Dem Himmel so fern

Kinoplakat Dem Himmel so fern

In diesem Melodram zerbricht die Ehe der Whitakers in buntem Technicolor. Cathy Whitaker (Julianne Moore) ist augenscheinlich eine glückliche Frau. Ihre Ehe ist vorbildlich; gemeinsam mit ihrem Mann lächelt sie von Werbeplakaten herab, wirbt somit für Produkte der Firma, in der ihr Mann arbeitet. Zeitschriften machen Home-Storys über die Vorzeigefamilie.

Auf den zweiten Blick ist Cathy erstarrt. Sie ist eine Figur, die ihre festgelegte Rolle in einem Spiel mit grausamen Regeln spielt. Als Cathy die ungeschriebenen Regeln verletzt, wendet sich sogar ihre beste Freundin von ihr ab. Eine amerikanische Frau darf sich um den Haushalt kümmern und die Kinder erziehen, doch eine Frau darf keine Sehnsüchte oder sexuellen Wünsche empfinden, geschweige denn andeuten oder äußern.
Nach Außen ist Cathy die treu sorgende Ehefrau und Mutter. Sie führt ein strenges Regiment und ihre Kinder blicken stolz zu ihr auf. Ihrem Ehemann hält sie den Rücken frei und bestärkt ihn wo sie nur kann. Ihre Sorgen bestehen darin, sich Gedanken über die Verlässlichkeit des Partyservices zu machen und die Ballettstunden ihrer Tochter zu organisieren. Der Film bestärkt diese Sichtweise, indem seine Figuren sich durch knallbuntes Herbstlaub bewegen und stets in Technicolor dargestellt werden. Amerika wie es Ende der 1950er Jahre nicht idyllischer und zugleich auch nicht verlogener sein kann.

Cathys Weltbild bekommt Risse, als sie eines Abends ihrem Mann das Abendessen ins Büro bringt. Ihr Götter-Gatte Frank (Dennis Quaid) knutscht heimlich im Büro - mit einem anderen Mann. Cathy ist geschockt, geleitet Frank aber verständnisvoll zum Arzt, weil der verspricht sich heilen zu lassen. Die Welt, einmal aus dem Takt geraten, gerät nicht wieder ins Lot, denn Cathy vertraut sich in ihrer Not ihrem Gärtner an. Raymond ist einfühlsam, spricht wie Shakespeare schrieb, ist alleinerziehender Witwer und ein Bild von einem Mann - leider hat Raymond die falsche Hautfarbe. Es reicht, dass Raymond und Cathy gesehen werden, wie Cathy aus Raymonds LKW steigt. Ein Skandal, der zum Stadtgespräch wird. Die Weißen schließen Cathy aus der Gesellschaft aus und die Schwarzen werfen Raymond die Scheiben seines Hauses ein.

Während des Weihnachtsurlaubs, der Cathys und Franks Ehe wieder kitten soll, verliebt sich Frank in einen jungen Mann, wegen dem er sich später von Cathy scheiden lässt. Cathy geht zögerlich noch einmal einen Schritt auf Raymond zu, doch der hat genug davon, sich einmal die Finger verbrannt zu haben. Seine Tochter wurde mit Steinen beworfen und der selbstständige Gärtner hat alle Auftraggeber verloren. Er wird die Stadt verlassen und woanders sein Glück suchen.

Kritik

In "Dem Himmel so fern" geschieht wenig und gleichzeitig dramatisch viel. Jede Geste, jeder Blick, die Blätter im Wind - alles ist bedeutungsschwanger und emotionsgeladen. Gespräche brechen auf dem dramatischen Höhepunkt ab und das Wesentliche sowie das Entscheidende bleibt stets ungesagt; stellenweise blendet der Film die Szene aus oder sie ertrinkt in bombastischer Musik.

Spielte der Film nicht 1957 wäre die Handlung in fünf Minuten erzählt. So aber wälzt der Film die Handlung aus wie eine Hausfrau den Kuchenteig. Die Idylle zerbricht Stück für Stück, langsam und melodramatisch, denn die Figuren leben in einer Erstarrung, aus der sie sich nicht befreien können. Julianne Moore als Cathy ist stets wachsam wie ein Schießhund. Kein Stäubchen liegt auf ihren Möbeln, kein Ungehorsam ihrer Kinder bleibt unentdeckt, stets hat sie alles im Griff.
Ehemann Frank ist das Pendant zu Cathy. Nach außen hin ist er der perfekte Selfmademan. Stets geschniegelt und gestriegelt ist Frank erfolgreich im Beruf, zeugte zwei Kinder und hat eine hübsche Frau geheiratet. Im Dienst gießt sich Frank Schnaps aus dem Flachmann in den Kaffee und seine Homosexualität hält er für eine Schwäche, die er mit der Ehe kurieren will. Die Eheleute agieren wie Marionetten. Sie sind nicht sie selbst, sondern spielen die Rollen, die die Gesellschaft erwartet. Ihr Auftreten ist stets korrekt, bis Frank die Beherrschung verliert. Doch auch diese Entgleisung fängt Cathy mit ihrer unerschütterlichen Leidensfähigkeit auf.

Themen wie Rassismus, Homosexualität und Loyalität bilden die Grundlage für ein gewaltiges Melodram. Raymond Deagan, der farbige Gärtner ist gebildet und intelligent. Er hat sich bereits etabliert und betreibt neben der Gärtnerei ein kleines Geschäft. Doch als er die unausgesprochenen Tabus verletzt, fallen Weiße wie Schwarze über ihn her. Die Liebe zwischen einem Farbigen und einer Weißen ist undenkbar; jeder wird nur solange toleriert, während er sich in seinem zugewiesenen Karree bewegt.

Die Schauspieler sind brillant und die Rollen sehr gut besetzt. Die süßlich, manierierte Handschrift des Regisseurs, die an menschliche kandierte Früchte denken lässt, muss man allerdings zu schätzen wissen. Nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich spiegelt der Film seine Zeit gut wider. Das kann in diesem Fall als Stärke wie auch als Schwäche gesehen werden.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Original Filmtitel: Far from Heaven
Land: USA
Jahr: 2002
Laufzeit ca.: 107
Genre: DramaRomantik
Verleih: Concorde Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 0 Jahren

Kinostart: 13.03.2003
Heimkino: 03.12.2003

Regie: Todd Haynes
Drehbuch: Todd Haynes

Schauspieler: Julianne Moore (Cathy Whitaker) • Dennis Quaid (Frank Whitaker) • Dennis Haysbert (Raymond Deagan) • Patricia Clarkson (Eleonore Fine) • Viola Davis (Sybil) • James Rebhorn (Doktor Bowman) • Bette Henritze (Mrs. Leacock) • Michael Gaston (Stan Fine) • Ryan Ward (David Whitaker) • Lindsay Andretta (Janice Whitaker) • Jordan Puryear (Sarah Deagan) • Kyle Smith (Billy Hutchinson) • Celia Weston (Mona Launder) • Barbara Garrick (Doreen) • Olivia Birkelund (Nancy) • Stevie Ray (Dick Dawson) • June Squibb (alte Frau)

Produktion: Jody Allen • Christine Vachon
Szenenbild: Mark Friedberg
Kostümbild: Sandy Powell
Maskenbild: Elaine L. Offers
Kamera: Edward Lachman
Musik: Elmer Bernstein
Schnitt: James Lyons

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{joomplucat:111 limit=3|columns=3}Bilder: Concorde Filmverleih

1 customer review

gut
13.03.03
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