Babel

Kinoplakat Babel

Drama über eine babylonische Emotions-Verwirrung. Bei Babel denken viele Menschen an eine babylonische Sprachverwirrung. Doch damit hat der Inhalt wenig zu tun. Eine Abhandlung von menschlichen Schicksalen soll es laut Regisseur sein - für den Kritiker eine intellektuelle Spielerei, die Klischees aneinanderreiht und ihre seltsame Geschichte nicht chronologisch erzählt.

Kritik

Die Geschichte des Films "Babel" ist einfach konzipiert. Es ist die lose Verstrickung von Schicksalen, die durch unglückliche Umstände verkettet werden. Ein japanischer Tourist schenkt seinem Fremdenführer in Marokko zum Abschied ein Gewehr. Der verkauft es an einen Hirten, der es seinen Söhnen überlässt, die damit während des Ziegenhütens auf vorbeifahrende Autos schießen. Dem jüngeren der Brüder gelingt es einen Reisebus zu treffen. Eine amerikanische Touristin (Cate Blanchett) wird verwundet. Die Schwerverletzte wird in ein marokkanisches Dorf gebracht und man wartet auf den Arzt. Die bornierte amerikanische Reisegruppe lehnt die Gastfreundschaft ab, weil sie Angst haben, umgebracht zu werden. Nach mehreren Stunden des Wartens beschließen sie, auf das Paar keine Rücksicht mehr zu nehmen und weiterzufahren.

Währenddessen telefoniert der Vater (Brad Pitt) mit seinem Kindermädchen in Amerika. Die Latina ist verzweifelt, weil sie zur Hochzeit ihres Neffen fahren möchte, aber niemand auf die beiden Kinder aufpassen kann. Also beschließt sie, diese einfach nach Mexiko mitzunehmen. Die Hochzeitsfeier findet statt und den Kindern geht es gut. Doch bei der Rückfahrt gibt es an der Grenze Probleme. Der Neffe am Steuer verliert die Nerven und fährt davon. Die Grenzschützer folgen. Im Niemandsland lässt der Neffe seine Tante und die Kinder raus, damit er in Ruhe die Polizei abhängen kann. Doch er kehrt nicht zurück. Tags darauf sind die drei Ausgesetzten kurz vorm Verdursten, als sie die Polizei aufgreift. Das Kindermädchen wird verhaftet. Einige Tage später ist die Mutter der Kinder wieder wohlauf. Während in Marokko die Schafhirten als potenzielle Terroristen von der Polizei gejagt werden.

Derweil in Japan: Die Tochter des ehemaligen Besitzers des Gewehrs ist taubstumm. Die Beziehung zu ihrem Vater ist angespannt, weil beide es nicht verkraften können, dass die Mutter beziehungsweise Ehefrau sich mit einem Kopfschuss umbrachte. Das pubertierende Mädchen sucht verzweifelt nach einer Möglichkeit ihre Unschuld zu verlieren. Doch ihre Herangehensweisen sind eigenwillig. Am Abend schlägt der Versuch fehl, einen Polizisten zu verführen. Beim Verlassen des Hauses trifft der den Vater und fragt ihn nach dem Gewehr – der Kreis ist geschlossen.

Kritik

Im Film "Babel" wollte Regisseur Alejandro González Iñárritu laut eigener Aussage möglichst viele Beziehungen untersuchen. Das ist ihm leider nicht gelungen. Denn statt Zwischenmenschliches auszuloten, reiht er vornehmlich Klischees und Schicksalsschläge aneinander. So sind die Mexikaner lebensfroh, die Japaner technikverliebt, die Amerikaner aufgeblasen und die Marokkaner ungebildete Schafhirten.
Schlecht gelöst auch, dass die Schicksalsschläge der auftretenden Personen für mehrere Filme reichen. Der marokkanische Vater muss mit ansehen, wie sein ältester Sohn erschossen wird, außerdem findet er heraus, dass die Tochter sich dem jüngeren Bruder nackt zeigt, damit der onanieren kann. Die Marokkaner werden von der Polizei misshandelt, damit sie aussagen. Das amerikanische Ehepaar hat ein Baby durch den plötzlichen Kindstod verloren. Während der Versöhnungs-Urlaubsreise verdursten die anderen Kinder fast, während die Mutter zu verbluten droht. Die Mutter in Japan hat Selbstmord verübt. Die Tochter ist nicht nur sexuell unterfordert, sondern auch taubstumm. Ich habe das Gefühl, Alejandro González Iñárritu gelingt es nicht, Gefühle angemessen darzustellen. Stattdessen geht er in die Übertreibung. Schade, denn er hat die Darsteller gut geführt und es geschafft sie offen und verletzbar agieren zu lassen.

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Austarierung. So gibt es lange Szenen ohne Aussage. Etwa das Geschehen in der Diskothek. Und es bleiben Schicksale ungeklärt. So taucht der Neffe der Latina nicht mehr auf. Ebenso wenig erfährt der Zuschauer, was aus den amerikanischen Kindern wurde. Ein japanischer Tourist bringt ein Gewehr nach Marokko und reist ohne es aus. Weder die Behörden in Marokko noch die in Japan werden stutzig. Das ist seltsam.

Eigenwillig mutet es auch an, dass der Regisseur auf die Zerstückelung des Ganzen stolz ist. 4.000 Schnitte hat der Film laut Angabe des Verleihs. Das bedeutet: Bei einer Laufzeit von 142 Minuten gibt es im Durchschnitt alle 2,13 Sekunden einen Schnitt. Da wundert es nicht, dass die Inhalte banal bleiben, damit der Zuschauer folgen kann. Um zu beeindrucken übertreibt die Handlung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Geschichte nicht chronologisch erzählt wird, sondern springt. Das fällt während des Sehens nur selten auf, doch manche Ereignisse wirken vorgegriffen. Wirklich gelungen an "Babel" sind die Landschaftsaufnahmen und die Darsteller zeigen Seiten, die man selten zu sehen bekommt.

Fazit
Hand aufs Herz: Ich mag den Film nicht. Ich bin Filme leid, die eine Weltuntergangsstimmung verbreiten. Halte wackelige Handkameras nicht für authentisch und die Salami-Erzählweise missfiel mir schon bei "21 Gramm". Und ich weiß, dass dies meine Meinung ist und für andere Menschen ist es Kunst.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Land: FrankreichMexiko USA
Jahr: 2006
Laufzeit ca.: 92
Genre: Drama
Verleih: Tobis
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 21.12.2006
Heimkino: 06.08.2007

Regie: Alejandro González Iñárritu
Drehbuch: Guillermo Arriaga

Schauspieler: Brad Pitt (Richard) • Cate Blanchett (Susan) • Gael García Bernal (Santiago) • Mohamed Akhzam (Anwar) • Peter Wight (Tom) • Harriet Walter (Lilly) • Trevor Martin (Douglas) • Matyelok Gibbs (Elyse) • Georges Bousquet (Robert) • Claudine Acs (Jane) • André Oumansky (Walter) • Michael Maloney (James) • Dermot Crowley (Barth) • Kōji Yakusho (Yasujiro) • Rinko Kikuchi (Chieko)

Produktion: Steve Golin • Alejandro González Iñárritu • Jon Kilik
Kamera: Rodrigo Prieto
Musik: Gustavo Santaolalla
Schnitt: Douglas Crise • Stephen Mirrione

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Bild: Tobis

1 customer review

befriedigend
21.12.06
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