Zusammen ist man weniger allein

Kinoplakat Zusammen ist man weniger allein

Vier Menschen bilden freiwillig eine therapeutische Wohngemeinschaft. Was laut Verleih eine Komödie sein soll, ist ein Drama.

Camille (Audrey Tautou) ist jung und verweigert sich allem, was gutbürgerlich anmutet. Statt ihr Talent als Zeichnerin zu leben, arbeitet sie lieber als Putzfrau. Sie liegt mit ihrer Mutter im Dauerstreit - nicht zuletzt, weil sie magersüchtig ist. Als sie eines Abends den schüchternen Stotterer Philibert (Laurent Stocker) trifft, sieht sie die Chance gekommen ihrer Einsamkeit zu entfliehen. Sie lädt ihn in ihre armselige Behausung unterm Dach ein und die Zwei picknicken auf dem Fußboden. Philibert ist von der jungen Frau derartig angetan, dass er ihr gesteht, gar kein Historiker zu sein, sondern in einem Andenkenladen Postkarten zu verkaufen. Camille gibt daraufhin zu, nicht im Büro zu arbeiten, sondern dort zu putzen. Ein Silberstreif am Horizont.

Doch kaum ist Philibert in seine große Wohnung zurückgekehrt, ist alles beim Alten. Freund und Mitbewohner Franck (Guillaume Canet) benimmt sich wie die Axt im Wald. Sein Lebensinhalt besteht darin, zu rauchen, Frauen zu gebrauchen und ab und an (offensichtlich gequält) seine Großmutter zu besuchen. Den Lebensunterhalt verdient er als Koch, doch ist wenig darüber begeistert, dass er extreme Schichten arbeiten muss. Augenblicklich fühlt sich Franck von Philibert beim Schäferstündchen gestört, als der Stotterer den Picknickkorb mit dem kostbaren Familienporzellan fallen lässt und lauthals jammert.
Dauerhaft in seiner Lebensqualität beeinträchtigt fühlt sich Franck, als Philibert wenige Tage später die stark fiebernde Camille in der Wohnung einquartiert und sie pflegt. Franck hält das ausgemergelte Etwas für einen Homo und lässt deshalb seiner Abneigung freien Lauf. Doch sobald Camille wieder bei Kräften ist, beginnt sie sich gegen den rücksichtslosen Franck zur Wehr zu setzen. Was der ungehobelte Mann zunächst als Störung seiner Gewohnheiten empfindet, entpuppt sich als homöopathisches Mittel, denn Camille zahlt es ihm mit gleicher Münze heim.

Franck wiederum, der sich in die zwar erschreckend ausgehungerte, aber eigentlich hübsche Frau verliebt, muss miterleben, dass sie auf Sex ohne Gefühl besteht - was bislang seine Spezialität war. Camille wiederum erfährt echte Fürsorge und es gelingt ihr, einige der Schutzmechanismen abzulegen. Nicht ganz unschuldig an dieser Wende ist auch Francks Großmutter Paulette (Françoise Bertin), die nach einem Sturz und einem kurzen Aufenthalt im Altersheim nun ebenfalls in der großzügigen Altbauwohnung residiert. Doch die eigenwillige Wohngemeinschaft ist nur von kurzer Dauer, denn Philibert hatte nur vorübergehendes Wohnrecht und so zerfällt die Idylle schneller als geplant.

Kritik

"Zusammen ist man weniger allein" fasst heiße Eisen an. Die Sehnsucht nach Liebe trägt wohl jeder Mensch in sich und sie kommt im Film auch zum Ausdruck. Weitere Themen sind  Beziehungs-Unfähigkeit und Probleme der Kommunikation. Das ergibt eine Tragikomödie, denn bis zur Schlusssequenz, die wirklich schwungvoll und leichtfüßig daherkommt, ist die Handlung hauptsächlich getragen und problembehaftet.
Was mich stört sind die fehlenden Erklärungen. Camille ist magersüchtig, raucht und trinkt gerne, liegt mit ihrer Mutter im Dauerstreit. Doch wie es dazu kam, wird nicht erklärt. Ebenso bleibt das Verhältnis von Franck und seiner Großmutter völlig im Dunkel. Franck wurde von der alten Frau anstelle der leiblichen Mutter erzogen. Für beide ist diese ein Schreckgespenst - das jedoch selbst nie in Erscheinung tritt. Der Zuschauer erfährt auch in diesem Fall nicht, was eigentlich vorgefallen ist. Franck ist ein unbeherrschter Wüterich und seine Großmutter eine verbitterte alte Frau, die nur ihre Nachbarin und Franck duldet. Weshalb sind diese Menschen so?
Hinzu kommen die Ungereimtheiten. Wer hat sich während der Abwesenheit der Großmutter um das Haus und die Tiere gekümmert? Die Nachbarin sagt doch ausdrücklich, dass sie es nicht kann. Wieso wird betont, dass der Logopäde nach einer eigenen Therapieform mit Musik arbeitet, wenn während Philiberts Sitzungen nie Musik zu hören ist? Nur einige Beispiele für fehlende Begründungen und Logikfehler.

Nicht zuletzt überzeugen mich die schauspielerischen Leistungen nur bedingt. Audrey Tautou gibt zum wiederholten Male die rehäugige Frau, die keine Emotionen transportieren möchte. An ihrer Seite machen die Kollegen und Kolleginnen nur bedingt einen besseren Eindruck, denn Regisseur Claude Berri setzt auch bei den restlichen Darstellern weniger auf die Darstellung von Emotionen als auf Dauerreden. Und so hinterlässt "Zusammen ist man weniger allein" den seltsamen Eindruck, dass insgesamt zu viel geredet wird, während in entscheidenden Momenten Musik den Menschen das Wort abschneidet.

Fazit
Den gleichnamigen Bestseller von Anna Cavalda habe ich nicht gelesen und kann deshalb Roman und Film nicht miteinander vergleichen.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Original Filmtitel: Ensemble, c'est tout
Land: Frankreich
Jahr: 2007
Laufzeit ca.: 97
Genre: DramaRomantikTragikomödie
Verleih: Prokino
FSK-Freigabe ab: 0 Jahren

Kinostart: 16.08.2007
Heimkino: 28.02.2008

Regie: Claude Berri
Drehbuch: Claude Berri
Literaturvorlage: Anna Cavalda

Schauspieler: Audrey Tautou (Camille) • Guillaume Canet (Franck) • Laurent Stocker (Philibert) • Françoise Bertin (Paulette) • Alain Sachs (Arzt) • Firmine Richard (Mamadou) • Béatrice Michel (Carine) • Kahena Saighi (Samia) • Hélène Surgère (Yvonne) • Alain Stern (Chef) • Halima Guizani (Krankenschwester)

Produktion: Claude Berri
Szenenbild: Laurent Oot • Hoang Thanh At
Kostümbild: Sylvie Gautrelet
Maskenbild: Nathalie Kovalski
Kamera: Agnès Godard
Ton: Pierre Gamet • Nadine Muse • Gérard Lamps
Musik: Frédéric Botton
Schnitt: François Gédigier

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Bild: Prokino



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