Midsommar

Kinoplakat Midsommar

Der Horrorfilm will den Zuschauer aufs dünne Eis locken. Irgendwo im fernen Schweden leben die Menschen ein idyllisches, alternatives Leben in Einklang mit der Natur. Wer fragt, welchen Preis die Menschen dafür zahlen, muss nur in den Spiegel sehen.

Dani macht gerade eine schwere Zeit durch und ihrem Freund Christian wird ihr ständiger Psychoterror zu viel – aber er schafft es nicht mit ihr Schluss zu machen. Stattdessen lädt er sie auf eine Reise nach Schweden ein, die er gemeinsam mit seinen Studienfreunden antreten will. Die sind von der Vorstellung wenig angetan. Nur Pelle ist erfreut davon einem weiteren Gast seine Familie vorzustellen zu können.

In Skandivnavien werden die Amerikaner von den hinterwäldlerisch lebenden Schweden freundlich begrüßt. Ihr Leben in Abgeschiedenheit bildet einen wohltuenden Kontrast zum Alltag in der hektischen, amerikanischen Großstadt und die Schweden bereiten gerade ein besonderes Fest vor, das so nur alle neunzig Jahre gefeiert wird. Die Gäste ahnen nicht, dass sie dabei eine entscheidende Rolle spielen sollen.

Kritik

Über rückständig lebende Sekten gibt es allerhand Schauermärchen. "Midsommar" erinnert ein wenig an "Wicker Man - Ritual des Bösen", geht jedoch andere Wege. Die mysteriöse Handlung lässt sich viel Zeit und quält den Zuschauer mitunter durch langatmige Szenen und Wiederholungen. Auf Schockeffekte wird weitgehend verzichtet, auf Schreckmomente gänzlich. Der Plot will mit einer subtilen Spannungskurve überzeugen. Im Ergebnis ein durchschnittlicher Mystery-Film. Ins Detail geht die Kritik.

Die Handlung möchte eine glaubwürdige Idylle präsentieren und anschließend den Horror hinter dem Schönen offenbaren. Das gelingt aus meiner Sicht nicht, weil die Fassade nur ein Schein ist und nicht entzaubert werden kann. Dass die Menschen dort ganzjährig leben, kaufe ich dem Film in keiner Minute ab. Anstelle von gelebtem Leben bietet er ein aufgesetztes Szenario. Ihm fehlen Momente, die beim Zusammenleben zu beobachten sind, etwa Vertrautheit oder kleine Reibereien. Zu oft stehen die Statisten wie zufällig anwesend im Bild. Und auch die Grundlagen scheinen fraglich. In diesem lebenden Museumsdorf schlafen alle in einem großen Puppenhaus. Und warum sehen einige Männer steinalt aus, wenn sie nicht älter als 72 Jahre werden?

Eine verbindende Religion, die die Menschen zusammenhält, stellt die Handlung nur im Ansatz vor. Einen Grund dort leben zu wollen, erkenne ich nicht. Wer unterwirft sich freiwillig diesen Gesetzen, bei denen unklar ist, wovon der Einzelne profitiert. Einige Strukturen sind faschistisch, freie Liebe gibt es nicht, sondern nur mit Erlaubnis. Manche Rituale sind heidnisch ohne zu einer Naturreligion zu werden. Es tritt eine Art Bienenkönigin auf, die ihr Volk wahrscheinlich regiert. Herausgestellt ist das nicht und am ehesten ist das Ganze ein unvollendeter Mischmasch. Selbiges gilt für die Szenen, die an Hippies, Drogenkonsum sowie Ausdruckstanz und Selbsterfahrung erinnern.

Die Kamera ist optisch nahe dran an Hauptdarstellerin Dani und zugleich emotional distanziert. Bis zum Ende des Films gelingt es mir nicht Nähe zu ihr und den restlichen Figuren aufzubauen, die Abziehbilder bleiben. Ein Grund mehr mit den Schultern zu zucken, wenn einer der Naivlinge von der Bildfläche verschwindet. Dass es allerdings die Freunde nicht beschäftigt, wenn am nächsten Morgen einer aus der Gruppe fehlt, lässt tief blicken in der Hinsicht, dass die Beziehungen zwischen den Freunden nicht dargestellt werden. Es kommt zu einem kurzen Streit zwischen Christian und Josh; der ohne Ergebnis versandet. Wer als Zuschauer mehr erfahren möchte vom Zwischenmenschlichen geht leer aus.

Fragen wie die, warum keiner der Freunde das falsche Spiel durchschaut, bleiben offen. Die Amerikaner sind übermäßig naiv: Sie lassen sich wiederholt unter Drogen setzen und unternehmen keinen Fluchtversuch. Wenn kurz nach Abreise der Britin Todesschreie zu hören sind, dann interessiert das niemanden. Zudem leuchtet nur fallweise ein, warum die Leute bleiben. Dani ist psychisch labil und Christian ist aus unerklärten Gründen von der Sekte angetan. Josh und Mark haben keinen nennenswerten Charakter und benötigen keine Motivation. Damit steht die Darstellung der Personen und Schicksale im Widerspruch zur Handlung, weil die Erzählung vom Inhalt leben will und zu oberflächlich bleibt, um das zu erreichen.

Die Jahreszeit passt nicht zu Schweden. Im Mai herrschen dort Temperaturen von durchschnittlich 13 Grad und es ist zu kalt für die dünne Kleidung, die im Film getragen wird. Die Sommersonnenwende Mittsommer wird im Juni gefeiert, während die Sekte eine Maikönigin krönt. Wie sie fernsehen oder einen Film projizieren, den die Kinder anschauen, wüsste ich gerne, denn es gibt ansonsten keine elektrischen Geräte oder einen Stromgenerator zu sehen. Für den Handlungsort fehlt eine Begründung und die Handlung könnte auf einer beliebigen Lichtung spielen. Insgesamt weiß das Szenenbild mit seinen vielen Schnitzereien und Wandzeichnungen zu gefallen und die Landschaft ist schön.

Der Plot geht ausgesprochen ruhig dahin und ist ein Schmaus für Fans von langatmigen Filmen. Die Spannungskurve ist von Beginn an flach und bleibt es. Ein klassischer Höhepunkt ist nicht auszumachen. Mit Horror wird gespart und die wenigen blutigen Szenen sind ausgekostet. So bedürfte es keiner Nahaufnahme der Körper nach dem Fall. Wenig ästhetisch und zu kalkuliert sind die nackten Frauenkörper in der unfreiwillig komischen Zeugungsszene.

Fazit
Der Film "Midsommar" steht und fällt damit, ob man ihm auf den Leim geht. Wer wie ich das Ganze als Museumsdorf empfindet, geht leer aus. Der Plot ist zu vorhersehbar und zu früh verrät der Film wohin die Reise geht, indem der am Boden sitzende Christian beim Tanz "Häute den Narren" einen Tritt abbekommt. Die vielen Wiederholungen nutzen sich ab und der Gesang nervt.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %

Nachtrag. Der Verleih hat kurzfristig bekannt gegeben, dass die freiwillige Selbstkontrolle den Film anders einstuft. Die FSK steigt von zwölf auf sechzehn Jahre. Zudem kündigt der Verleih an, dass fürs Heimkino auch ein um fünfundzwanzig Minuten längerer Director's geplant ist.


Land: USA
Jahr: 2019
Laufzeit ca.: 147
Genre: DramaHorrorMysteryThriller
Verleih: Weltkino
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 26.09.2019
Heimkino: 07.02.2020

Regie: Ari Aster
Drehbuch: Ari Aster

Schauspieler: Florence Pugh (Dani) • Jack Reynor (Christian) • William Jackson Harper (Josh) • Vilhelm Blomgren (Pelle) • Will Poulter (Mark) • Ellora Torchia (Connie) • Archie Madekwe (Simon) • Dag Andersson (Sven) • Björn Andrésen (Dan) • Anders Back (Valentin) • Anders Beckman (Arne) • Mats Blomgren (Odd)

Produktion: Patrik Andersson • Lars Knudsen
Szenenbild: Henrik Svensson
Kostümbild: Andrea Flesch
Maskenbild: Ildikó Ambrus
Kamera: Pawel Pogorzelski
Musik: The Haxan Cloak
Schnitt: Lucian Johnston

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Bild: Weltkino

1 customer review

befriedigend
25.08.19
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