Der deutsche Titel klingt wie ein Liebesfilm. Was nicht ganz falsch ist und trotzdem gehörig in die Irre führt, denn der Film thematisiert die Frauenbewegung der 1970er Jahre und eine lesbische Beziehung dient mehr der Zugänglichkeit als das sie Schwerpunkt wäre.
Delphine (Izïa Higelin) ist auf dem Land groß geworden und es gewohnt auf dem Bauernhof ihrer Eltern mit anzupacken. Obwohl sie alt genug für eine Beziehung wäre, lehnt sie alle Bewerber ab. Das verwundert ihre Eltern, doch Delphine, die nachts heimlich ihre Freundin trifft, gibt auf die Fragen von Mutter und Vater keine Antwort.
Als sie in Paris auf eine Gruppe Frauenrechtlerinnen trifft, verliebt sie sich in Carole (Cécile de France). Doch dann erleidet ihr Vater einen Schlaganfall und der einzige Weg den Hof zu retten besteht in Delphines Rückkehr. Carole reist ihr nach, doch als das Geheimnis der zwei Frauen publik wird, eskaliert die Situation. Carole wird vom Hof gejagt und Delphine folgt ihr. Doch während der Flucht verlässt sie der Mut.
Kritik
Das Drama von Catherine Corsini macht im Grunde genommen vieles richtig und trotzdem landet das Ergebnis zwischen den Stühlen. Gefällig sind die Bilder und das Zusammenspiel der Hauptdarstellerinnen. Gut getroffen ist das Lokalkolorit. Seine Handlung ist anspruchsvoll, denn sie setzt nicht auf einen klaren Anfang und ein klares Ende, sondern bildet Prozesse ab, die im Finale nicht abgeschlossen sind.
Die Dramaturgie spiegelt das Innere von Delphine wider. Die Hauptdarstellerin ist auch deshalb lesbisch weil sie aufzuzeigen soll, dass lesbische Frauen viel zur Frauenbewegung beitrugen und beitragen. Anstrengend ist, dass Delphine nicht aus dem Quark kommt, weil auch ihre persönliche Entwicklung ein andauernder Prozess ist. Dasselbe gilt nach Ansicht der Filmemacherin auch für die Frauenbewegung. Sie ist ein fortdauernder Prozess. In der Konsequenz bleibt der Film vage.
Eine Zeit lang steht die Frauenbewegung im Mittelpunkt, dann die Frage, ob frau zur eigenen Sexualität steht? Schlussendlich läuft es auf ein für den Zuschauer nur bedingt sehenswertes Unentschieden hinaus, das für Frauen sehenswerter ist als für Männer. Als Mann kann ich herauslesen: Es gibt kein Frauen- und kein Männerrecht; es geht um Menschenrechte und die gelten unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung und Nationalität … Doch so global sieht es der Film nur kurzfristig; dann schwenkt der Fokus wieder zurück. Diese Anmerkung ist bitte als Feststellung und nicht als Kritik zu sehen.
Abgesehen von dem schwierigen Kernthema sind die Dialoge in der gesehenen, französischen Originalfassung unangenehm gestelzt. Sie drücken zwar aus, was Menschen in den gezeigten Situationen fühlen - jedoch in einer Kunstsprache. Deshalb wollen die Bilder und sein Naturalismus wenig zum Sprachstil passen, denn im Alltag und insbesondere auf dem Land redet wohl niemand wie auf der Theaterbühne?! Die deutsche Synchronisation kann ich nicht beurteilen. Die DarstellerInnen spielen gefällig; wobei die viele Nacktheit und das übertriebene Rauchen grundsätzlich in die Zeit passen - aufgrund der Übertreibung jedoch eher gut gemeint als gut umgesetzt sind.
Fazit
"La Belle Saison - Eine Sommerliebe" ist verkopftes Kino. Es befriedigt als Drama nicht und bietet als Dokumentarfilm zu wenige Fakten. Die Entscheidung Prozesse abzubilden macht es sehr spezifisch und die Frage lautet, was bietet es dem Publikum?
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Land: Belgien • Frankreich
Jahr: 2015
Laufzeit ca.: 105
Genre: Drama • LGBT • Romantik
Verleih: Alamode Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 05.05.2016
Heimkino: 07.10.2016
Regie: Catherine Corsini
Drehbuch: Catherine Corsini • Laurette Polmanss
Schauspieler: Cécile de France (Carole) • Izïa Higelin (Delphine Benchiessa) • Noémie Lvovsky (Monique Benchiessa) • Jean-Henri Compère (Maurice Benchiessa) • Loulou Hanssen (Françoise) • Kévin Azaïs (Antoine) • Benjamin Bellecour (Manuel) • Laetitia Dosch (Adeline) • Sarah Suco (Fabienne) • Calypso Valois (Charlotte) • Nathalie Beder (Marie-Laure) • Bruno Podalydès (Chambard)
Produktion: Elisabeth Perez
Szenenbild: Anna Falguères
Kostümbild: Jürgen Dœring
Maskenbild: Sylvia Carissoli
Kamera: Jeanne Lapoirie
Ton: Olivier Mauvezin • Benoît Hillebrant • Thomas Gauder
Musik: Grégoire Hetzel
Schnitt: Frédéric Baillehaiche
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Bild: Alamode Film