Kaltes Land

Kinoplakat Kaltes Land

Charlize Theron schlüpft in die Rolle einer Arbeiterin, die es als Erste wagt, sich vor Gericht gegen die sexuellen Übergriffe der Kollegen sowie die diskriminierende Behandlung durch ihren Arbeitgeber zu wehren. Theron gibt eine oscarreife Leistung.

In Deutschland kennen wir den mittlerweile veralteten Slogan "Mädchen in Männerberufen", der zu seiner Zeit Frauen Berufe nahebringen wollte, die selten von ihnen gewählt werden. Die Grubenarbeiter im Norden Minnesotas halten im Film "Kaltes Land" von solchen Schlagwörtern und Frauen als Kolleginnen gar nichts. Sie sind nur lästige Konkurrenz, die den Männern ihre angestammten - um nicht zu sagen naturgegebenen - Arbeitsplätze wegschnappen. Arbeitsplätze sind in der Gegend rar und Frauen können sich schließlich genauso gut als Hausfrau und Mutter verwirklichen. Dementsprechend haben die wenigen Arbeiterinnen im Tagebau einen schweren Stand. Es beginnt bei blöden Scherzen wie Gummipenissen in der Brotdose und endet mit offenen Beleidigungen, Sperma auf der Kleidung oder Drohungen und Vergewaltigungsversuchen.

Die erste Frau, die gegen diese Missstände aufbegehrt, ist Josey Aimes (Charlize Theron). Nach der Trennung von ihrem Mann ist sie, mit den beiden Söhnen, zurück zu ihren Eltern geflüchtet. Doch mit der Arbeitsaufnahme zieht der Unfriede ein. Ihre Eltern sind der Meinung, Josey müsse ihre Ehe um jeden Preis retten. Also auch einen prügelnden Ehemann erdulden. Der Vater kommt zudem nicht damit klar, dass seine Tochter nun einer ähnlichen Arbeit nachgeht wie er selbst. Doch die Freundschaft zu Glory (Frances McDormand), die sich in der Belegschaft bereits ihren Platz erkämpft hat, macht das alltägliche Hickhack anfangs erträglich.

Doch als Josey gegen die Diskriminierungen aufbegehrt, wenden sich alle Kolleginnen von ihr ab, Glory eingeschlossen. Keine will es riskieren, während des Kampfes um bessere Arbeitsbedingungen, den Arbeitsplatz zu verlieren. Deshalb tritt Josey ihren steinigen Weg alleine an, denn sie will sich das hart Erarbeitete nicht nehmen lassen. Der Job in der Mine ist für sie mehr als eine Arbeitsstelle: Zum ersten Mal in ihrem Leben ist sie unabhängig und ernährt ihre Söhne allein. Doch der Preis dafür ist hoch. Die Söhne wenden sich von ihr ab, der Vater verstößt sie und die Ehe ihrer Eltern steht kurz vorm Scheitern. Zudem beginnt das Aufdecken von dunklen Punkten ihrer Vergangenheit. Vor Gericht versucht die Gegenseite die Klägerin als liederliche Schlampe zu brandmarken, die als Teenager von ihrem Lehrer schwanger wurde. Somit muss Josey nicht nur um ihr Recht kämpfen, sondern während des Prozesses auch noch beweisen, als Schülerin von ihrem Lehrer vergewaltigt worden zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sie den Prozess nur dann gewinnen kann, wenn es ihr gelingt, die restlichen Frauen auf ihre Seite zu ziehen und eine Sammelklage anzustrengen.

Kritik

Der Film beginnt mit heftigen Bildern. An Weihnachten verlässt Josey Hals über Kopf ihren prügelnden Ehemann. Was folgt, ist der Kampf einer engagierten Frau, die gleiche Rechte verlangt. Aufgehängt ist ihre Erzählung an dem Gerichtsverfahren, dem später ein Sieg folgen wird. Insofern beruht die Handlung auf Tatsachen. Die Kamera ist jeweils sehr dicht am Geschehen und macht das Sehen nicht immer zum Vergnügen.

Etwas zweischneidig ist der Umstand, wie Regie und Drehbuch die Handlung gründlich auskosten. Keine Möglichkeit der Ausschmückung ist ausgelassen. In einer der ekeligsten Szenen spielen die Männer Josey einen fiesen Streich. Sie bringen das Klohäuschen zum Wackeln und stoßen es (vielleicht versehentlich) um. Die Frau verlässt das Häuschen dann in Fäkalien gebadet. Aber auch auf der psychologischen Ebene geht es zur Sache. So durchleben alle Beziehungen der Hauptdarstellerin Belastungsproben. Dabei schießt der Film durchaus übers Ziel hinaus. Beispielsweise erfahren neben Josey auffällig viele weitere Figuren eine grundlegende Wandlung. Die Mutter begehrt gegen die jahrzehntelang ertragene Rolle des Hausmütterchens auf und verlässt vorübergehend ihren Mann. Der Ehemann und Vater wiederum durchbricht ebenfalls sein Rollenverhalten und wendet sich zum verständnisvollen Vater, der plötzlich für seine angefeindete Tochter kämpft. Das wird weit gehend durch die guten Darstellerinnen getragen. Charlize Theron erinnert in ihrer brillanten Darstellung durchaus an den Film "Monster", für den sie ihren ersten Oscar gewann. Neben ihr glänzt Frances McDormand, die in einer vielschichtigen Rolle als Glory überzeugt. Etwas zu überzogen sind jedoch die Veränderungen der Eltern. Und die tragenden Männerrollen, sind so dargestellt, wie Frauen Männer gerne erlebten. Sie finden ihre Erfüllung darin, Frauen zu unterstützen - sei es als Rechtsanwalt oder als Krankenpfleger. Das wirkt bei allem Bemühen um Nähe und Authentizität dann doch irgendwie zu sehr wie Wunschdenken.

Fazit
"Kaltes Land" ist ein unbequemer, schwieriger Film. Er ist für Popcorn-Kino zu anspruchsvoll, gleichzeitig fehlt für Programmkino der künstlerische Aspekt. Er ist Unterhaltungskino mit Anspruch, der dem Kampf der Frauen ein Denkmal setzt. Das Bergarbeiter-Thema wird in Deutschland nicht zwangsläufig Publikum anziehen. Allein aufgrund der schauspielerischen Leistungen der Hauptrollen ist "Kaltes Land" jedoch sehenswert.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 80 %


Original Filmtitel: North Country
Land: USA
Jahr: 2005
Laufzeit ca.: 126
Genre: Drama
Verleih: Warner Bros.
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 09.02.2006
Heimkino: 09.06.2006

Regie: Niki Caro
Drehbuch: Michael Seitzman

Schauspieler: Charlize Theron (Josey Aimes) • Thomas Curtis (Sammy Aimes) • Elle Peterson (Karen Aimes) • Frances McDormand (Glory) • Sean Bean (Kyle) • Woody Harrelson (Bill White) • Jeremy Renner (Bobby Sharp) • Richard Jenkins (Hank Aimes) • Sissy Spacek (Alice Aimes) • James Cada (Don Pearson) • Rusty Schwimmer (Big Betty) • Linda Emond (Leslie Conlin) • Michelle Monaghan (Sherry)

Produktion: Nick Wechsler
Szenenbild: Richard Hoover
Kostümbild: Cindy Evans
Maskenbild: Denise Kum
Kamera: Chris Menges
Musik: Gustavo Santaolalla
Schnitt: David Coulson

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Bild: Warner Bros.

1 customer review

gut
09.02.06
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