Die Fälscher

Kinoplakat Die Fälscher

Als der Jude Salomon Sorowitsch, der König der Fälscher, verhaftet und in das KZ Mauthausen gebracht wird, hat er schon fast mit dem Leben abgeschlossen. Aber dann wird er nach Sachsenhausen verlegt – und zu seiner Überraschung zum Chef einer Truppe von jüdischen Gefangenen und Kriminellen gemacht, die für die Nazis englische Pfund und amerikanische Dollars im großen Stil fälschen sollen.

Der Film "Die Fälscher" basiert auf dem Tatsachenbericht "Des Teufels Werkstatt. Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen" von Adolf Burger, der im März 2007 im Elisabeth Sandermann Verlag, München, erschienen ist. Das Drehbuch schrieb Stefan Ruzowitzky, der auch Regie führte. Der Österreicher Ruzowitzky hat schon mit Horrorthrillern wie "Anatomie" und "Anatomie 2" Erfolge gefeiert.

Berlin, 1936. Salomon Sorowitsch (einfach großartig: Karl Markovics), kurz Sally genannt, ist ein Lebemann der besonderen Art. Er ist ein gottbegnadeter Fälscher und ein König der Halbwelt. Ganoven, Gigolos und Huren schätzen und achten sein Können. Sally ist ein Pragmatiker und Spieler, und druckt er sich das nötige Kleingeld dafür selbst. Falls er wirklich mal nicht gewinnt. Und der eher unscheinbare und nicht gerade gut aussehende Sally liebt schöne Frauen. Als ihn die attraktive Aglaia (sexy: Marie Bäumer, bekannt aus "Der Schuh des Manitou") umgarnt und ihn bezirzt, ihr einen argentinischen Pass anzufertigen, lässt er sich gerne überreden. Und als Aglaia ihn als Bezahlung ins Bett lockt, lässt er sich ebenso gerne verführen. Und vergisst darüber die Zeit. Denn eigentlich hatte Sally in dieser Nacht Berlin verlassen wollen, weil ihm zu Ohren gekommen war, dass Kommissar Friedrich Herzog (freundliches Monster: Devid Striesow bekannt aus "Der Untergang"), der zuständige Beamte für Falschgeld, ihn verhaften will.

Sally wird am nächsten Morgen tatsächlich von dem immer höflichen und lächelnden Herzog verhaftet und ins KZ Mauthausen gebracht. Sally merkt ziemlich schnell, wie hier der Laden läuft, und dass er etwas unternehmen muss, wenn er überleben will. Also besinnt sich der berüchtigte Kunst- und Geldfälscher auf sein Können als russisch-jüdischer Kunstmaler und fängt an, Porträts der Lagerwärter und -kommandanten zu malen. Mit Erfolg. Sally wird zum Haus- und Hofporträtisten der SS. Es gelingt ihm damit nicht nur, nicht zu verhungern, er ist sogar recht wohlgenährt und gut gekleidet als er 1944 plötzlich nach Sachsenhausen verlegt wird. Sally befürchtet schon das Schlimmste. Doch bei seiner Ankunft wird er freundlich und jovial von Friedrich Herzog begrüßt. Herzog ist Leiter einer Geheimaktion namens "Unternehmen Bernhard", das den Nazis genügend Geld und den Alliierten ziemlichen Ärger einbringen soll. Ziel ist es, im ganz großen Stil Blüten herzustellen. Millionen von englischen Pfund und anschließend von amerikanischen Dollars. Damit kommt Geld in die Nazi-Kasse, und die feindliche Wirtschaft wird geschwächt und vielleicht sogar ganz lahmgelegt.
Herzog hat dafür zwei Baracken ausrüsten lassen, die vom restlichen Lager völlig abgeschirmt sind. Hier befinden sich eine komplette Fälscherwerkstatt mit allem, was dazu gehört, und die Unterkünfte für die "Mitarbeiter". Herzog, der sich ja von früher auskennt, hat dazu aus allen Lagern die entsprechenden Gefangenen herbringen lassen: Drucker und Graveure, Grafiker und Typografen, Bankleute und Zeichner. Doch Chef der ganzen Unternehmung, die nicht nur Banknoten sondern auch Ausweise und Papiere fälschen soll, ist Sally, der König der Fälscher. Seine Mitarbeiter sind u. a. der junge Adolf Burger (besessener Idealist: August Diehl, bekannt aus "Anatomie 2"), der wegen Anklebens von Anti-Nazi-Plakaten verhaftet wurde, und dessen junge Frau bereits im KZ gestorben ist, und Dr. Klinger (verzweifelter Gutmensch: August Zirner), der immer zu helfen versucht, aber ohne Medikamente praktisch keine Chance hat. Doch ansonsten sorgen die Nazis dafür, dass ihre jüdischen Mitarbeiter sich wohlfühlen: ständig ertönt über Lautsprecher klassische Musik, es gibt genügend zu essen, es gibt weiche, saubere Betten, Duschen, richtige Toiletten, und ab und zu steigt sogar eine kleine Feier, bei der die "Mitarbeiter" Sketche und Witze und Lieder zum Besten geben. Herzog ist der Meinung, dass nur motivierte Mitarbeiter zu Höchstleistungen imstande sind, und deshalb behandelt er die Gefangenen im "Goldenen Käfig" der Fälscherwerkstatt auch ausgesprochen gut und freundlich. Nicht ganz uneigennützig, denn mit dem Erfolg der Falschgeld-Operation wird auch Herzog wieder eine Sprosse weiter auf der Leiter nach oben steigen.

Einziger Wermuts-Tropfen ist sein Assistent Holst (widerlicher Sadist: Martin Brambach), eine rassistische Dumpfbacke, der einfach nicht einsieht, warum die dummen, dreckigen, jüdischen Untermenschen gut behandelt werden sollen. Doch (fast) alle setzen ihren Ehrgeiz ein, um dadurch wenigstens eine kleine Chance zum Überleben zu haben. Besonders Sally entwickelt einen geradezu wütenden Ehrgeiz, das englische Pfund so zu fälschen, dass es keiner merkt. Und als die falschen Pfundnoten schließlich auf den Markt kommen, bestätigt sogar die Bank von England ihre Echtheit.

Dann soll sich die Arbeitsgruppe an die amerikanischen Dollars machen. Aber jetzt spielt Burger nicht mehr mit. Er sabotiert die Entwicklung der Dollarnote wo er kann. Verbissen versucht Sally trotzdem zum Ziel zu kommen. Denn er weiß: falls sie scheitern, wird das den sicheren Tod für alle bedeuten. Aber Burger ist das egal, seine Grundsätze verbieten ihm, die Nazis, die ständig Menschen ermorden, auch noch zu unterstützen. Und damit die Länder, die ihnen vielleicht die Freiheit bringen können, zu schwächen. Wenn sie weiter machen, werden noch viel mehr Menschen sterben. Wenn sie die Dollar-Blüte verhindern, werden sie selbst sterben, aber vielleicht den Tod von vielen anderen verhindern können. Herzog drängt auf den falschen Dollar, denn auch seine Existenz hängt vom Erfolg ab. Und Herzog ahnt, dass es in den Reihen der jüdischen Fälscher einen Saboteur gibt. Und um den zu entdecken, lässt er schließlich seine joviale und ewig lächelnde Maske fallen.

Kritik

Der Film "Die Fälscher" ist ein aufwühlender, ein tiefberührender und emotional unglaublich vielschichtiger Film. Ein Film über eine Facette des Dritten Reichs, der absolut neben anderen Meisterwerken über diese Zeit wie "Schindlers Liste" oder "Zug des Lebens" Bestand hat. Nachdem man mit Sally erfährt, was im Lager Sachsenhausen von ihm erwartet wird, ist das zunächst eigentlich amüsant. Die Nazis benutzen also die von ihnen verachteten und unerbittlich ermordeten Juden, um ihr 1000jähriges Reich zu retten!

Aber dann fängt man an mit Burger nachzudenken. Die geforderten Blüten werden tatsächlich das Bestehen des Nazi-Reichs verlängern. Und wenn das verlängert wird, werden noch mehr Juden in den KZs sterben. Und die Länder, die zur Rettung vor den Nazis angetreten sind, werden durch diese Blüten Schaden erleiden und vielleicht nichts mehr gegen die Nazis tun können. Oder jedenfalls nicht schnell genug. Aber wenn sie sich weigern, werden Sally und seine Leute sterben. Und die Nazis werden garantiert irgendwo andere hilfsbereite Kriminelle finden, die dann diese Blüten für sie machen. Aber das gelingt vermutlich nicht so schnell und nicht so einfach, und jeder Verzögerung ist wertvoll. Also – gehen wir in den sicheren Tod? Doch so einfach ist das nicht. Sally und seine Leute wissen, was tagtäglich draußen passiert. Sie können es hören, trotz der lauten Musik, mit der sie ständig beschallt werden. Die Gefangenen, die angeblich Schuhe einlaufen müssen. Da werden Gefangenen viel zu kleine Schuhe angezogen und mit diesen Schuhen und schweren Säcken auf den Schultern müssen sie endlos im Kreis herumlaufen. Und wehe, einer bricht zusammen! Obwohl es Sally und seinen Leuten sehr viel besser geht, spüren auch sie durchaus die Grausamkeit des Nazi-Regimes. Als einer seiner Leute TBC bekommt, versucht Sally mit einer kleinen Erpressung von Herzog die entsprechenden Medikamente zu bekommen. Aber bevor Dr. Klinger sie noch einsetzen kann, knallt Holst den Kranken einfach ab: "Der hätte nur alle anderen angesteckt."
Als eine neue Lieferung von gebrauchten Ausweisen aus den anderen Lagern kommt, die die Fälscher von Sachsenhausen in "neue" Pässe umwandeln sollen, entdeckt einer von Sallys Leuten die Ausweise seiner Frau und seiner Kinder. Die anderen können ihn gerade noch vom Selbstmord abhalten. Lakonisch und unspektakulär erzählt der Film diese schrecklichen Schicksale. Und gerade deshalb berühren sie so tief. Genauso wie die gedeckten, fast verwaschenen Farben, die manchmal an alte Wochenschauen erinnern. Diese "Farblosigkeit" entwickelt wesentlich mehr Dramatik als die grellen Hochglanzfarben von Action-Filmen.

Die Darsteller sind allesamt hervorragend. Aber Karl Markovics ist einfach grandios. Er spielt diesen Fälscherkönig und Kleinganoven stoisch, fast unbeeindruckt, egal was kommt, nur selten zeigt sein Gesicht ein Lächeln, und trotzdem spricht es Bände. Markovics gelingt es, auch ohne große Mimik immer genau auszudrücken, was Salomon Sorowitsch bewegt. Eine absolut bewundernswerte Leistung.

Ein großes Lob auch der ruhigen, effektiven Regie von Stefan Ruzowitzky und der Musik, die mit großer Sachkenntnis aus dieser Zeit ausgewählt wurde. Das Einzige, was mich persönlich ein bisschen störte: die Kamera zitterte teilweise völlig unmotiviert herum. Nicht auf die Art von Fahrigkeit, wie man sie von Dogma-Filmen her kennt, sondern so, als wäre sie dem Kameramann einfach zu schwer. Merkwürdig. Aber vielleicht soll das ein besonders Stilelement sein.

Fazit
Der Film "Die Fälscher" ist ein grandioser Film über Menschen im Dritten Reich. Über Juden und Nazis, über Mitläufer und Saboteure, über Menschen, die leben wollen, und Menschen, die wollen, dass andere leben. Unbedingt und absolut sehenswert!
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 80 %


Original Filmtitel: The Counterfeiters
Land: DeutschlandÖsterreich
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 98
Genre: DramaHistorieKriegKrimi
Verleih: Universum Film
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 22.03.2007
Heimkino: 22.10.2007

Regie: Stefan Ruzowitzky
Drehbuch: Stefan Ruzowitzky
Literaturvorlage: Adolf Burger

Schauspieler: Karl Markovics (Solomon 'Sally' Sorowitsch) • August Diehl (Burger) • Devid Striesow (Sturmbannführer Friedrich Herzog) • Martin Brambach (Hauptscharführer Holst) • August Zirner (Dr. Klinger) • Veit Stübner (Atze) • Sebastian Urzendowsky (Kolya) • Andreas Schmidt (Zilinski) • Tilo Prückner (Hahn) • Lenn Kudrjawizki (Loszek) • Marian Kalus (Plappler) • Norman Stoffregen (Abramovic) • Marie Bäumer (Aglaia)

Produktion: Josef Aichholzer • Nina Bohlmann • Babette Schröder
Szenenbild: Isidor Wimmer
Kostümbild: Nicole Fischnaller
Maskenbild: Marie-Luise Adler • Sonali Chatterjee • Waldemar Pokromski • Daniela Skala
Kamera: Benedict Neuenfels
Musik: Marius Ruhland
Schnitt: Britta Nahler

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Bild: Universum Film

1 customer review

gut
22.03.07
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