Der Medicus

Kinoplakat Medicus

Der Medicus ist die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Noah Gordon aus dem Jahr 1986. Im 11. Jahrhundert verschlägt einen jungen Briten der Durst nach Wissen in den fernen Orient, wo er die Heilkunst erlernen wird. Doch erst einmal liegt ein Abenteuer von epischen Ausmaßen vor ihm.

In Europa herrschen finstere Zeiten. Großbritannien ist ein bettelarmes Land, in dem selbst Kinder in Bergwerken schuften müssen. Dem jungen Rob Cole ergeht es nicht besser. Eines Tages muss er den Tod der Mutter miterleben und steht nun allein und schutzlos dar. In seinem Alter will ihn niemand aufnehmen, denn wer kriegt schon einen Heranwachsenden satt? Notgedrungen drängt er sich einem Bader (Stellan Skarsgård) auf, der mit seinem Pferdekarren von Dorf zu Dorf zieht, und den Menschen Wundermittelchen verkauft und kleine Blessuren behandelt. Aus der anfänglichen Zweckverbindung wird ein Vater-Sohn-Verhältnis.

Jahre später wird Rob (Tom Payne) Zeuge, wie ein jüdischer Mediziner den Grauen Star des Baders heilt. Das weckt in ihm den Entschluss, dass auch er das Handwerk lernen will. Dazu verlässt er seine Heimat und bricht gen Isfahan auf, denn dort lehrt der sagenumwobene Ibn Sina (Ben Kingsley).

In der Ferne angekommen, gibt der als Christ geborene Rob vor ein Jude zu sein. Den dazu notwendigen scharfen Schnitt nimmt er im Wüstensand selbst vor. Doch die Juden sind in Isfahan nur geduldet und Rob wird in einen schon lange schwelenden Konflikt gezogen. Seine Freundschaft mit dem regierenden Schah (Olivier Martinez) rettet ihm in der Not das Leben; doch eines kann auch der Schah, dessen Stern bereits am sinken ist, nicht verhindern: Rob hat sich die falsche Frau verliebt. Rebecca (Emma Rigby) ist einem anderen versprochen. Was die Zwei nicht davon abhält, den schwerwiegenden Fehler zu begehen, ein uneheliches Kind zu zeugen. Damit nicht genug bringt Rob mit seiner Neugierde Ibn Sinas Universität in Gefahr.

Kritik

"Der Medicus" bringt formal alles mit, was ein Historien-Epos bieten muss: Große Bilder von fernen Ländern, Exotik, Abenteuer, Liebe, Freundschaft, Verrat, Krieg, Erotik und - was in keinem Historien-Schinken fehlen darf - den Ausbruch der Pest. Somit ist thematisch alles getan, damit am Ende großes Kino herauskommt. Doch eines vernachlässigt der Film: die Emotionen. So sind die Beziehungen zwischen den auftretenden Personen leider fast gar nicht ausgebaut. Das beginnt mit dem Bader und dem Jungen. Obwohl sie jahrelang wie Vater und Sohn leben, fehlt das Aufzeigen ihres Verhältnisses. Keine kleinen Gesten, keine Dinge, die Vertrautheit aufzeigen. Leider bessert sich dieses Manko im Lauf des Filmes nicht. Egal ob Meister und Schüler auftreten, es um Freundschaft oder Liebe geht - die Menschen leben nebeneinander her, die Schauspieler spielen nicht miteinander.

Und was nutzt die Darstellung der oben genannten Themen, wenn die Menschen keine Beziehungen untereinander aufbauen? Wenn Rob der Tod des Freundes nicht nahe geht, dann berührt es mich als Zuschauer auch nicht. Oder warum soll ich bei der Liebesgeschichte zwischen Rob und der langweilig inszenierten Rebecca mitfiebern? Wenn die Figuren nicht lebendig werden, sondern Drehbuch bleiben, dann fehlt mir etwas. Davon abgesehen bleibt die Spannungskurve sehr flach. Ob Sandsturm oder sexueller Akt – die Erzählung handelt ab, ohne Tief- und Höhepunkte zu setzen.

Ein anderer unstimmiger Punkt ist der Widerspruch zwischen der aufgezeigten Zeit und ihrer Darstellung. Dass es im 11. Jahrhundert kein Standesdenken und keine Hierarchien gab ist eine schöne Vorstellung - passt für mich jedoch nicht ins Bild. Da tritt der Meister nicht wie ein Meister auf, sondern wie ein Kumpel. Und der Schüler, der extra aus Europa angereist ist, empfindet (selbst anfänglich) keine Verehrung oder Respekt vor dem größten Gelehrten seiner Zeit?! Besonders deutlich wird der Widerspruch in der Szene, in der Rob dem Schah das erste Mal begegnet. Ihm werden Verhaltensregeln eingebläut, wie er dem Schah gegenüberzutreten hat. Doch Rob hält sich nicht daran. Was den Schah nicht stört – der aus der Audienz ein Plauderstündchen macht.

Nicht ganz gelungen finde ich die Zeitsprünge. Die sind einerseits angesichts der Länge des behandelten Zeitraums nicht anders machbar. Andererseits spart der Film so Erklärungen aus. Etwa wie Rob die Schiffspassage bezahlt oder wie er die fremde Sprache erlernt?
Nicht sicher bin ich mir hinsichtlich der Änderungen zwischen Roman und Verfilmung. Ich habe den Medicus im Jahr des Erscheinens gelesen. In meiner Erinnerung liegt die Gewichtung des Romans mehr auf medizinischen Themen und weniger auf Liebe und politischen Konflikten. Weiterhin kann ich mich nicht daran erinnern, dass im Roman herausgefunden wird, dass Rattenflöhe das Pestvirus übertragen. Festlegen will ich mich nicht, weil das Lesen des Romans so lange zurückliegt.

Fazit
Der "Medicus" bietet rein formal alles, was ein historischer Film bieten soll. Doch das Ergebnis plätschert zu sehr dahin, um überzeugen zu können. Angesichts der Lauflänge steht die Frage im Raum, ob der Film als Fernseh-Mehrteiler nicht besser aufgehoben ist?
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: The Physician
Land: Deutschland
Jahr: 2012
Laufzeit ca.: 155
Genre: AbenteuerDramaHistorie
Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 25.12.2013
Heimkino: 09.10.2014

Regie: Philipp Stölzl
Drehbuch: Jan Berger • Philipp Stölzl • Simon Block • Christoph Müller
Literaturvorlage: Noah Gordon

Schauspieler: Tom Payne (Rob Cole) • Stellan Skarsgård (Bader) • Olivier Martinez (Shah Ala ad Daula) • Emma Rigby (Rebecca) • Elyas M'Barek (Karim) • Fahri Yardim (Davout Hossein) • Makram Khoury (Imam) • Michael Marcus (Mirdin) • Ben Kingsley (Ibn Sina) • Stanley Townsend (Bar Kappara) • Emil Marwa (Tuveh Ben Meir) • Martin Hancock (Merlin)

Produktion: Wolf Bauer • Nico Hofmann
Szenenbild: Udo Kramer
Kostümbild: Thomas Oláh
Maskenbild: Jan Kempkens-Odemski
Kamera: Hagen Bogdanski
Musik: Ingo Frenzel
Schnitt: Sven Budelmann

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Bild: Universal Pictures International

1 customer review

befriedigend
25.12.13
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