Stiller

Kinoplakat Stiller

Die Inszenierung zieht es vor werkstreu zu sein und dem Alter der Romanvorlage zu entsprechen. Das ist dem Drama abträglich und gleichermaßen zuträglich.

Während einer Zugfahrt durch die Schweiz wird ein Mann verhaftet, der im Verdacht steht, ein seit Jahren gesuchter Straftäter zu sein. Der Beschuldigte behauptet jedoch, ein amerikanischer Staatsbürger zu sein und nicht der gesuchte Anatol Stiller. Bis zur Klärung wird der Mann, der vorgibt, James Larkin White zu heißen, in Gewahrsam genommen. Sein Verteidiger hat es schwer, zu ihm vorzudringen. Die Anklage versucht herauszufinden, ob White nicht doch Stiller ist, und zieht Menschen zurate, die mit Stiller in Kontakt standen. Selbst Stillers Ehefrau Julika ist nicht in der Lage zu urteilen, was richtig und was falsch ist. Trotzdem fühlt sie sich zu dem Fremden hingezogen und der erwidert ihre Liebe. Die Anklage sieht sich schon fast am Ziel, als eine unerwartete Wendung eintritt.

Kritik

Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch veröffentlichte seinen gleichnamigen Roman 1954. Das Drehbuch passte die Romanvorlage für die Verfilmung an, unterließ jedoch eine Modernisierung des Stoffs. Die Figuren handeln nicht wie Figuren eines naturalistischen Dramas, sondern wie Schauspielerinnen und Schauspieler auf einer Theaterbühne. Das ist kein Minuspunkt. Es ist nur hilfreich, dies zu wissen und mit entsprechender Erwartung ins Kino zu gehen. Die Personen der Handlung bleiben formal, sie kehren nicht ihr Innerstes nach außen, auch die bei Theaterstücken privaten Momente, in denen eine Figur etwa in einem Monolog ihr Seelenleben offenbart, gibt es im Film nicht. Was Stillers Beweggründe sein mögen, sagen Menschen und Szenen aus und nicht die Figur selbst. Das unterstreicht den Rätselcharakter des Films, ist jedoch im Jahr 2025 ungewöhnlich. Die Handlung strahlt, und das verstärken die Dialoge, etwas Sprödes aus. Auch das wertet das Drama nicht ab.

Ein Wermutstropfen besteht darin, dass die Handlung ab einem Punkt des Rätsels Lösung verrät, indem sie den gesuchten Stiller charakterisiert. Wer nun richtig geraten hat, für den beginnt die Dramaturgie an Spannung zu verlieren. Zudem ist es bei einem Film des Jahres 2025 enttäuschend, dass rein die Hauptrolle im Mittelpunkt steht und es eine untergeordnete Rolle spielt, wie es einer Frau ergeht, wenn nach sieben Jahren ein Mann auftaucht, der vielleicht ihr Ehemann ist. Stillers Freundeskreis, in den er vor sieben Jahren eingebunden war, erfährt bei der Ermittlung nicht die mögliche Berücksichtigung. Beispielsweise hatte die jetzige Ehefrau des Staatsanwaltes eine Affäre mit Stiller. Das macht den Staatsanwalt eifersüchtig und befangen. Ein Aspekt, den der Film nur anreißt.

Die Schauspielerinnen und Schauspieler arbeiten sehenswert. Je älter, desto stärker treten sie auf. Das Szenenbild fängt die 1950er Jahre gut ein. Die Kamera nährt den Eindruck von verfilmtem Theater. Während die Szenen der Ermittlung in Farbe gezeigt werden, taucht die Schilderung der Vergangenheit in Schwarzweiß ab.

Fazit
"Stiller" ist kein moderner Film, sondern sprödes, verfilmtes Theater. Der Kern des Dramas ist zeitlos und trotzdem heute nur noch bedingt aktuell angesichts des Gesichtspunktes, dass die Festlegung einer Rolle und Rollenverhaltens nicht mehr dem entspricht, was zu der Zeit gegolten hat, in der der Roman entstanden ist. Die Inszenierung zieht es vor werkstreu zu sein und dem Alter der Romanvorlage zu entsprechen. Das ist dem Drama zuträglich und gleichermaßen abträglich.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Land: Deutschland
Jahr: 2024
Laufzeit ca.: 95
Genre: Drama

Verleih: Studiocanal
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 30.10.2025

Regie: Stefan Haupt
Drehbuch: Alex Buresch • Stefan Haupt
Literaturvorlage: Max Frisch

Schauspieler: Albrecht Schuch (James Larkin White) • Paula Beer (Julika) • Maximilian Simonischek (Staatsanwalt Rolf) • Stefan Kurt (Dr. Bohnenblust) • Sven Schelker (Anatol) • Marie Leuenberger (Sibylle) • Ingo Ospelt (Untersuchungsrichter) • Martin Vischer (Sturzenegger) • Gabriel Raab (Dr.Bretscher)

Produktion: Anne Walser • Philipp Worm • Tobias Walker
Szenenbild: Su Erdt
Kostümbild: Monica Schmid
Maskenbild: Miria Germano • Miriam Blank • Florence Schatti
Kamera: Michael Hammon
Ton: Patrick Storck
Musik: Richard Ruzicka • Ostravia Castelotti
Schnitt: Franziska Köppel

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Bild: Studiocanal

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