Die Zeit die bleibt

Kinoplakat Die Zeit die bleibt

Drama über die letzten Monate eines Lebens. Der Tod ist für uns Menschen etwas Besonderes. Sei es als Wendepunkt, Einschnitt oder unabwendbares Ende. Wir machen uns vielleicht Gedanken weil in der Familie ein Mensch stirbt oder wir mit dem eigenen Tod konfrontiert werden. Drehbuchautor und Regisseur François Ozon versucht das Psychogramm eines Todkranken zu zeichnen. Er untersucht die zwischenmenschlichen Beziehungen und schildert die letzten Monate eines Lebens.

Romain ist auf der Spitze der Karriereleiter angelangt. Die schönsten Modells treten für den Fotografen vor die Kamera. Doch dann wird ihm beim Shooting schwindelig. Die niederschmetternde Diagnose: Krebs im Endstadium; die Chancen auf Heilung liegen unter 5 Prozent. Geschockt beginnt er sein Leben zu hinterfragen. Die Beziehung zu seinem Freund, der nicht arbeitet, sondern seine Zeit mit geistlosen Videospielen totschlägt steckt in einer Sackgasse. Romain wird Schluss machen. Seinen Eltern möchte er sagen, was los ist, aber er schafft es nicht, sondern bricht nur einen Streit vom Zaun, beleidigt seine ebenfalls anwesende Schwester. Im Auto, allein mit seinem Vater, vergibt er die nächste Möglichkeit eines Gesprächs. Erst der Großmutter (Jeanne Moreau) schüttet er sein Herz aus. Als Romain nachts nicht schlafen kann, kriecht er sogar zu ihr ins Bett. Reden mag er aber auch jetzt noch nicht.
Wieder in Paris hat ihn sein Freund verlassen. Noch einmal unternimmt er einen Versuch, die Beziehung zu seiner Schwester zu versöhnen. Doch bildlich wie inhaltlich schafft er es nicht, aus dem Schatten zu treten und die Wahrheit zu sagen. Das Angebot der Kellnerin Jany (Valeria Bruno-Tedeschi) nimmt er hingegen an. Er zeugt ein Kind und setzt es zu seinem Alleinerben ein. Dann ist alles getan. Romain geht ein letztes Mal an den Strand und stirbt friedlich im Abendrot.

Kritik

François Ozon hat sich ein starkes Thema vorgenommen. Ein Mensch, der nur noch wenige Monate zu leben hat. Was wird er tun? Noch einmal die Sau herauslassen? Oder Tiefen ausloten? Ozon setzt auf die zweite Möglichkeit. Doch es gelingt ihm nicht seinem Werk authentischen Tiefgang angedeihen zu lassen. Stattdessen setzt er auf teils gewaltige Bilder, viele Großaufnahmen von Gesichtern und - man muss es leider sagen - billige Provokationen: Die Zeugung des Kindes ist ein flotter Dreier. Die Großmutter schläft nackt. Schwuler Sex wird nicht nur in Großaufnahme gezeigt, sondern die Szene in der Lederbar zudem mit sakraler Musik unterlegt. Den traurigen Höhepunkt bildet das Sterben des Protagonisten, der vor einem blutroten Sonnenuntergang friedlich dahinscheidet.

Aufgrund dieser eigenartigen Handschrift entsteht auf Dauer der Eindruck von Hilflosigkeit, denn Ozon vermag es nicht Emotionen in Worte zu fassen. Die Gespräche brechen allesamt ab, ehe etwas gesagt wird beziehungsweise ehe etwas entstehen kann. Außerdem wirken die deutschen Dialoge sehr unpassend (was an der Übersetzung liegen kann). In meinen Augen ist Ozon kein sonderlich talentierter Drehbuchautor. Er versucht intensive Schlüsselszenen zu zeigen, reiht aber nur hinlänglich bekannte Klischees oder nahe liegende Ideen aneinander. Beispielsweise haben die Kinder in der Kirche keine originellere Idee, als ins Weihwasserbecken zu pinkeln.

Nun können Darsteller Schwächen aufwiegen. Doch Jeanne Moreau darf nicht mehr tun, als einige wenige Sprechblasen beizutragen. Hauptdarsteller Melvil Poupaud kann ich weder das Durchleben der Krankheit glauben, noch erzeugt er Sympathien. Im Gegenteil: Er bleibt ein glatter Schönling, dessen Schicksal mich nicht berührt. Ein ähnliches Thema setzt "Das Meer in mir" wesentlich gekonnter um.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: Le temps qui reste
Land: Frankreich
Jahr: 2005
Laufzeit ca.: 86
Genre: DramaLGBT
Stichwort: gay
Verleih: Prokino
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 20.04.2006
Heimkino: 02.11.2006

Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon

Schauspieler: Melvil Poupaud (Romain) • Jeanne Moreau (Laura) • Valeria Bruni Tedeschi (Jany) • Daniel Duval (Romains Vater) • Marie Riviere (Romains Mutter) • Christian Sengewald (Sasha) • Louise-Anne Hippeau (Sophie) • Henri de Lorme (Doktor) • Walter Pagano (Bruno) • Violetta Sanchez (Agent) • Ugo Soussan Trabelsi (Romain als Kind) • Victor Poulouin (Laurent) • Laurence Ragon (Notar) • Thomas Gizolme (Assistent)

Produktion: Olivier Delbosc • Marc Missonnier
Szenenbild: Katia Wyszkop
Kostümbild: Pascaline Chavanne
Maskenbild: Franck-Pascal Alquinet
Kamera: Jeanne Lapoirie
Schnitt: Monica Coleman

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{joomplucat:164 limit=3|columns=3}Bilder: Prokino

1 customer review

befriedigend
20.04.06
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