Der Mann aus dem Eis

Kinoplakat Der Mann aus dem Eis

Die Idee und der Mut zu diesem Film sind zu loben. Eine Geschichte über Ötzi, den Mann aus dem Eis klingt spannend, denn Filme über diese Epoche der Menschheitsgeschichte sind selten. Dabei wird die Filmproduktion vor der Frage gestanden haben, welche Geschichte um den Mann aus der Jungsteinzeit beziehungsweise Kupfersteinzeit gesponnen werden soll? Die Entscheidung fiel zugunsten eines Rache-Dramas aus.

Das stellt anfangs Jürgen Vogel als Kelab vor, den Anführer und Schamanen eines kleinen Dorfes. Eines Tages geht er auf die Jagd und während seiner Abwesenheit überfallen drei Fremde das Dorf. Sie brandschatzen, morden, vergewaltigen und rauben das Heiligtum. Kelab kommt gerade noch rechtzeitig, um Zeuge des Überfalls zu werden. Retten kann er jedoch nur ein Neugeborenes. Nach einem kurzen Begräbnisritual nimmt er die Verfolgung der Angreifer auf.

Kritik

"Der Mann aus dem Eis" ist Fiktion und genießt somit die Freiheit, eine Geschichte spinnen zu können. Vieles ist denkbar: Ein Film zur Wissensvermittlung, der die Sitten, Gebräuche und das Leben der Steinzeit erklärt und nahebringt. Ein Drama, das die Menschen während einer Hungerperiode zeigt. Der Kampf ums Überleben. Außerdem muss entschieden werden, ob Sprache zum Einsatz kommt? Der Film nutzt keine komplexe Sprache, sondern einfache Sätze einer Fantasiesprache. Somit fällt ein wesentliches Mittel zur Vermittlung von Zusammenhängen und Hintergründen weg und die Handlung setzt auf die bildhafte Darstellung. Gezeigt werden Sex, Geburt, Mord, Tod, Abschied und Trauer.
Dadurch ähnelt die Handlung einem lebendigen Bilderbuch. Wobei die Zusammenhänge der Geschichte nicht immer sofort zu erkennen sind. So erschlägt Kelab auf seinem Rachefeldzug zwei Männer, die jedoch nicht die Mörder seiner Sippe sind, sondern Händler. Einen dritten lässt er frei, weil er seinen Irrtum einsieht, ein vierter entkommt unbemerkt. Später werden diese Männer entscheidende Rollen im Drama spielen. Als Lebensretter beziehungsweise als Rächer. Damit sind die Kreise geschlossen.

Die Dramaturgie setzt auf einfaches Verstehen und wuchtige Bilder. Beispielsweise werden Kinder von den Tätern in einer Hütte eingesperrt, die bereits zu brennen begonnen hat. In der folgenden Szene ist die brennende Hütte von außen zu sehen und man hört die Todesschreie der Kinder. Die Zweikämpfe enden hin und wieder ekelig - etwa mit dem Zerquetschen der Augen des am Boden liegenden. Trotz der emotional ansprechenden Themen berührt der Film nur wenig. Was auch darin begründet liegt, dass Hintergründe und Tiefgang fehlen.

Die Logik möchte ich infrage stellen. So besteht die Motivation, das Dorf zu überfallen, wahrscheinlich darin, das Heiligtum zu rauben. Nahrung wird nicht mitgenommen und Felle überwiegend als wertlos erachtet. Das bedeutet, dass die Menschen in der Steinzeit nicht ums nackte Überleben kämpften, sondern Energie und Zeit investierten, um Heiligtümer zu besitzen.

Weiterhin frage ich mich, ob es für ein Individuum überhaupt möglich war allein zu überleben? Und ob es realistisch ist ein Neugeborenes auf einen Rachefeldzug mitzunehmen? Alles in allem bleibt mir der Sinn des Rache-Dramas verschlossen und seine Schilderung empfinde ich als unergiebig und spannungsarm.

Das Szenenbild erscheint mir in manchen Aspekten auffällig modern. So sind die Hütten des Dorfes erstaunlich rechteckig gebaut und verfügen sogar über exakte Türen mit Scharnieren und Angeln. Das Make-up setzt auf Zottel-Frisuren und Bärte. Mit den Fotos, die eine Bildersuche im Web zum Stichwort Neandertaler liefert, hat die Maske keine Verwandtschaft. Die Menschen im Film sehen aus wie schlecht gekämmte Menschen der Jetztzeit. Die Bekleidung wie Mäntel und später im Film leichte Oberteile erinnern in ihrer Schnitttechnik stark an moderne Bekleidung. Insgesamt erfüllt die Darstellung die landläufige Vorstellung vom Steinzeitmenschen nicht. Es macht den Eindruck, dass hier Möglichkeiten verschenkt sind.
Die Darsteller können angesichts der gewählten Inszenierung wenig zeigen und eine Beurteilung der darstellerischen Leistung kann entfallen.

Fazit
Ein Film über die Steinzeit und Ötzi lässt die Idee aufkommen, ihn im Schulunterricht zu zeigen. Aufgrund des Inhalts, der Dramaturgie und der Darstellungen ist der Film für den Schulunterricht nur bedingt einsetzbar.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 30 %


Land: DeutschlandItalienÖsterreich
Jahr: 2017
Laufzeit ca.: 96
Genre: DramaHistorieKrimi
Verleih: Port au Prince Pictures
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 30.11.2017
Heimkino: 18.05.2018

Regie: Felix Randau
Drehbuch: Felix Randau

Schauspieler: Jürgen Vogel (Kelab) • André Hennicke (Krant) • Sabin Tambrea (Tasar) • Susanne Wuest (Kisis) • Martin Augustin Schneider (Gosar) • Violetta Schurawlow (Mitar) • Anna F. (Kulan) • Axel Stein (Gris) • Paula Renzler (Rasop) • Franco Nero (Ditob) • Henry Buchmann (Trapper)

Produktion: Jan Krüger
Szenenbild: Juliane Friedrich
Kostümbild: Cinzia Cioffi
Maskenbild: Heike Merker
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Ton: Marc Parisotto
Musik: Beat Solèr
Schnitt: Vessela Martschewski

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{joomplucat:374 limit=3|columns=3}Bilder: Port au Prince Pictures

1 customer review

ausreichend
30.11.17
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