belanglos ein.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 40 %


Original Filmtitel: Les jeunes amants
Land: BelgienFrankreich
Jahr: 2021
Laufzeit ca.: 112
Genre: DramaRomantik

Verleih: Alamode Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 03.08.2023
Heimkino: 08.12.2023

Regie: Carine Tardieu
Drehbuch: Sólveig Anspach • Raphaële Moussafir • Agnès de Sacy • Carine Tardieu

Schauspieler: Fanny Ardant (Shauna Loszinsky) • Melvil Poupaud (Pierre Escande) • Cécile de France (Jeanne Escande) • Florence Loiret Caille (Cécilia) • Sharif Andoura (Georges) • Sarah Henochsberg (Rosalie Escande) • Martin Laurent (Marcel Escande) • Olenka Ilunga (Adèle) • Manda Touré (Dr. Aïssa Sissoko) • Julia Gómez (Martha Flores) • Corey McKinley (Arbeiter) • Purshoothe Thayala (Kaushik)

Produktion: Fabrice Goldstein • Antoine Rein • Patrick Sobelman
Szenenbild: Jean-Marc Tran Tan Ba
Kostümbild: Isabelle Pannetier
Maskenbild: Jean-Jacques Puchu
Kamera: Elin Kirschfink
Ton: Ivan Dumas
Musik: Eric Slabiak
Schnitt: Christel Dewynter

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Bild: Alamode Film

1 customer review

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02.08.23
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