One Battle after another

Kinoplakat One Battle after another

Aus eigener Erfahrung kann der Kritiker sagen, dass viele von denen, die in der Schule rebellisch waren, später ein gutbürgerliches Leben führten. Leonardo DiCaprio und Teyana Taylor bilden da nur bedingt eine Ausnahme.

Bob und Perfidia sind ein Paar auf der Überholspur. Als Teil der Widerstandsgruppe "French 75" sind sie gegen das System und treten den Mächtigen gehörig in den Arsch. Bei einem der Einsätze begegnet Perfidia Colonel Steven J. Lockjaw. Überraschung: Der Colonel unterwirft sich gerne – insbesondere schwarzen Frauen. Seine Prophezeiung, dass die zwei einander bald wieder begegnen werden, tut Perfidia ab. Doch der alte Knochen soll recht behalten.

Zunächst beschäftigt das junge Paar Anderes. Perfidia ist schwanger und bringt eine Tochter zur Welt. Daraufhin geht Bob vollkommen in der Vaterrolle auf und pfeift auf den Widerstand, während Perfidia sich nicht länger als Frau wahrgenommen fühlt und vernachlässigt. Die Beziehung droht zu scheitern. Bald darauf muss Bob allein mit dem Baby fliehen und beginnt ein neues Leben. Fünfzehn Jahre später ist Tochter Willa zu einem Teenager herangewachsen und zeigt, welche Gene sie in sich trägt: Sie hat das rebellische Talent ihrer Mutter geerbt. Dem Colonel wird die Beförderung seines Lebens angeboten. Ausgerechnet jetzt kommt ein dunkler Punkt seiner Vergangenheit ans Tageslicht.

Kritik

"One Battle after another" ist in erster Linie eine Tragödie mit Spuren von Humor und Gesellschaftskritik. Zu Filmbeginn sind die Witze noch rar gesetzt, teils sehr derb. Da gibt Perfidia dem Colonel die Pistole zurück. Steckt sie jedoch nicht ins Holster, sondern dorthin, wo es wehtut. Später sind Rebellen Bilderbuch-Bürokraten. Der Colonel ist derart überzeichnet, dass er zur Witzfigur wird. Schade, denn eine ernsthaftere Darstellung der Figur verliehe dem Drama mehr Möglichkeiten. Wie ihn in das Spannungsfeld zwischen Vatergefühlen und Machtgier zu stellen.

Im Handlungsstrang Tragödie kommt der Held mit dem Leben davon und zahlt einen hohen Preis dafür. Die Lebenswege des rebellischen Paares und des Colonels hat eine böse Laune der Schicksalsgöttinnen miteinander verwoben. Das ist in der Auflösung solide gelöst, komplex ist die Handlung jedoch nicht. Zudem erklärt sie Zusammenhänge im Klartext. Sie übt wiederholt (ätzende) Kritik am System und der Gesellschaft, prangert die Übermacht der Weißen und die Ohnmacht der Schwarzen an. Das Militär schiebt Gründe vor und übertritt anschließend das Gesetz. Es gibt Kreise, die nach eigener Definition über Recht und Gesetz stehen. Menschen wie mexikanische Einwanderer werden unterdrückt und ausgebeutet. Der Native American arbeitet als Kopfgeldjäger und erledigt die Drecksarbeit für die Weißen. Alles in allem kein ungewöhnliches Bild für die Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Spannungskurve bleibt flach, ein Hinterfragen der Figuren fehlt. Ebenso ein In-Bezug-Setzen der Menschen und ihrer Handlungen zur Gesellschaft. Weder lösen die Revolutionäre noch die Geheimgesellschaft etwas aus. Schade, angesichts der Lauflänge von 162 Minuten. Denkbarer Biss fehlt.

Die Schauspielerinnen und Schauspieler arbeiten gut. Leonardo DiCaprios Bob ist anfangs ein Schisshase und später ein heruntergekommener Kiffer. Es bedarf eines ordentlichen Tritts in den Hintern, ehe Bob sich aufschwingt. DiCaprio stellt das sehenswert dar. Teyana Taylor als Perfidia spielt eine Mischung aus Sexbombe und Revolutionärin, der die Schwangerschaft in die Quere kommt. Sean Penn ist als Colonel Steven J. Lockjaw zu sehen. Sein Spiel hätte der Regisseur gerne dämpfen dürfen. Ob die unbewussten Mundbewegungen der überspannten Figur bewusst gespielt sind? Insgesamt sind die auftretenden Figuren bewusst überzogen dargestellt.

Die sehenswerte Kameraarbeit, wechselt zwischen Hektik und Ruhe ab. Fängt etwa bei der Verfolgungsjagd nahe der Grenze imposante Bilder ein. Allerdings steht die Achterbahnfahrt auch für die Marotte des Films, die Szenen zu überziehen. Im angesprochenen Fall geht es minutenlang bergauf und bergab. In anderen Momenten telefoniert Leonardo DiCaprio als Bob derart lange und führt ein sich inhaltlich wiederholendes Telefonat, bis auch der Letzte im Kino gelacht hat und der Witz totgeritten ist. In der Summe ergeben die vielen Füll- und überlangen Szenen eine Lauflänge, bei der das Verhältnis von Plot und Lauflänge nicht ausgewogen ist. Anstelle einer Laufzeit von 162 Minuten wäre eine Fassung um die 90 Minuten wohl knackiger ausgefallen.

Die Filmmusik ist ausgefallen und stellt bisweilen eine Belastung des Gehörganges dar.

Fazit
Beim Sehen kommt dem Kritiker eine Frage in den Sinn: Kämpfen Menschen gegen das System – oder (wenn sie ehrlich wären) gegen sich selbst? Diese Frage wirft das Drama nicht auf und sie soll nicht ausgesponnen werden. "One Battle after another" ist kein schlechter Film, auch keiner mit Schwächen. Vielmehr trägt er die eigenwillige Handschrift von Paul Thomas Anderson (Drehbuch und Regie).
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Land: USA
Jahr: 2025
Laufzeit ca.: 162
Genre: ActionDramaKomödie

Verleih: Warner Bros.
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 25.09.2025

Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson

Schauspieler: Teyana Taylor (Perfidia) • Leonardo DiCaprio (Bob) • Regina Hall (Deandra) • Wood Harris (Laredo) • Alana Haim (Mae West) • Shayna McHayle (Junglepussy) • Paul Grimstad (Sommerville) • Dijon (Talleyrand) • Brooklyn Demme (Sober Rick) • Sachi Diserafino (R.A. Rippey) • Melissa Dueñas (Sylvia) • Sean Penn (Colonel Steven J. Lockjaw)

Produktion: Paul Thomas Anderson • Sara Murphy • Adam Somner
Szenenbild: Florencia Martin
Kostümbild: Colleen Atwood
Maskenbild: Prell Charusanti • Gina Marie DeAngelis • Ahou Mofid • Sacha Quarles • Danny Robles • Lindsay T. Rogers • Heba Thorisdottir
Kamera: Michael Bauman
Musik: Jonny Greenwood
Schnitt: Andy Jurgensen

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Bild: Warner Bros.

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