Zwischen Welten

Kinoplakat Zwischen Welten

Die Bestandsaufnahme des Lebens in Afghanistan nach dem Rückzug der Taliban und ein Aufruf zu Völkerverständigung ist forderndes Programmkino. In dessen Mittelpunkt steht die Freundschaft zwischen einem afghanischen Dolmetscher und dem deutschen Bundeswehrsoldaten Jesper.

Jesper (Ronald Zehrfeld) tritt zum zweiten Mal den Einsatz in Afghanistan an; wohl wissend, wie schwierig die Lage dort ist. Und mit dem Hintergedanken, dass sein Bruder beim Einsatz in Afghanistan ums Leben kam. Sein Auftrag besteht darin, mit einer Handvoll Männer ein kleines Dorf zu schützen und dafür zu sorgen, dass eine Straße gebaut werden kann. Doch die Deutschen sind nicht nur willkommen. Einige sehen sie als Besatzer, andere als Feinde an. Zwischen den Fronten agiert der afghanische Dolmetscher Tarik (Mosin Ahmady). Einige seiner Landsleute sehen ihn und seine Schwester darum als Kollaborateure an. Den gesichtslosen Angreifern fiel bereits der Vater zum Opfer und jetzt bedrohen sie die Geschwister.

Kritik

Der Film "Zwischen Welten" steckt seine eigenen Ansprüche hoch. Er will eine Momentaufnahme davon sein, wie schwierig es ist in einem vom weltlichen sowie vom Glaubenskrieg zerrütteten Land zu leben. Er zeigt die Probleme auf, die entstehen, wenn Menschen mit den Folgen eines Krieges leben müssen und zu etwas Neuem aufbrechen. Wobei nicht alle an den Aufbruch glauben und ihn auch nicht alle wollen. So sträuben sich einige dagegen die Rolle der Frau in der Gesellschaft neu zu definieren.

Hilfe von außen ist nicht immer nur hilfreich. Und es reicht nicht aus, mit guten Absichten in ein fremdes Land zu gehen. Denn dort gibt es bereits eine gewachsene Kultur; die vielleicht Hilfe braucht, aber keine Besserwisser. Deshalb werden die Deutschen nicht ausschließlich mit offenen Armen empfangen. Außerdem treten sie in vermeidbare Fettnäpfchen. Einige davon versucht Dolmetscher Tarik auszubügeln, indem er sinngemäß und Sinn erhaltend übersetzt. Mit der Zeit kommen sich der verzweifelte Afghane und der schweigsame Deutsche näher. Einer ihrer Anknüpfungspunkte ist, dass sie beide trauern. Doch die schwierige Lage lässt wenig Raum für eine Freundschaft.

Schwierige Themen zugänglich aufzubereiten ist nicht einfach. "Zwischen Welten" macht es dem Zuschauer aufgrund der gewählten Stilmittel allerdings schwerer, als er es müsste. So ist die Handlung sehr kopflastig umgesetzt. Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass manchmal Schweigen mehr sagt als Worte, doch der Film überstrapaziert dieses Stilmittel, indem das Meiste nicht gesagt wird, sondern zwischen den Zeilen herausgelesen werden muss oder aus Gesten erkannt. Da sitzen die zwei Männer abends beisammen, nachdem Tarik erbrechen musste. Jesper reicht ihm eine Flasche Wasser und betupft ihm die Stirn mit einem nassen Schal. Das habe zuletzt sein Vater für ihn getan, gibt Tarik an. Es folgt Schweigen. Es liegt eine homoerotische Spannung in der Luft. Doch darauf will der Film weniger hinaus, als auf die Aussage, dass der eine den anderen als Vaterersatz sieht; während der im Jüngeren einen Bruderersatz findet. Wie gesagt das ist meine Deutung, denn Klartext spricht der Film selten.
Leider betrifft das auch weitere Themen. So ist Tarik außerdem Lehrer und die Kinder fragen nach Unterricht. Das deutet die Problematiken bei der Schulbildung an. Tariks Schwester wird angefeindet, weil sie studiert. Weiterhin trägt sie auf der Straße eine Burka und in geschlossenen Räumen ein Kopftuch. Eine Vertiefung ihrer Problematiken geschieht jedoch nicht.

Die Sparsamkeit betrifft auch die Personen, weil der Ausbau der Figuren nur im Ansatz geschieht. Von der tragenden Rolle erfahre ich fast nichts. Er treibt Sport, raucht und hat seinen Bruder verloren. Keine Familie oder Beziehung. Wenn ich mich recht entsinne. Von seinen Kameraden gibt der Film teils nicht mehr als den Namen preis. Das führt dazu, dass ich mit ihnen nicht mitfühle, weil der Film sie mir nicht nahebringt.

Besser als Ausbau der Figuren gefällt mir die Kameraführung; sie fängt die staubige und teils offen feindliche Atmosphäre gut ein. Der Gebrauch einer wackeligen Handkamera ist sinnvoll - wenngleich die Szenen anstrengen. Der Schnitt arbeitet in einigen Szenen zu abgehackt.

Fazit
"Zwischen Welten" geht mit großem Engagement sein Thema an, setzt es wie aus dem Lehrbuch um und hält mich als Zuschauer auf Distanz. Sein Kernproblem ist die Überfrachtung. Kein Thema ist befriedigend ausgebaut. Die Hauptrolle kämpft innerlich, ist Freund, Beschützer, Vaterfigur, Diplomat und Botschafter in einer Person.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 40 %


Land: Deutschland
Jahr: 2014
Laufzeit ca.: 98
Genre: DramaKrieg
Verleih: Majestic Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 27.03.2014
Heimkino: 02.10.2014

Regie: Feo Aladag
Drehbuch: Feo Aladag • Judith Kaufmann • Matthias Kock

Schauspieler: Ronald Zehrfeld (Hauptmann Jesper Rubin) • Mohsin Ahmady (Tarik Rahimi) • Saida Barmaki (Nala) • Salam Yousefzai (Haroon) • Burghart Klaußner (Oberst Haar) • Felix Kramer (Oliver Kremmer) • Pit Bukowski (Teckl) • Tobias Schönenberg (Petze) • Roman Rien (Sepp) • Abdul Sabor Rasooly (Zia Khan) • Sher Aqa (Malik Habib) • Ali Reza (Fela)

Produktion: Feo Aladag
Szenenbild: Silke Buhr
Kostümbild: Gabriela Reumer
Maskenbild: Paula Leupold
Kamera: Judith Kaufmann
Musik: Jan A. P. Kaczmarek
Schnitt: Andrea Mertens

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Bild: Majestic Filmverleih

1 customer review

ausreichend
27.03.14
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