Der gute Hirte

Kinoplakat Der gute Hirte

Edward Wilson ist ein verschlossener, ruhiger Lyrik-Student. 1939 tritt er der Bruderschaft "Skull and Bones Society" bei, aus deren Reihen Präsidenten und hochrangige Militärs und Wirtschaftsbosse etc. hervorgegangen sind. Aufgrund seiner einwandfreien Reputation und seines überaus scharfen Verstandes wird er für den amerikanischen Geheimdienst angeworben. Er bewährt sich im 2. Weltkrieg beim Office of Strategic Services, dem OSS, und steigt in der Hierarchie schnell immer weiter auf. Schließlich wird er nach dem 2. Weltkrieg zum Gründer des mächtigsten Geheimdienstes der Welt, der CIA.

Der Film "Der gute Hirte" ist die zweite Regiearbeit von Robert De Niro nach seinem viel gelobten Film "A Bronx Tale". Dieses Mal hat der Schauspieler, Produzent und Regisseur De Niro einen Film über die Arbeit der Geheimdienste gedreht und darüber, wie deren anonyme Mitarbeiter unsere Welt kontrollieren.

Eddie Wilson (intelligent und introvertiert: Matt Damon, bekannt aus "Departed - Unter Feinden") ist ein verschlossener Lyrik-Student. Als Kind musste er miterleben, wie sich sein Vater erschoss. Dieser Vorfall lässt ihn nie mehr los. Wilson liebt Gedichte und wenn nur er sie vorträgt, taut er richtig auf. Er bewundert seinen Doktorvater Dr. Fredericks (altes Schlitzohr: Michael Gambon). 1939 tritt Wilson dem Geheimbund "Skull and Bones Society" bei, einer amerikanischen Bruderschaft, aus deren Reihen viele bedeutende Persönlichkeiten hervorgegangen sind, angefangen von hohen Militär- und Wirtschaftsbossen bis hin zu Präsidenten. Die Aufnahmeriten – so muss er z. B. nackt im Schlamm mit anderen ringen, während von oben die älteren Semester auf ihn herunterpinkeln – gefallen ihm zwar überhaupt nicht, aber die Vorteile, dieser Vereinigung anzugehören, überwiegen.
In der Uni-Bibliothek lernt Wilson durch Zufall die hübsche taube Laura (zum Liebhaben: Tammy Blanchard) kennen und schätzen. Die beiden kommen sich langsam näher, da trifft Wilson auf einer Party die höchst attraktive Margaret "Clove" Russell, die einzige Tochter von Senator John Russell und Schwester seines Freundes John. Die junge Frau ist auf der Suche nach einem anständigen Ehemann, und Wilson entspricht genau ihren Vorstellungen. Sie verführt ihn nach allen Regeln der Kunst, und gerade als Wilson sein Verhältnis mit Laura vertiefen will, teilt ihm John mit, dass Clover schwanger ist und Wilson sie natürlich heiraten muss. Selbstverständlich kommt Wilson seinen Pflichten nach, heiratet Clover und gibt Laura den Laufpass.

Inzwischen ist man auch höheren Ortes auf den intelligenten jungen Mann mit der raschen Auffassungsgabe, der erstklassigen Reputation und dem tiefen Glauben an amerikanische Werte aufmerksam geworden. Wilson wird vom Auslandsgeheimdienst, dem OSS, auf eine Zusammenarbeit angesprochen. Sozusagen als Test wird ihm der Auftrag gegeben, seinen bewunderten Doktorvater Frederick, der angeblich mit den Nazis paktiert, ans Messer zu liefern. Zuerst zögert Wilson, doch als Dr. Frederick ihm ein Gedicht als selbst verfasst vorliest, das aber schon Jahrzehnte vorher ein anderer Dichter geschrieben hat, fühlt sich Wilson von ihm verraten und verrät seinerseits Frederick.

Wilson wird Agent beim OSS und wird noch vor der Geburt seines Kindes auf einen Auslandsposten versetzt, wo er dann beim englischen Geheimdienst sein "Handwerk" von der Pike auf lernt. Wilson ist über den Ortswechsel mehr als froh, denn mit Clover verbindet ihn so gut wie nichts. So erlebt er auch die Geburt seines Sohnes nur per Telefon mit, und auch der Name für das Kind wird per Telefon ausgewählt. Er lernt seinen Sohn Eddie (Austin Williams) erst nach dem Krieg kennen, als dieser schon 6 Jahre alt ist. Doch zu diesem Zeitpunkt ist Wilson bereits weit aufgestiegen in der Hierarchie des OSS. Statt sein Kind aufzuziehen, verhört er auf grausame Art feindliche Agenten, wobei er fürs Grobe seinen brutalen italoamerikanischen Assistenten Ray Brocco (Furcht einflössend: John Turturro) hat. Statt ein Eheleben zu führen, schmiedet Wilson Intrigen und liefert sich hauptsächlich mit russischen Agenten ein Katz-und-Maus-Spiel der Spionage und Gegenspionage. Als der Krieg vorbei ist, entwickelt sich aus dem relativ unbedeutenden OSS mit seinen 17 oder 18 Mitarbeitern die heutige CIA mit an die 30.000 Mitarbeitern. Wilson wird zur führenden Figur, zum Gründungsvater, der Methoden erarbeitet, die heute noch Gültigkeit haben. Was auch immer in der Weltpolitik geschieht, die CIA, und damit Wilson, hat die Finger drin. Natürlich auch beim Desaster in der Schweinbucht-Mission 1961.

Doch Wilson sitzt fest im Sattel und sammelt unentwegt fleißig Unterlagen. So auch über seinen Chef, den CIA-Direktor Philip Allen (stark: William Hurt). Wilson ist inzwischen jedem gegenüber misstrauisch. Ständig hat er Angst, von feindlichen "Maulwürfen" unterwandert zu werden. Alles, was ihm in die Hände fällt, egal wie wichtig oder unwichtig es im ersten Augenblick erscheinen mag, wird von ihm von allen Seiten einer Prüfung unterzogen. Als ihm ein unscharfes Foto und ein qualitätsmäßig schlechtes Tonband über ein merkwürdiges Tete-á-Tete in einem Hotel in die Hände fällt, lässt er auch hier nicht locker, bis seine Techniker und Spezialisten beides entschlüsselt haben. Doch dieses Mal geht der Schuss nach hinten los: das Foto und das Tonband beweisen, dass sein inzwischen erwachsener Sohn Eddie (Eddie Redmayne) ein Verhältnis mit einer feindlichen Agentin hat. Die hat sich zwar aus dem Geschäft zurückgezogen, ist aber trotzdem kein Umgang für den Sohn eines CIA-Mannes. Und Eddie will diese Frau unbedingt heiraten, was Wilson natürlich nicht zulassen kann.

Kritik

Der Film "Der gute Hirte" erfordert eines: gute Nerven und gutes Merkvermögen. Denn die Handlung, die ich oben wenigstens ansatzweise chronologisch aufgeführt habe, wird im Film von Regisseur Robert De Niro auf sieben oder acht Zeitebenen verteilt. Wer versäumt, die eingeblendeten Jahresdaten zu lesen, weiß schon bald nicht mehr, in welchem Jahr sich die Handlung nun gerade abspielt. Leider kann man das Fortschreiten oder Rückschreiten der Zeiten auch nicht am Aussehen der Schauspieler ablesen, denn die sehen – bis auf Angelina Jolie, die tatsächlich im Laufe der Jahre etwas älter wird, und dem Sohn Eddie, der im Laufe der Jahre erwachsen wird – von Anfang bis Ende gleich alt oder gleich jung aus. So ergibt das zum Schluss das seltsame Bild, dass Matt Damon als alter Edward Wilson seinem Sohn gegenübersteht, und altersmäßig eigentlich genauso alt bzw. jung wie sein Sohn aussieht. Weitere Anhaltspunkte sind natürlich auch die politischen Ereignisse, wie der Zweite Weltkrieg, Fidel Castro, der kubanische Aufstand, Schweinbucht, John F. Kennedy, Nikita Chruschtschow etc. Aber jüngere Leute können damit, wie ich festgestellt habe, relativ wenig anfangen.

Die Schauspieler sind meistens sehenswert, wobei Matt Damon aber ziemlich unbeteiligt und fast somnambul als introvertierter Buchhaltertyp durch die Gegend läuft. Lediglich in einer Szene, in der er als junger Student als Mädchen verkleidet bei einer lustigen Theateraufführung mitwirkt, wirkt er fröhlich und menschlich. Es gibt auch sonst einige unverständliche Ereignisse: Warum hat sich die höchst attraktive Clover den unscheinbaren und unbeholfenen Wilson als Ehemann ausgesucht, wo es doch auf der Party von gut aussehenden jungen Männern der besseren Gesellschaft nur so wimmelt? Warum steht Wilson da und lässt es zu, dass Dr. Frederick, der immerhin Mitarbeiter des OSS war, auf brutale Art hingerichtet wird – von Männern mit einer Eisenstange erschlagen – und kümmert sich erst darum, als die entsetzlichen Schreie verstummen? Warum foltert die CIA den angeblichen Überläufer Mironov so grausam, dass er sich aus lauter Verzweiflung blutüberströmt und nackt aus dem Fenster stürzt, während der andere angebliche Überläufer namens Mironov sogar bei der Folterung zusehen darf, ohne dass jemals Zweifel an seiner Identität laut werden? Zumindest weiß man dadurch, wann die Grundlagen für Guantanamo gelegt wurden.

Fazit
Der Film "Der gute Hirte" ist ein Film über die Entstehungsgeschichte der amerikanischen CIA. Im Vordergrund steht zwar das Leben des Gründers Edward Wilson, aber es werden so ungeheuer viele Geheimdienst-Interna eingewoben, die ein gewisses Vorwissen voraussetzen, dass es schwerfällt, der zeitlich ständig wechselnden Geschichte zu folgen. Das lässt die Spannung auf ein Minimum schrumpfen und steigert auch nicht gerade den Unterhaltungswert. Vermutlich hat mich der Film auch deshalb so kalt und unbeteiligt gelassen. Zum Wahrheitsgehalt der Geschichte möchte ich Richard C.A. Holbrooke zitieren, den US-Botschafter bei den Vereinten Nationen von 1999 bis 2001: "Der Film "Der gute Hirte" ist die fiktive Version von Geschichte, die in nahezu jedem geschilderten Vorfall akkurat ist. Weil die Filmemacher sich nicht sklavisch an jedes kleine Detail gehalten haben, bekommen Sie einen besseren Überblick über einige essenzielle Wahrheiten über diese außergewöhnliche Zeit der Spionage, Gegenspionage und des Betrugs während des Kalten Krieges. Wer die Gegenwart verstehen will, muss wissen, was in der Vergangenheit geschah – davon erzählt uns "Der gute Hirte"". Wer sich für Geheimdienste und speziell den OSS und CIA interessiert, ist bei diesem Film ganz gut aufgehoben. Alle anderen werden ihn wohl eher weniger unterhaltsam oder interessant finden.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: The Good Shepherd
Land: USA
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 167
Genre: DramaHistorieThriller
Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 15.02.2007
Heimkino: 06.02.2014

Regie: Robert De Niro
Drehbuch: Eric Roth

Schauspieler: Matt Damon (Edward Wilson) • Angelina Jolie (Margaret 'Clover' Russell) • Alec Baldwin (Sam Murach) • Tammy Blanchard (Laura) • Billy Crudup (Arch Cummings) • Robert De Niro (Bill Sullivan) • Keir Dullea (Senator John Russell, Sr.) • Michael Gambon (Dr. Fredericks) • Martina Gedeck (Hanna Schiller) • William Hurt (Philip Allen) • Timothy Hutton (Thomas Wilson) • Gabriel Macht (John Russell, Jr.) • Lee Pace (Richard Hayes) • Joe Pesci (Joseph Palmi) • Eddie Redmayne (Edward Wilson Jr.) • Oleg Stefan (Ulysses) • John Turturro (Ray Brocco)

Produktion: Robert De Niro • James G. Robinson • Jane Rosenthal
Szenenbild: Jeannine Oppewall
Kostümbild: Ann Roth
Maskenbild: Alan D'Angerio • Thom Gonzales • Gary Martori • Dionne Pitsikoulis • AnneMichelle Radcliffe • Tomasina Smith • Carla White
Kamera: Robert Richardson
Musik: Bruce Fowler • Marcelo Zarvos
Schnitt: Tariq Anwar

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Bild: Universal Pictures International

1 customer review

befriedigend
15.02.07
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