Matthias ist ein Meister seines Fachs. Über die Begleit-Agentur seines Freundes David können Menschen Begleiter für viele Lebenslagen mieten: Matthias steht seiner Kundschaft als Freund, Lebenspartner oder Sohn zur Verfügung. Er ist eloquent und anpassungsfähig. Im Laufe der Zeit hat Matthias seine Kunst derart weit getrieben, dass er seinen eigenen Charakter vergessen hat. Seine Freundin Sophia gibt ihm darum den Laufpass. Das weckt in Matthias Zweifel. Sind Beruf und Privatleben zweierlei Dinge? Wer bin ich?
Kritik
Der österreichische Drehbuchautor und Regisseur Bernhard Wenger stellt mit der Komödie "Pfau – Bin ich echt?" seinen ersten Langfilm vor, verantwortet das Drehbuch und die Regie. Viel für ein Gesellenstück – und zu viel für einen gelungenen Film. Die Idee der Komödie ist gut. Ein junger Mann hat im Beruf eine Meisterschaft erlangt und zahlt dafür den Preis, dass er seine eigene Persönlichkeit aufgelöst hat. Matthias ist zu menschlichem Knetgummi geworden und passt in jede Situation. Leider vertritt er selbst im Privaten weder Standpunkte noch Meinungen. Als ihm das bewusst wird, sucht er nach einem Ausweg und findet ihn in der Eskalation.
Wie gesagt, ist die Idee gut, die Umsetzung bedauerlicherweise nicht. Es fehlt der Handlung an Ausarbeitung. Matthias ist ein belangloser Mann in einem belanglosen Umfeld, der Belangloses erlebt. Die Handlung serviert nur Bruchstücke von Minuten Dauer und springt munter. Das passt ins Gesamtkonzept, dass alles in dieser Komödie nur schöner Schein ist. Fürs Publikum bedeutet es jedoch, dass es Matthias nie kennenlernt. Er hat keine Vergangenheit und keinen Charakter. Was ihm widerfährt, bleibt in der Mehrzahl ohne Konsequenz. Nur in einem Fall hat er anhaltendes Pech. Doch auch diese Ausnahme fällt unter die Regel, dass das Drehbuch schlecht ausgearbeitet ist. Die Beziehungen der Menschen untereinander bleiben bedeutungslos. Die Motivationen sind meist unerforscht. So hat Matthias eine Kollegin, die ihm im ersten Anlauf einen Korb gibt und später fordert, ihn bei einem Einsatz zu begleiten. Ob das Interesse der Kollegin nun beruflicher oder privater Natur ist, erfahren wir nicht. Matthias mietet sich einen Hund, der nur einmal einen Zweck erfüllt. Während Matthias und seine Bekanntschaft im Hintergrund intim sind, liegt der Hund auf dem Sofa und leckt sich an einer bestimmten Körperstelle. Das ist einer der wenigen hintersinnigen Scherze. Zu dem gesellen sich viele alte Kamellen. Der bestellte Installateur ist eine Installateurin; ein für Matthias verwirrender Umstand (der an das überholte Motto "Mädchen in Männerberufen" denken lässt). Matthias wird im Büro von David getröstet und die Umarmung erinnert an ein schwules Paar. Selbstverständlich öffnet eine Kollegin die Bürotür, sieht die Umarmung und ist peinlich berührt. Erschwerend kommt das schlechte Timing hinzu. Die besagte Umarmung dauert so lange, dass der anschließende Witz mit Ansage geschieht. Enttäuschend ist, dass der Humor insgesamt sehr kurz kommt und die Entlarvung fehlt. Auch für Matthias ist die Fallhöhe gering. Für das Publikum ist das kaum unterhaltend, weil das menschliche Chamäleon Matthias eine uninteressante Figur ist.
Gelungen ist "Pfau - Bin ich echt?" das Szenenbild. Die Szenarien sind kühl und gestochen. Auch die Besetzung passt wunderbar, selbst die Nebenrollen und Statisten ergeben ein optisch schönes Bild.
Fazit
Die Komödie stellt Oberflächlichkeit oberflächlich dar und verliert dadurch. Das Geschehen erinnert an überlange Fernsehwerbung und verschweigt, worin der Knackpunkt besteht.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 40 %
Land: Deutschland • Österreich
Jahr: 2024
Laufzeit ca.: 102
Genre: Tragikomödie
Verleih: Wild Bunch
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 06.02.2025
Regie: Bernhard Wenger
Drehbuch: Bernhard Wenger
Schauspieler: Albrecht Schuch (Matthias) • Julia Franz Richter (Sophia) • Anton Noori (David) • Theresa Frostad Eggesbø (Ina) • Branko Samarovski (Johann) • Maria Hofstätter (Vera) • Salka Weber (Nora) • Tilo Nest (Kunde 60er Feier) • Maria Fliri (Hoteldirektorin) • Michael Gampe (älterer Herr) • Lena Kalisch (Sekretärin)
Produktion: Michael Kitzberger • Wolfgang Widerhofer • Markus Glaser • Nikolaus Geyrhalter
Szenenbild: Katharina Haring
Kostümbild: Gitti Fuchs
Maskenbild: Nora Conradi • Julika Leiendecker
Kamera: Albin Wildner
Ton: Ken Rischard
Musik: Lukas Lauermann
Schnitt: Rupert Höller
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Bild: Wild Bunch