Long Walk Home

Kinoplakat Long Walk Home

"Long Walk Home" ist einer der Filme, bei denen man sich ins Gedächtnis rufen muss, dass sie auf wahren Begebenheiten beruhen. Der Hintergrund des Dramas: Von 1910 bis 1976 gab es in Australien ein Gesetz, das Kinder von Aborigines und Mischlingskinder, also Kinder die als Eltern Aborigines und Einwanderer hatten, dem Schutz des Staates unterstellte. Im Klartext bedeutete dies: Kinder wurden ihren Eltern weggenommen und in staatlichen beziehungsweise kirchlichen Lagern erzogen, um in die weiße Gesellschaft eingegliedert zu werden. Manche Kinder wurden zur Adoption freigegeben.

Der Film stellt die Problematik mit unspektakulären Mitteln dar. Der Chief Protector A. O. Neville (Kenneth Brenagh), erklärt einem elitären Kreis von Damen, wie sich in nur zwei Generationen durch ausgesuchte Selektion die Merkmale der Aborigines heraus züchten lassen - am Ende steht der weiße Mensch. Gerade in dieser unaufgeregten Darstellung liegt die enorme Ungeheuerlichkeit, denn das Zuchtprogramm erinnert stark an Rassenwahn. So klagt der Film an: still und eindringlich. Drei junge Mädchen werden ihren Aborigine-Müttern weggenommen. Sie werden in ein kirchliches Heim gesteckt, wo junge Aborigines zu Hausangestellten und Farmarbeitern erzogen werden; wer Glück hat und hellhäutig genug ist, wird bei einer Selektion ausgesucht und kommt auf eine Schule, weil die Hellhäutigen klüger sind als die Dunkelhäutigen.

Beim ersten Anblick einer Nonne flüstert eines der Mädchen verschreckt: "Ein Gespenst!" Und wenn es die "Gespenster" mit den Kindern auch gut meinen, sind ihre Methoden doch mehr als fragwürdig. Selbst Babys werden den Müttern weggenommen und später wird den Kindern erzählt, sie hätten keine Mütter.
Molly Craig (Everly Sampi), ihre Schwester Daisy (Tianna Sansbury) und ihre Cousine Gracie (Laura Monaghan) glauben den Nonnen nicht und reißen bei einer günstigen Gelegenheit aus. Ein Gewitter zieht auf und wird ihre Spuren verwischen, denn der Aborigine Moogoo ist zum Mitläufer geworden, weil seine Tochter sich in den Händen der Weißen befindet. Er ist ein exzellenter Spurensucher und fängt fast jeden Ausreißer wieder ein. Doch an dem Mädchen-Trio beißt er sich die Zähne aus.

Der Film schildert die Flucht der Mädchen und ihren Weg nach Hause. Drei Monate lang sind sie unterwegs und legen zu Fuß 1500 Meilen zurück. Sie orientieren sich auf ihrer Flucht am Kaninchen-Zaun, dem Rabbit-Proof Fence (der Originaltitel des Films), der sich durch ganz Australien zieht. Ihre Flucht ist dramatisch, denn sie sind vollkommen auf sich selbst gestellt und wissen bei Begegnungen mit Menschen nie, ob diese sie verraten werden oder ihnen helfen.

Kritik

"Long Walk Home" ist umso eindringlicher, weil der Film  auf spektakuläre Darstellungen weitgehend verzichtet. Kein Tränen-Rührstück, sondern leises, intensives Kino, die Handlung ist Anklage und Mahnung genug. Das Lager, in das Molly, Daisy und Gracie gesteckt werden, hätte leicht zum Horrorszenario werden können, aber der Schock kommt in Form von verständnisvollen Nonnen, die sich in blütenweißen Gewändern durch den Wüstensand bewegen. Ihre Methoden sind eindringlich und unerbittlich. Ausreißer werden geprügelt und als Strafe werden ihnen die Haare abgeschnitten. Beim Waschen der Kinder machen die Nonnen den Eindruck als versuchten sie ihren Schützlingen die dunkle Hautfarbe vom Körper zu bürsten.

Der Fährtenleser Moogooo ist eine zwiespältige Figur. Er hat sich auf die Seite der Mächtigen geschlagen, bleibt aber ein Mitläufer und Handlanger, denn seine Tochter halten die Mächtigen als Faustpfand fest. So reitet er auf seinem Pferd in einer marineblauen Jacke durchs Outback, die Haare in englischen Schneid gezwängt und liest die Fährten der Ausreißer um sie ins Lager zurückzubringen. Sein Gesichtsausdruck verrät nicht viel; als Zuschauer fragt man sich, ob es ihm gelegen kommt, dass die Mädchen geschickter agieren als er oder ob es seine Ehre als Fährtenleser kränkt.

Fazit
Wer bereit ist sich als Zuschauer auf die Ruhe des Filmes einzulassen, wird mit einem eindringlichen Werk beschenkt.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 80 %


Original Filmtitel: Rabbit-Proof Fence
Land: Australien
Jahr: 2002
Laufzeit ca.: 94
Genre: AbenteuerBiografieDrama
Verleih: Arsenal Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 29.05.2003
Heimkino: 05.04.2004

Regie: Phillip Noyce
Drehbuch: Christine Olsen
Literaturvorlage: Doris Pilkington

Schauspieler: Kenneth Branagh (A. O. Neville) • Everlyn Sampi (Molly) • Laura Monaghan (Gracie) • Tianna Sansbury (Daisy) • David Gulpilil (Moogoo) • Jason Clarke (Constable Riggs) • Ningali Lawford (Mollys Mutter) • Myran Lawford (Mollys Großmutter) • Deborah Mailman (Mavis) • Natasha Wanganeen (Nina) • Garry McDonald (Mr. Neal) • Roy Billing (Polizist) • Lorna Leslie (Miss Thomas) • Celine O'Leary (Miss Jessop) • Kate Roberts (Leiterin des Camps) • Tracy Monaghan (Moodoos Tochter)

Produktion: Phillip Noyce • Christine Olsen • John Winter
Szenenbild: Roger Ford
Kostümbild: Roger Ford
Maskenbild: Kate Birch
Kamera: Christopher Doyle
Musik: Peter Gabriel
Schnitt: Veronika Jenet • John Scott

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Bild: Arsenal Filmverleih

1 customer review

gut
29.05.03
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