Trauzeugen

Kinoplakat Trauzeugen

Anwalt Jakob ist auf Scheidungen spezialisiert. Marie ist Paartherapeutin und das ziemliche Gegenteil von Jakob. Die zwei würden wahrscheinlich nie miteinander arbeiten, hätten sie nicht gemeinsame Freunde, die dringend Hilfe benötigen. Weil die hochschwangere Ruth und Tobi mit dem gebrochenen Bein in wenigen Tagen heiraten wollen, muss das ungleiche Paar die letzten Hochzeits-Vorbereitungen treffen. Selbstverständlich kommen sie einander dabei näher.

Kritik

Ein Rezept für Komödien lautet, Gegensätze aufeinander loszulassen. Wie in "… und dann kam Polly". Jennifer Aniston spielt einen Freigeist und treibt damit den pedantischen Ben Stiller in den Wahnsinn. Bei amerikanischen Komödien hat die deutsche Produktion abgeschaut, versucht Frankfurt wie New York aussehen zu lassen und ist bemüht, im Ansatz etwas Ähnliches zu zeigen wie in der erwähnten Komödie. Die Gegensätze lauten in der deutschen Produktion: Jakob sorgt dafür, dass Beziehungen enden und Marie ist bemüht, Beziehungen zu verlängern. Das spielt jedoch für die Handlung nur eine untergeordnete Rolle. Marie und Jakob sind zwar Pendants, doch der Film versucht nur bedingt Komik daraus zu ziehen. Im Schwerpunkt soll das Publikum lachen können, weil ihnen urkomische Dinge widerfahren. Das könnte mit einem starken Drehbuch gelingen.
Aber: Dem Drehbuch von "Trauzeugen" fehlt die Ausarbeitung. Die Figuren leiden unter einer mangelnden Zeichnung. Jakob lebt in einem Designer-Loft mit Beton und kalten Farben. Er bevorzugt zugeknöpfte Anzüge und er ist kein Rechtsanwalt, der stets weiß, gegen welchen Paragrafen gerade verstoßen wird, eher ist er das, was vor einigen Jahren ein Yuppie war. Marie bewohnt ein behagliches Zuhause und öffnet gerne ihre Haare. Sie ist die untypischste Therapeutin, die der Kritiker je kennengelernt hat. Durch den Zivildienst in einer Suchtklinik maßt er sich an, das einschätzen zu können.

Jakob ist zunächst zwischen seiner Karriere und der Pflicht hin- und hergerissen. Allerdings auch nur, weil er mit der Nase darauf gestoßen wird, dass sein leichtsinniger Freund Hilfe benötigt. Darum kümmert sich nicht der Freund, sondern Marie. Die übernimmt die Hochzeitsplanung und zieht Jakob mit. Das Brautpaar hat damit Pause. Die fleißige Freundin und der geplagte Freund haben Berufe, die ihnen überraschend viel Zeit lassen für andere Dinge. Und selbst Arbeiten, die besser Fachleute übernähmen, etwa eine alte Scheune zu entrümpeln, übernimmt das Paar. Das ist notwendig, damit Marie und Jakob einander näherkommen. Das geht nicht ohne jede Menge Reibung ab – die unkomisch verläuft.

Edin Hasanovic als Jakob bietet neben gespielter auch körperliche Komik mit Tanzeinlagen und Slapstick. Cristina do Rego als Ruth tritt trotz des riesigen Bauches nicht wie eine schwangere Frau auf. Iris Berben als Frau Dr. Kober stellt in wenigen Szenen die Grenzen ihres Könnens klar dar. Leider ist keine der Rollen in der Lage, gegen die Schwächen von Drehbuch und Regie anspielen. Der Humor ist albern, überdreht und versucht die Szenen auf die Spitze zu treiben. So jagt Jakob eine entflohene Taube, während am Boden ein Mops knurrt. Nun wäre es ein Leichtes, die Taube einfach eine Taube sein zulassen, die in sicherer Höhe sitzt. Nach viel Gestolper, landet die Taube am Boden und wird gefressen. Die Szene ist vorhersehbar, nicht lustig und die Übertreibung dämlich, weil Marie Jakob vorwirft, dass die Taube einen Namen hatte (Agathe) und einen Beruf. Worin der Unterschied besteht zu einer Taube, die nur Hausfrau und Mutter ist, weiß der Kuckuck. Es wird sich nicht jeder und jedem erschließen, warum es lustig ist, wenn Menschen auf einem Bauernhof heiraten, auf dem Eber kastriert werden. Und weil Ruth aus der Gegend stammt, sind das sozusagen Ruths Roots. Ähnliches gilt für die Idee mit der Pyrotechnik. Bereits in dem Moment, in dem Jakob sagt, er fände Pyrotechnik bei der Hochzeitsfeier toll, weiß das Publikum, wie die Hochzeit enden wird. Selbiges gilt auch für die Idee, dass Jakob die Scheidung der Inhaberin der Kanzlei übernimmt. Frau Doktor ist, damit auch dieses Thema erschlagen wird, lesbisch und der Untreue angeklagt. Das Konsum-Verhalten hinsichtlich Escortservices von Frau Doktor wäre bei Herrn Doktor wenig erstaunlich, aber mit der Ausarbeitung hat es das Drehbuch nicht so genau genommen. Leider fehlt auch eine halbwegs glaubwürdige Darstellung, was die im Ansatz sympathische Marie an Jakob findet.

Fazit
Der Komödie "Trauzeugen" fehlt es an Ausarbeitung. Die Witze sind in der Mehrzahl ausgesprochen albern – teils auch unfreiwillig.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 40 %


Land: Deutschland
Jahr: 2023
Laufzeit ca.: 100
Genre: Komödie

Verleih: Paramount Pictures
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 14.09.2023

Regie: Finn Christoph Stroeks • Lena May Graf
Drehbuch: Finn Christoph Stroeks

Schauspieler: Edin Hasanović (Jakob Lohmann) • Almila Bagriacik (Marie) • Cristina do Rego (Ruth) • László Branko Breiding (Tobi Engel) • Iris Berben (Dr. Kober) • Nilam Farooq (Astrid) • Luise Schnittert (Johanna) • Thomas Bartling (Anwalt) • Sarina Radomski (Paula) • Stefan Wendel (Anwalt Limmer) • Henriette Gonnermann (Ruths Großmutter) • Torsten Michaelis (Johann) • Sinha Melina Gierke (Juliette) • Adél Onodi (Kellnerin) • Kathrin Angerer (Larissa) • Marlene-Sophie Haagen (Polizistin) • Bärbel Schwarz (Rechtsanwältin) • Aurel Mertz (Sanitäter) • Kurt Krömer (Heinke) • Fridolin Sandmeyer (Anwalt) • Fatoni (Trauredner)

Produktion: Daniel Sonnabend • Patrick Zorer • Dan Maag
Szenenbild: Gabriella Ausonio
Kostümbild: Teresa Grosser
Maskenbild: Julia Böhm • Lena Brendle
Kamera: Martin Schlecht
Ton: Petra Gregorzewski
Musik: Andrej Melita • Helmut Zerlett
Schnitt: Florian Leitl • Martin Wolf

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Bild: Paramount Pictures

1 customer review

Ausreichend
13.09.23
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