1:1 Eins zu eins

Kinoplakat 1:1

Die Dänin Mie ist 17 Jahre jung und hat den Palästinenser Shadi als Freund. Mies Mutter Sos ist damit einverstanden, ihren chronisch unzufriedenen Bruder Per interessiert es nicht. Aber die Familie von Shadi stammt aus dem traditionellen Muslimlager und vor ihr muss Shadi seine dänische Freundin geheim halten.

Der Film "1:1- Auge um Auge" ist das neue Werk der dänischen Regisseurin Annette K. Olesen, die schon mit kleinen, feinen Filmen wie "Kleine Missgeschicke" und "In deinen Händen" ihr Talent bewiesen hat. Den Film "1:1" über den kulturellen Graben zwischen Dänen und muslimischen Einwanderern hat Olesen fast ausschließlich mit Laiendarstellern gedreht.

Dänemark, das Land des "Karikaturenstreits". Die hübsche Mie (Debüt für Joy K. Petersen) lebt mit ihrer Mutter Sos (weltoffen: Anette Stovelbaek, "Italienisch für Anfänger"), einer engagierten Sozialarbeiterin und ihrem chronisch unzufriedenen und mäkelnden Bruder Per (Debüt für Jonas Busekist) in einer hübschen Maisonettewohnung in einer Vorstadt. Die 17-jährige Mie hat einen Freund, den attraktiven Palästinenser Shadi (Debüt für Mohammed Ali Bakier). Außer seiner Hautfarbe ist Shadi kaum von einem Dänen zu unterscheiden. Er spricht gepflegt, ohne Akzent, ist gebildet, freundlich und höflich. Ganz anders ist da sein Bruder Tareq - ein richtiger Prolet. Er pflegt seinen gutturalen Ausländerakzent mit Bedacht und hat nur eines im Sinn: Im Boxring zum Star zu werden. Jeden Tag ist er in der Boxschule beim Training, denn die Schule hat er versiebt, und mit ein paar kriminellen Verfehlungen hat er sich auch die Aussicht auf einen Job oder eine Ausbildung vergeigt. Da er ein guter Boxer ist, hat ihn sein Boxlehrer für einen wichtigen Kampf angemeldet. Die Eltern von Tareq und Shadi sind einfache Leute. Der Vater (Nassim Al-Dogom) ist Taxifahrer, die Mutter (Rose Copty) Hausfrau. Sie sind traditionelle Muslime, die Wert auf Recht und Ordnung legen, und die Tochter muss ein Kopftuch tragen. Im Gegensatz zu Mies Mutter Sos, würden sie eine dänische Frau für ihren Sohn Shadi nie akzeptieren, also muss Shadi seine Beziehung zu Mie vor ihnen geheim halten.

Eines Nachts findet der Wachmann Ole (stark und simpel: Brian Lentz) mit seinem Hund durch Zufall Per schwer verletzt auf dem Gehweg liegend. Im Krankenhaus wird festgestellt, dass er schlimme Kopfverletzungen hat, im Koma liegt, und niemand weiß, ob er je wieder aufwachen wird. Keiner weiß, wie es dazu gekommen ist, niemand hat zunächst einen Verdacht. Doch dann taucht ein Zeuge auf, der zwei junge Männer hat wegrennen sehen. Einer trug eine helle Jacke, der andere eine dunkle Kappe. Jetzt wird Shadi misstrauisch, denn als er an jenem Abend nach Hause kam, fand er Tareq mit seinem Freund Wisam im Badezimmer vor. Wisam hatte eine blutige Nase, die er sich angeblich geholt hatte, als er mit Tareq herumalberte. Tareq trug an diesem Abend eine helle Jacke und sein Freund eine dunkle Kappe. Und Tareq ist bekannt für seine unmotivierten Wutausbrüche, und Per ist dafür berühmt, dass er gerne Ausländer anpöbelt. Hatten sich die drei vielleicht getroffen, und Tareq ist wieder einmal ausgerastet? Behutsam versucht Shadi das herauszufinden, aber Tareq mauert und wird sauer. Wenn sich der Verdacht herumspricht, kann er seine Boxkarriere in den Wind schreiben. Benji, der beste Freund von Per, bietet Mie seine Hilfe an. Er will unbedingt herausfinden, wer seinen Freund so zusammengeschlagen hat, und Rache nehmen. Doch Mie weiß auch nichts. Auch Ole, der große, kräftige, aber etwas unterbelichtete Wachmann, versucht auf eigene Faust etwas über den Vorfall herauszufinden. Der einsame Mann war ein paar Mal im Krankenhaus und hat dort Sos kennengelernt und sich in sie verliebt. Um ihr zu imponieren, verschärft er seine Suche nach dem oder den Tätern. Als ihm zufällig zu Ohren kommt, dass eventuell Tareq, den er aus dem Boxklub kennt, daran beteiligt sein könnte, trompetet er das sofort herum. So kommt das Gerücht auch zu Mie, die daraufhin empört mit Shadi bricht und sofort Benji anruft. Das hat schlimme Folgen für alle Beteiligten.

Kritik

Der Film "1:1 - Auge um Auge" bemüht sich, das schwierige Miteinander der Nationen und Religionen eindringlich darzustellen. Das geht schon damit los, dass Shadi seinen Eltern Mie nicht vorstellen darf, weil sie den falschen Glauben hat. Das geht weiter mit dem unsympathischen Macho Tareq, der nicht nur seinen jüngeren Bruder schikaniert, sondern auch ganz besonders seine jüngere Schwester, der er sogar versucht das Telefonieren mit dem Handy zu verbieten. Tareq ist außerdem ein Lügner und Betrüger. Er lügt seine besorgten Eltern an, seinen Bruder, seinen besorgten Boxtrainer, und er lügt sich natürlich auch selbst in die Tasche. Während Shadi, der gute Schüler, sich dem Land, in dem er jetzt lebt, angepasst hat, hält sich Tareq, so wie seine Eltern, an die Sitten und Gebräuche, die sie aus der alten Heimat gewohnt sind. Und ecken damit natürlich ständig an.

Es ist aber auch ein Film über Vertrauen. Shadi hat den Verdacht, dass sein Bruder Tareq mit dem Überfall auf Per zu tun haben könnte, aber er sagt kein Wort zu Mie. Als er seinen Bruder deswegen zur Rede stellt, lügt der ihn kalt lächelnd an und droht ihm sogar. Als Ole von diesem Verdacht erfährt, erzählt er ihn herum, ohne sich zu vergewissern, ob da auch ein Quäntchen Wahrheit dahinter steckt. Als Mie von diesem Verdacht erfährt, vertraut sie sich keineswegs Shadi an, oder versucht mit seiner Hilfe herauszufinden, ob das auch stimmt. Und als Benji dann über Mie von diesem Verdacht erfährt, handelt er, ohne sich weiter um den Wahrheitsgehalt zu kümmern. Im Grunde genommen ist der Film "1:1 - Auge um Auge" ein bezeichnendes Beispiel dafür, was Gerüchte anrichten können. Und da ist es im Grunde genommen egal, ob es sich um Einheimische gegen Einheimische, oder Ausländer handelt.

Mit den jungen Darstellern hat die Regisseurin Olesen einen wahren Glücksgriff getan, sie sind allesamt wirklich absolut überzeugend. Für meinen Geschmack sind die Charaktere allerdings ein bisschen zu klischeehaft geraten: Shadi, der Vorzeigeausländer, der sich an das Land, in dem er jetzt lebt, hervorragend angepasst hat; Tareq, der typische unangepasste, unsympathische Ausländer, der überall auffällt und auch auffallen will, der ständig lautstark demonstriert, dass er von dem Land, in dem er jetzt lebt, nichts hält und auch nichts halten will; die Eltern, die sich nicht von den alten Traditionen lösen können und deswegen Außenseiter bleiben, und die schon lange die Kontrolle über ihre Kinder verloren haben, ohne es zu wissen. Ole, der freundliche aber tumbe Riese, dessen einziger Freund sein Hund ist, und der diese einzigartige Gelegenheit, sich endlich einmal in den Vordergrund zu spielen, beim Schopf packt; die eigentlich so weltoffene Mie, die aber, als es brenzlig wird, dann doch wieder in die alten Vorurteile zurückfällt; die Oma, für die alle Ausländer sowieso potenzielle Verbrecher sind, vor denen sie Angst hat; die Mutter, die sich als Sozialarbeiterin Tag für Tag mit der Schlitzohrigkeit bestimmter Ausländer bei den Anträgen herumschlagen muss und doch verzweifelt versucht, objektiv zu bleiben. Und Benji, für den der Verdacht ein gutes Mittel ist, endlich mal seinen Ausländerhass legal auszutoben. Es ist alles ein bisschen arg schwarz-weiß gemalt.

Fazit
Der Film "1:1 - Auge um Auge" ist der überwiegend geglückte Versuch, ein aktuelles und heißes Eisen objektiv anzupacken. Das Gegeneinander der Kulturen und Religionen, gerade bei den Jugendlichen, und der Versuch, irgendwie alles unter einen Hut zu bekommen und miteinander auszukommen, ist aber so komplex, dass ein Film dafür gar nicht reicht. Sehenswert.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 70 %


Original Filmtitel: 1:1 (En Til En)
Alternativtitel: 1:1 - Auge um Auge, Zahn um Zahn
Land: DänemarkGroßbritannien
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 90
Genre: Drama
Verleih: Arsenal Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 10.05.2007
Heimkino: 09.11.2007

Regie: Annette K. Olesen
Drehbuch: Kim Fupz Aakeson

Schauspieler: Mohammed-Ali Bakier (Shadi) • Joy K. Petersen (Mie) • Anette Støvelbæk (Søs) • Helle Hertz (Mormor) • Subhi Hassan (Tareq) • Brian Lentz (Ole) • Jonas Busekist (Per) • Paw Henriksen (Lokal Politibetjent) • Rose Copty (Umm Tareq) • Hassim Al-Dogom (Abu Tareq (as Nassim Al-Dogom)) • Thomas Kirschner (Benji) • Khadije Nasser (Nura)

Produktion: Ib Tardini
Szenenbild: Lene Ejlersen
Kostümbild: Helle Nielsen
Maskenbild: Kamilla Bjerglind
Kamera: Kim Høgh
Ton: Mick Raaschou
Musik: Kåre Bjerkø
Schnitt: Molly Malene Stensgaard

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Bild: Arsenal Filmverleih

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