In voller Blüte

Kinoplakat In voller Blüte

Bernard Jordan verbringt seinen Ruhestand in einem britischen Altersheim. Die Einladung zum siebzigsten Jahrestag des D-Day wurde zu spät beantwortet und Bernie, wie sie ihn hier nennen, wird nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen können. Seine Frau Rene sieht, wie sehr ihren Mann das kränkt und schickt ihn los. Bernie verlässt das Altersheim heimlich und bricht gen Frankreich auf. Während der Überfahrt schließt er Freundschaft mit Arthur und die alten Männer verbringen einige aufregende Tage in Frankreich, während im Altersheim das Leben weitergeht. Rene deckt ihren Mann, so gut es möglich ist, derweil die Pflegeleitung Alarm schlägt. Und plötzlich wird Bernie von den Medien als Held gefeiert, als The Great Escaper.

Kritik

Im Jahr 2014 berichteten Medien über den abenteuerlichen Ausflug des britischen Rentners Bernard Jordan, der bei näherer Betrachtung eine schelmische Komponente aufweist und keine übermäßige Dramatik. Die Kunst bestand nun darin, den Stoff für einen Kinofilm dramatisch aufzubereiten. Der Drehbuchautor ging klassisch vor. Er teilt die Handlung in drei Stränge auf, setzt auf ausgeschmückte Fakten und zeigt denkbare Szenen. Eine Charakterstudie hat er nicht im Sinn.

Das ergibt ein stark entschleunigtes Drama, das Michael Caine am Rollator durch Brighton und Frankreich schlurfen lässt. Hindernisse muss Caine als Bernard Jordan keine aus dem Weg räumen. Er kauft eine Fahrkarte und die restlichen Herausforderungen löst der Zufall, indem er Arthur kennenlernt, der einen Freund sucht, und der es Bernard ermöglicht, die Reise mit wenig Geld zu finanzieren. Was auch dem Drehbuch weitere Erklärungen erspart. Fürs Publikum bedeutet es, dass das Abenteuer wenig abenteuerlich verläuft. Die Handlung schließt die zu erwartenden Szenen ein. Die Veteranen sprechen über alte Zeiten, es findet ein Besuch auf dem Soldatenfriedhof statt und Krieg als solcher wird als sinnlos entlarvt. Überraschend ist der Moment der Völkerverständigung. Unverständlich bleibt, warum Bernard im Jahr 2014 nicht auf die Idee kommt, seine Ehefrau anzurufen, etwa um zu sagen, dass es ihm gutgeht. Diese Vernachlässigung passt nicht so recht ins Bild der überaus romantischen Liebe des Paares.

Während Bernard in Frankreich weilt, hängt die Ehefrau in Großbritannien im Altersheim ihren Gedanken nach, es wird die romantische und über mehr als sechs Jahrzehnte andauernde Liebe in ihren Anfängen gezeigt. Die Bilder sind klassisch: Das Paar tanzt zu Swing, schaut einen Sonnenaufgang an.

Der dritte Handlungsstrang lässt bei Bernard Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg aufleben, die ihn bis in die Gegenwart verfolgen.

Umgesetzt ist das Drama mit der Extraportion Gefühl. Die auf achtzig bis neunzig Jahre geschätzte Rene erzählt der Pflegerin, dass ihre Kräfte schwinden und sie den Tod nahen spürt. Daraufhin beginnt die Pflegerin zu weinen und wirft sich an die Brust der alten Frau, die die junge Frau tröstet. Das ist sentimental. Oder nüchtern betrachtet steht die Frage im Raum, ob eine Pflegerin, die so schlecht mit dem Tod umgehen kann, nicht ihren Job verfehlt hat? So oder so empfindet der Kritiker diese und viele andere Szenen des Dramas als kitschig.

Die Leistungen, insbesondere der alten Menschen, sind zu loben. Michael Caine läuft zwar nur noch am Rollator, spielt seine Rolle jedoch gefasst. Glenda Jackson als seine Ehefrau Irene neigt dazu, die Szenen zu überziehen oder wurde dazu angehalten. Auch die restlichen Rollen schlagen sich tapfer.

Die Handlung berücksichtigt viel. Eine große Liebe, Kriegstrauma, Schuldgefühle, Völkerverständigung. Selbst nach dem Sinn des Lebens wird gefragt und keine Antwort darauf gefunden. Sinngemäß einigt sich das Paar darauf, dass sein Leben alltäglich war, und sie das Beste daraus gemacht haben. Das steht indirekt auch für den Film: Alltägliches unterhaltend dargestellt.

Fazit
Eine Begebenheit zum Drama auszubauen, gelingt "In voller Blüte" nur bedingt. Der dünne Stoff bleibt unscharf gezeichnet. Das stark entschleunigte Drama spricht in erster Linie gesetztes Publikum an. Jugendliche wird Michael Caine am Rollator wahrscheinlich nicht ins Kino locken.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: The Great Escaper
Land: Großbritannien
Jahr: 2023
Laufzeit ca.: 97
Genre: Drama

Verleih: Leonine
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 23.11.2023

Regie: Oliver Parker
Drehbuch: William Ivory

Schauspieler: Michael Caine (Bernard Jordan) • Glenda Jackson (Irene Jordan) • John Standing (Arthur) • Wolf Kahler (Heinrich) • Carlyss Peer (Vicky) • Danielle Vitalis (Adele) • Laura Marcus (Irene, jung) • Will Fletcher (Bernard, jung) • Donald Sage Mackay (Nathan) • Ian Conningham (LCT Commander Parker) • Jackie Clune (Judith) • Victor Oshin (Scott)

Produktion: Robert Bernstein • Douglas Rae
Szenenbild: Nick Palmer
Kostümbild: Emma Fryer
Maskenbild: Mark English • Jacqueline Fowler
Kamera: Christopher Ross
Musik: Craig Armstrong
Schnitt: Paul Tothill

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Bild: Leonine

 
 

 

 

1 customer review

Befriedigend
23.11.23
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