Monsieur Lazhar

Kinoplakat Monsieur Lazhar

Programmkino der eigenwilligen Art. Ein schwieriges Thema aufzuzeigen ohne eine Lösung zu wissen, ist mutig und auch stimmig. Die Frage lautet: wer das sehen will? Zumal das Thema besonders schwer verdaubar ist, weil es um traumatisierte Kinder geht.

Ein Trauma zu verarbeiten stellt Menschen vor eine Herausforderung. Insbesondere dann, wenn Kinder betroffen sind, deren Eltern nicht mit der Situation umzugehen wissen. Für die Kinder der sechsten Klasse an einer Montrealer Schule scheint es ganz normaler Schultag zu werden. Doch dann sieht Simon (Émilien Néron) durch die Scheibe der Klassenzimmertür, dass sich die Lehrerin im Zimmer erhängt hat. Für ihn und seine Mitschüler ein Schock, den die Eltern und Bezugspersonen noch verschlimmern, weil sie die Kinder hilflos alleine lassen. Es steht der Ruf der Schule auf dem Spiel. Oder man ist einfach mit der Situation überfordert.

Erst der neue Lehrer Bachir Lazhar (Mohamed Fellag) bringt Bewegung in die Sache. Zunächst unfreiwillig, weil der aus Algerien stammende Lazhar die Gepflogenheiten des Landes nicht kennt. So gibt er einem Schüler eine Kopfnuss oder nimmt ein Kind in die Arme. Beides ist in an einer kanadischen Schule undenkbar. Doch auf die Dauer ist es ausgerechnet die andere Art, die den Kindern hilft, das Trauma zu verarbeiten.

Kritik

"Monsieur Lazhar" ist eine ganz eigene Nummer. Nicht nur, weil er ein schwieriges Thema anfasst, sondern auch hinsichtlich der Machart. Der Film setzt an einem Schultag ein und endet an einem anderen. Auf klassische Elemente wie Einleitung, Höhepunkt und Ausleitung wird weitgehend verzichtet. Es ist eine herausgegriffene Zeitspanne, die am Ende offen zeigt, dass sie keine Antwort weiß. Es bleibt dabei ein Thema aufzuzeigen, ohne Lösungsansätze. Das ist erstaunlich ehrlich und rund umgesetzt und doch auch fragwürdig, denn wem nutzt das reine Aufzeigen?

Die Thematik dominiert den Film auch technisch. Eine gute Stunde lang sind die Farben fahl. Die Handlung ist ein gleichförmiges Kammerspiel ohne dramatischen Höhepunkt. Erst mit dem allmählichen Verarbeiten der Traumata werden die Farben freundlicher und das offene Ende beendet den Film ohne ihn abzuschließen. Es bleibt eine episodische Bestandsaufnahme.

Ich kann jetzt nur für mich sprechen. Was in der Kurzbeschreibung des Verleihs wie ein Feelgood-Film klingt, schlägt mir ziemlich auf den Magen und ich gehe mit einem schlechten Gefühl aus dem Kino. Somit kommt es zu der eigenartigen Situation, dass ich sagen muss: Der Film ist gut gespielt, technisch gut gemacht und trotzdem weiß ich nicht, wem ich raten soll ins Kino zu gehen.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Original Filmtitel:
Land: Kanada
Jahr: 2011
Laufzeit ca.: 94
Genre: Spielfilm
Verleih: Arsenal Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 12.04.2012
Heimkino: 12.10.2012

Regie: Philippe Falardeau
Drehbuch: Philippe Falardeau • Evelyne de la Chenelière

Schauspieler: Fellag (Bachir Lazhar) • Sophie Nélisse (Alice L'Écuyer) • Émilien Néron (Simon) • Marie-Ève Beauregard (Marie-Frédérique) • Vincent Millard (Victor) • Seddik Benslimane (Abdelmalek) • Louis-David Leblanc (Boris) • Gabriel Verdier (Jordan) • Marianne Soucy-Lord (Shanel) • Danielle Proulx (Madame Vaillancourt) • Brigitte Poupart (Claire) • Jules Philip (Gaston)

Produktion: Luc Déry • Kim McCraw
Szenenbild: Emmanuel Fréchette
Kostümbild: Francesca Chamberland
Maskenbild: Katryn Casault
Kamera: Ronald Plante
Ton: Pierre Bertrand • Mathieu Beaudin • Sylvain Bellemare • Bernard Gariépy Strobl
Musik: Martin Léon
Schnitt: Stéphane Lafleur

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Bild: Columbia TriStar Film

1 customer review

gut
12.04.12
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