Ein Kuss von Béatrice

Kinoplakat Ein Kuss von Béatrice

Hinter dem irreführenden Titel steckt keine romantische Komödie, sondern ein Spielfilm, der den Hebammen dieser Welt ein Denkmal setzen möchte.

Claire (Catherine Frot) ist Hebamme mit Leib und Seele. Für sie ist es selbstverständlich, dass ihr eigenes Leben hinter den Bedürfnissen der anderen zurücksteht. Als alleinerziehende Mutter ist sie perfekt organisiert, stets gefasst und freundlich. Höflich gesprochen opfert sie das eigene Leben zum Wohl der anderen. Unfreundlich gesprochen ist sie eine graue Maus. Damit Claire aus ihren festgefügten Bahnen ausbricht, bedarf es Veränderungen von außen. Dass ihr studierender Sohn ausziehen wird und die Klinik die Entbindungsstation schließen muss reichen nicht aus, um Claire zu einer Veränderung zu bewegen. Erst als eine Ex-Geliebte ihres Vaters sie anruft, kommt etwas Bewegung in Claire, denn alte Wunden brechen auf und sie muss die Vergangenheit noch einmal Revue passieren lassen. Damit nicht genug, beginnt Béatrice (Catherine Deneuve) immer mehr Raum in Claires Leben zu beanspruchen. Zunächst widerwillig und dann aufopfernd bemuttert Béatrice nun auch die verflossene Liebe des verstorbenen Vaters. Was nicht bedeutet, dass es zwischen den zwei Frauen keine Reibung gibt. Und endlich ist Claire bereit für einen neuen Lebensabschnitt.

Kritik

Der Film "Ein Kuss von Béatrice" ist ausgesprochen ruhiges Kino in gemächlichem Tempo. Es erzählt die unaufgeregte Geschichte einer Wandlung, die ähnlich unspektakulär ausfällt wie die gesamte Handlung. Das Leben der Hauptdarstellerin ist zum Selbstzweck geworden, den sie selbst als erfüllend empfindet: für andere da sein. Das geht mit einer Scheu vor Veränderungen einher und erst genügend Impulse von außen bewirken das Verlassen der sicheren Position.
Diese Phase läutet das Aufeinandertreffen mit Béatrice ein. Der ehemalige Paradiesvogel ist alt geworden und muss nun mit den Konsequenzen des unsteten Lebens zurechtkommen. Da sie im Leben von Claires Vater eine entscheidende Rolle spielte, klagt Claire sie innerlich immer noch an. Deshalb kommt es zu vielen langen Dialogen zwischen den Frauen, die allerdings nicht zu einer Charakterstudie oder Charakterkino werden. "Ein Kuss von Béatrice" setzt auf sehr subtile Töne und Weglassen. Was dem Film nicht immer gut bekommt und auch nicht durchgängig gelingt. Viele Szenen enden einige Sekunden zu früh und transportieren den Eindruck nicht abgeschlossen zu sein. Am auffälligsten ist das in der Szene bei der Bank. Dort fragt Sophie nach einem Kredit und der Banker macht ihr klar, dass ihr Arbeitgeber ihr gekündigt hat und sie noch nicht einmal auf Stellensuche ist. Die Entscheidung über eine Zu- oder Absage schneidet die Szene ab. Dass Claire nicht auf Stellensuche ist, weiß der Zuschauer allerdings bereits und somit dient die Szene der Verdeutlichung.

Leider bleibt nicht nur die Handlung in einer Grauzone, sondern auch seine Hauptdarstellerin und ich vermisse es Claire kennenzulernen. Wie war das Verhältnis zu ihrem Vater? Weshalb ist sie allein erziehend? Worin besteht ihr Problem einen Mann als Partner zu akzeptieren? Was denkt sie wirklich über die Berufsentscheidung ihres Sohnes? Diese Fragen, die eine Person interessant machen, spart der Film leider aus. Angesichts der Lauflänge und der Konzentration auf nur zwei Figuren ist das enttäuschend.

Catherine Frot verkörpert die Rolle der grauen Maus mit Bravour. Neben ihr spielt Catherine Deneuve eine Frau, die versucht vom Ruhm der Vergangenheit zu zehren. Das betrifft die Rolle wie auch die Schauspielerin, denn vom vergangenen Glanz zeigt die Diva Deneuve aktuell wenig. Martin Provosts Antrieb für den Film kann ich nur deuten. Er lässt seine eigene Lebensgeschichte insofern in den Film einfließen, dass seine Geburt schwierig war und er der Hebamme im Nachhinein danken wollte. Da er ihren Namen nicht mehr recherchieren konnte, dankt er mit diesem Film. Das Wortspiel des französischen Originals sage femme und Sage-femme (weise oder brave Frau und Hebamme) widerspiegelt der deutsche Titel nicht. Der unpassende Titel bezieht sich auf die Aussage, dass früher ein Kuss von Beatrice mehr sagte als Worte.

Fazit
Empfehlen kann ich den Film eingeschworenen Fans der Hauptdarstellerinnen und allen, die sehr dialoglastiges Kino schätzen.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60 %


Original Filmtitel: Sage Femme
Land: Frankreich
Jahr: 2017
Laufzeit ca.: 117
Genre: Spielfilm
Verleih: Universum Film
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 08.06.2017
Heimkino: 27.10.2017

Regie: Martin Provost
Drehbuch: Martin Provost

Schauspieler: Catherine Frot (Claire Breton) • Catherine Deneuve (Béatrice) • Olivier Gourmet (Paul Baron) • Quentin Dolmaire (Simon) • Mylène Demongeot (Rolande) • Pauline Etienne (Cécile Amado) • Pauline Parigot (Lucie) • Marie Gili-Pierre (Evelyne) • Audrey Dana (Abteilungsleiterin) • Jeanne Rosa (Elodie) • Élise Oppong (Sophie) • Ingrid Heiderscheidt (Empfangsdame) • Jacques Mechelany (Francis) • Ana Rodriguez (Patientin) • Karidja Touré (Madame Naja)

Produktion: Martin Provost • Olivier Delbosc
Szenenbild: Thierry François
Kostümbild: Bethsabée Dreyfus
Maskenbild: Jean-Jacques Puchu
Kamera: Yves Cape
Ton: Brigitte Taillandier
Musik: Grégoire Hetzel
Schnitt: Albertine Lastera

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Bild: Universum Film

1 customer review

befriedigend
08.06.17
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