Public Enemies

Kinoplakat Public Enemies

Unter bestimmten Umständen vergisst ein Teil der Bevölkerung, dass ein Verbrecher Straftaten begeht. Aus Deutschland stammt der Kaufhauserpresser Arno Funke, der als Dagobert bekannt wurde. Wiederholt gelang es ihm der Polizei zu entkommen, die in den Medien gerne in ein schlechtes Licht gerückt wurde. So soll ein Polizeibeamter bei der Verfolgung von Funke auf nassen Blättern ausgerutscht sein, während die Presselandschaft von einem Ausrutscher auf Hundekacke berichtete. Ein weiterer Punkt, der Dagobert für viele Menschen sympathisch machte: Er trickste die Polizei mehrfach aus, teils mit verspieltem technischem Gerät.

Anders gelagert ist der Fall John Dillinger, der im Amerika der frühen 1930er Jahre für Furore sorgte. Während seiner kurzen Verbrecher-Karriere, die nur 13 Monate dauerte, wurde er zur Berühmtheit. Während der großen Depression sahen viele Menschen in ihm so etwas wie den Rächer. Einen, der das tat, was man selbst gerne getan hätte: Banken überfallen und das Leben auskosten. Wie Funke erntete Dillinger die Sympathie der Masse. Und das, obwohl er und seine Männer ungewöhnlich konsequent vorgingen. Sie nutzten neueste Maschinenpistolen, mit denen sie gnadenlos jeden niederschossen, der sich ihnen in den Weg stellte, und sie fuhren die neuesten und damit schnellsten Autos.

Darüber hinaus machte es ihnen die Polizei leicht, denn zu Beginn von Dillingers Laufbahn hatte jeder Bundesstaat seine eigene Polizeibehörde. Eine Zusammenarbeit über Landesgrenzen gab es nicht. Und so kam zu der kuriosen Situation, dass das Übertreten einer Bundesstaatsgrenze ausreichte, um ein freier Mann zu sein. Diesen Missstand nutzte J. Edgar Hoover, um die Gründung einer landesweiten Polizeibehörde voranzutreiben. Was als Bureau of Investigation begann, wurde später das Federal Bureau of Investigation (FBI). Hoover setzte Melvin Purvis auf Dillinger an. Doch erst nach wiederholten Fehlschlägen gelang es Purvis' Team John Dillinger zur Strecke zu bringen. Standesgemäß wurde er nach einem Kinobesuch auf offener Straße niedergeschossen.

Kritik

In "Public Enemies" besiegelt der Tod den Heldenstatus und gleichzeitig einen Stilbruch. Denn erst kurz vor Ende des Films wird Dillinger (Johnny Depp) zum Helden: Durch seinen Spaziergang über die Polizeistation und den entwürdigenden Tod im Rinnstein. Bis dahin ist er zwar als sympathische Figur inszeniert, während die Ermittler meist den Kürzeren ziehen, aber der Film verzichtet darauf ihn als Robin Hood oder romantischen Verbrecher zu zeigen.

Gut gefällt hat mir die Idee, den Stoff nicht als Charakterstudie zu inszenieren und die Schauspieler in den Vordergrund zu stellen, sondern als Spielfilm, in dem John Dillinger von Johnny Depp gespielt wird. Darin werden die letzten 13 Monate eines Lebens stilistisch nahezu perfekt umgesetzt. Vom Haarschnitt bis zum Hemdknopf scheint hier alles zu stimmen und der Film gerät zur Zeitreise. Nur bei den Autos wird gemogelt, weil dem Regisseur die Modelle der 1933 bis 1934. Jahre besser gefallen.

Der Haken an der Erzählweise ist, dass sie den Film nur bedingt trägt. Es wird nicht nach Erklärungsversuchen gesucht. Es gibt keine entbehrungsreiche Kindheit oder andere prägende Momente. Dillinger ist eine fertige Figur. Allerdings wird er, wie auch die restlichen Figuren, derartig schwach charakterisiert, dass die Rollen kaum zum Leben erwachen. Etwas überzogen gesprochen ist es wieder ein typisch amerikanischer Gangsterfilm. Und würde nicht Johnny Depp die Hauptrolle spielen, drohte er in der Masse von Filmen, die jedes Jahr ins Kino kommen, unterzugehen.

Ein weiterer Minuspunkt ist die übertriebene Lauflänge von 140 Minuten. Während mich der Film zunächst noch für sich einnimmt, schwindet meine Begeisterung, nachdem ich mich an den Requisiten und Kostümen sattgesehen habe. Dann fallen die Schwächen auf. Etwa, dass Christian Bale einen sehr farblosen Gegenspieler darstellt. Oder die Liebesgeschichte zwischen Dillinger und Billie Frechette zunächst bedeutungsschwanger scheint: Wird sie ihn verraten? Doch am Ende verpufft die aufgebaute Spannung. Schwer nachvollziehbar ist auch der Umstand, dass viele Nebenrollen nur Statisten bleiben, obwohl sie mit guten Darstellern besetzt sind.

Nicht zuletzt verwundert die Austarierung der Erzählstränge. Eigentlich besteht die Story aus zwei Motiven. Wie John Dillinger zur Legende wird und wie das FBI entsteht. Doch von der Entstehung der modernen Ermittlungsmethoden weiß der Film nur wenig zu berichten. Er zeigt die erste Telefonüberwachung und Ansätze von Profiling, doch alles in allem bleibt der Handlungsstrang FBI ein Stiefkind.

Fazit
Der Film "Public Enemies" ist handwerklich gut gemacht. Beispielsweise sprechen viele Darsteller einen Südstaaten-Akzent. Auch die ungeschönte, um nicht zu sagen sehr harte Filmsprache, ist gelungen. Die Schießereien vermitteln den Eindruck: Es geht hier wirklich um Leben und Tod. Würde "Public Enemies" nicht bei der Vertiefung der Charaktere patzen und wäre die Austarierung der Story gelungen, hätte es ein richtig großer Film werden können.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Land: USA
Jahr: 2008
Laufzeit ca.: 140
Genre: BiografieDramaKrimi
Verleih: Universal Pictures International
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 06.08.2009
Heimkino: 10.12.2009

Regie: Michael Mann
Drehbuch: Ronan Bennett • Ann Biderman • Michael Mann
Literaturvorlage: Bryan Burrough

Schauspieler: Johnny Depp (John Dillinger) • Christian Bale (Melvin Purvis) • Christian Stolte (Charles Makley) • Jason Clarke ('Red' Hamilton) • Stephen Graham (Baby Face Nelson) • David Wenham (Harry 'Pete' Pierpont) • John Judd (Turnkey) • Stephen Dorff (Homer Van Meter) • Michael Vieau (Ed Shouse) • John Kishline (Guard Dainard) • Carey Mulligan (Carol Slayman) • James Russo (Walter Dietrich) • Giovanni Ribisi (Alvin Karpis) • Wesley Walker (Jim Leslie) • Billy Crudup (J. Edgar Hoover) • Marion Cotillard (Billie Frechette)

Produktion: Kevin Misher • Michael Mann
Szenenbild: Nathan Crowley
Kostümbild: Coleen Atwood
Maskenbild: Jane Galli
Kamera: Dante Spinotti
Musik: Elliot Goldenthal
Schnitt: Paul Rubell • Jeffrey Ford

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Bild: Universal Pictures International

1 customer review

gut
06.08.09
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