Im Westen nichts Neues

Kinoplakat Im Westen nichts Neues

Das Drama hat angesichts des im Jahr 2022 andauernden Ukraine-Krieg traurige Aktualität erhalten. Davon abgesehen erreicht es eine Qualität, die deutsche Kinofilme nicht oft bieten. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass das Drama von einem Streaming-Anbieter produziert worden ist. Andererseits spricht es für die Idee, Filme erst im Kino zu zeigen und danach im Heimkino. So bleibt dem Publikum die Wahl; wobei der parteiische Kritiker dafür plädiert, den Film im Kino zu schauen.

Für die Freunde Paul, Kat, Frantz, Albert und Tjaden ist es Ehrensache als Soldat in den Ersten Weltkrieg zu ziehen. Vor der Einberufung träumen sie davon, für Kaiser und Vaterland zu kämpfen. Im Schützengraben angekommen, können sie es kaum erwarten, endlich den ersten Franzosen abzuschießen. Die Hochstimmung dauert nicht lange an, denn der Krieg zeigt rasch sein hässliches Gesicht. Die Kälte kriecht durch die Kleidung, der Regen verwandelt den Schützengraben in ein Schlammfeld. Und so heroisch wie in der Fantasie ist der Krieg in der Realität nicht. Mann kämpft gegen Mann. Die Fronten wandern nur um Meter und der Tod ist allgegenwärtig. Ein Freund nach dem anderen stirbt. Und die zwei, die am längsten überleben, haben nur noch den Wunsch lebend nach Hause zurückkehren zu können. Sie träumen vom nächsten Weihnachten und den Frauen, die zu Hause auf sie warten. Derweil treiben die deutschen Generäle den Krieg voran, verschließen die Augen vor der Tatsache, dass der Krieg längst verloren ist und jeden Tag tausende Männer sterben. Selbst die Verhandlungen um einen Waffenstillstand verlaufen zäh. Auf dem Schlachtfeld sind nur noch Kat und Paul am Leben geblieben. Sie wissen, dass der Waffenstillstand nur noch eine Frage der Zeit ist. Dann plant General Friedrich einen letzten Schlag, um den Sieg doch noch herbeizuzwingen. Ein letztes Mal gehen die Männer in den Tod.

Kritik

Das Drama "Im Westen nichts Neues" gibt dem Schrecken des Krieges eine persönliche Note, indem es Freunde in den Krieg schickt. Schon bald sterben um die herum die Soldaten in Massen. Der erste Tod eines Freundes schockiert die anderen, doch die jungen Männer kämpfen wie besessen, werden selbst zu Tätern. Alltag im Krieg. Sie geraten mehrfach in Lebensgefahr und es gelingt zwei von ihnen relativ lange zu überleben.

Die Dramaturgie spart gleich zu Filmbeginn nicht mit heftigen Bildern. Reihenweise sterben die Männer in den Schützengräben. Die Deutschen lassen keine Gnade walten, und es wird ihnen keine Gnade zuteil. Als Zuschauer ist es nicht einfach mitanzusehen, wie die Freunde erst töten und dann um Gnade winseln, wenn der Feind sie übermannt. Es gibt Angriffe mit Gas und Panzer überrollen Soldaten. Wohin das Auge blickt, es herrscht Verzweiflung. Ein Stabsarzt stoppt einen Konvoi, damit die LKW die Verletzten abtransportieren. In den Lazaretten wird versucht Leben zu retten. Oder es werden Gliedmaßen ohne Betäubung amputiert. Ein Widerspruch, dass Menschenleben im Krieg nicht zählen und dann versucht wird Menschenleben zu retten.

Dem Donnerschlag folgt eine ruhige Phase, in der der Krieg an Heftigkeit verliert. Fast wirkt es wie der Ausklang des Anti-Kriegs-Films. Doch es folgt eine weitere Welle. Die Bilder werden noch bedrückender. Die Nerven der Soldaten lieben blank, während General Friedrich in sicherer Entfernung von der Front üppige Abendessen genießt und über das Kriegshandwerk fabuliert. Sein Verständnis vom Soldatenleben ist theoretisch, denn wie so viele Kriegstreiber kämpft er nicht an vorderster Front, sondern lässt die anderen kämpfen und sterben. Schließlich geht es nicht um den einzelnen Soldaten, sondern um die Sache. Dass die längst verloren ist, berührt den General nicht.

Dem Drama als solchem ergeht es ähnlich. Es stellt zwar einzelne Schicksale in den Mittelpunkt, doch in erster Linie geht es ums Ganze. An den Mimen fällt insgesamt auf, dass viele alte und nur wenige modernen Gesichter haben. Ihre Darstellung bleibt nicht in allen Fällen im Gedächtnis. Das findet der Kritiker zweitrangig. Auch dass das Drama gegen Ende die Darstellung arg auskostet, fällt kaum ins Gewicht. Schwerer wiegt für den Kritiker, dass der Film insgesamt beeindruckt.

Fazit
"Im Westen nichts Neues" bietet die zu erwartende Schlachtplatte. Ihn darauf zu reduzieren, wäre jedoch zu kurz gesprochen. Er zieht das Thema anders auf als beispielsweise "1917" und vertritt einen eindeutigen Standpunkt. Der Mensch kann eine Bestie sein und führt Kriege, die vielleicht das Ego einzelner befriedigen, aber vollkommen sinnlos sind. Netflix zeigt den Film zunächst im Kino und wenige Wochen danach im Streaming. Die Empfehlung des Kritikers lautet ins Kino zu gehen.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 80 %


Alternativtitel: All Quiet on the Western Front
Land: DeutschlandUSA
Jahr: 2022
Laufzeit ca.: 148
Genre: DramaKrieg
Verleih: Netflix
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 29.09.2022
Heimkino: 28.10.2022

Regie: Edward Berger
Drehbuch: Edward Berger • Ian Stokell • Lesley Paterson
Literaturvorlage: Erich Maria Remarque

Schauspieler: Felix Kammerer (Paul) • Albrecht Schuch (Kat) • Moritz Klaus (Frantz Müller) • Aaron Hilmer (Albert Kropp) • Edin Hasanović (Tjaden Stackfleet) • Devid Striesow (General Friedrich) • Daniel Brühl (Matthias Erzberger) • Thibault de Montalembert (General Ferdinand Foch) • Adrian Grünewald (Ludwig Behm) • Nico Ehrenteit (Soldat Lemrott) • Wolf Danny Homann (Feldgendarm Eguisac) • Charles Morillon (Capitaine Laperche) • Jakob Schmidt (Heinrich Gerber) • Peter Sikorski (Hauptfeldwebel) • Hendrik Heutmann • Sascha Nathan (Graf von Oberndorff) • Tobias Langhoff (Genaralmajor von Winterfeldt) • Alexander Klaus-Maria Schuster (Recruit Field Hospital) • Andreas Döhler • Michael Stange (Offzierl) • Daniel-Frantisek Kamen (Militärarzt) • Sebastian Hülk (Major von Brixdorf) • Dominikus Weileder (Der Junge)

Produktion: Daniel Marc Dreifuss • Malte Grunert
Szenenbild: Christian Goldbeck
Kostümbild: Lisy Christl
Maskenbild: Heike Merker • Aisha King
Kamera: James Friend
Musik: Volker Bertelmann
Schnitt: Sven Budelmann

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Bild: Netflix

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16.09.22
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