Das Wunder von Bern

Kinoplakat Das Wunder von Bern

"Das Wunder von Bern" ereignete sich am 4. Juli 1954 als Deutschland überraschend um Haaresbreite die Fußballweltmeisterschaft gegen Ungarn gewann. Den entscheidenden Treffer erzielte Helmut Rahn. Der Original-Radio-Kommentar von Herbert Zimmermann: "Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister. Schlägt Ungarn mit drei zu zwo Toren im Finale in Bern."

Diesen Aufhänger nutzt Sönke Wortmann für einen deutschen Film, in dessen Mittelpunkt Familie Lubanski aus Essen steht. Der Zweite Weltkrieg ist beendet und in Deutschland gehen die Uhren anders. Aus Mangel an Männern bekleiden viele Frauen führende Positionen oder sind selbstständig. Christa Lubanksi (Johanna Gastdorf) schmeißt eine Kneipe und ernährt somit ihre drei Kinder, die tatkräftig mit anpacken. Vater Richard (Peter Lohmeyer) befindet sich noch in Kriegsgefangenschaft. Seinen jüngsten Sohn, der mittlerweile elf Jahre alt ist, hat er noch nie gesehen, denn der jüngste Spross wurde während seines letzten Heimaturlaubs gezeugt.

Christa Lubanski und ihre Kinder sind ein eingespieltes Team. Die Mutter führt, Tochter Ingrid (Birthe Wolter) kellnert, Matthias (Louis Klamroth) sammelt Zigaretten-Kippen und dreht aus den Tabak-Resten neue Zigaretten, die er verkauft. Mit der Rückkehr des Vaters gerät das fein tarierte Gefüge aus dem Gleichgewicht. Der ehemalige Bergmann ist nervlich und körperlich ein Wrack. Die Arbeit unter Tage erträgt er nicht mehr und seine Entschädigung für die Kriegsgefangenschaft fällt geringer aus als erwartet. Ein mieser Trick der deutschen Behörden macht es möglich. Er trägt zum Unterhalt der Familie finanziell nichts bei und ist für seine Kinder ein Fremder. Und einer, der elf Jahre nicht anwesend war, von dem wollen sie sich nichts sagen lassen.

Sohn Matthias ist Fußballnarr und Taschenträger des Nationalspielers Helmut Rahn. Mit kindlicher Naivität glaubt er, der Spiele könne nur dann Spiele gewinnen, wenn Matthias im Stadion anwesend ist. Gemeinsam mit den anderen Kindern der Straße kickt er mit einem Fußball, der aus Lumpen besteht, während im Hintergrund Original-Radio-Kommentare laufen. Er ist nicht sonderlich erfolgreich im Spiel. Erst sein Vater bringt ihn auf den Trichter, dass er so schlecht spielt, weil er sich auf der falschen Position befindet. Für sich selbst muss Richard Lubanski die "richtige Position" innerhalb der Familie noch finden. Seine Erziehungsmethoden befinden sich auf dem Stand des dritten Reichs und richten mehr Schaden als Nutzen an. Als er seinen Sohn erwischt während der in der Kirche für Helmut Rahn eine Kerze anzündet, eskalieren die schwelenden Konflikte und dem katholischen Vater gehen die Nerven durch. Dem zweiten Sohn ergeht es nicht viel besser. Der überzeugte Kommunist verlässt die Familie und setzt sich nach Ost-Berlin ab, weil er den heimgekehrten Vater nicht länger erträgt.

Die Hoffnung der Mutter, nun endlich wieder eine richtige Familie zu sein, erfüllt sich auf kurze Sicht nicht. Erst als sie ihren Mann kräftig auf den Pott setzt, sieht er seine Fehler ein. In einer übereilten Aktion leiht sich Richard Lubanski ein Auto und fährt mit Sohn Matthias nach Bern.

Einen zweiten Handlungsstrang bilden Sportreporter Paul Ackermann (Lucas Gregorowicz) und seine Frau. Sie verkörpern die aufstrebenden Deutschen des Wirtschaftswunders. Die Millionärstochter Annette (Katharina Wackernagel) ist selbstbewusst und begleitet ihren Mann nach Bern, wo dieser für die "Süddeutsche Zeitung" Bericht erstatten soll.
Die scheinbar naive Annette durchschaut die Taktik des Bundestrainers Sepp Herberger (Peter Franke) besser als die Berufsjournalisten. Ihr ist es auch zu verdanken, dass Paul Ackermann bessere Berichte schreibt als vorher. Sepp Herberger stellt für das Spiel vor dem Endspiel nicht die besten Spieler auf, sondern nur die zweite Besetzung. Damit lässt er den Endgegner im Unklaren über die wahre Stärke der Mannschaft und schont die Kraftreserven der besten Spieler. Den Wenigsten leuchtet diese Taktik ein und in Deutschland wird lautstark der Kopf des Nationaltrainers gefordert.

In der Schweiz verlassen Rahn und Kumpanen nachts das Hotel und gehen aus Frust auf Sauftour. Niemand anders als das Reporter-Ehepaar muss später den betrunkenen Spieler wieder ins Hotel schaffen. Der Strafpredigt entgeht Helmut Rahn nur, weil Trainer Sepp Herberger nachts auf die Putzfrau des Hotels trifft. In einer wunderbaren Szene macht diese dem Trainer klar, wie das so ist mit Kindern und den Wehwehchen die sie einem bereiten.
Letzten Endes werden die Deutschen siegen. Wegen Regenwetters, neu erfundener Stollen und der Anwesenheit eines elfjährigen Jungen.

Kritik

An Tiefzeichnung lässt "Das Wunder von Bern" Wünsche offen. Konflikte werden zu oft nur gestreift. Den Figuren des Films an sich, so auch der Familie Lubanksi fehlt es an Tiefenschärfe. Regisseur Sönke Wortmann hat nicht Menschen inszeniert, sondern Bilder und Begegnungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeichnung intensiver Augenblicke, was überwiegend gelingt. Nur gegen Ende des Films rutscht das Ganze zu sehr in Harmonie und Glorifizierung. Man wünscht sich dann mehr Bern und weniger Wunder.

Dass der Film trotzdem sehenswert ist, liegt in der Stilsicherheit und den gut komponierten Bildern begründet. Die Nationalspieler, die in der Schweiz aufeinander treffen, sprechen ihre Heimatdialekte. Frech schlägt Annette ihrem Mann eine Wette vor: siegt Ungarn, darf der Mann den Namen des Kindes aussuchen, siegt Deutschland sucht Annette den Namen aus. Wie man bereits weiß, wird Annette den Namen aussuchen dürfen. Das gesamte Ambiente wirkt, als habe sich der Zuschauer dank einer Zeitmaschine um Jahrzehnte zurückversetzt. Einrichtungsgegenstände, Frisuren und Möbel befinden sich auf dem Stand der 1950er-Jahren.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 70 %


Land: Deutschland
Jahr: 2003
Laufzeit ca.: 118
Genre: FamilieHeimatSport
Verleih: Senator Film Verleih
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 16.10.2003
Heimkino: 29.04.2004

Regie: Sönke Wortmann
Drehbuch: Sönke Wortmann • Rochus Hahn

Schauspieler: Louis Klamroth (Matthias Lubanski) • Peter Lohmeyer (Richard Lubanski) • Lucas Gregorowicz (Paul Ackermann) • Katharina Wackernagel (Annette Ackermann) • Johanna Gastdorf (Christa Lubanksi) • Mirko Lang (Bruno Lubanski) • Birthe Wolter (Ingrid Lubanksi) • Peter Franke (Sepp Herberger) • Knut Hartwig (Fritz Walter) • Sascha Göpel (Helmut Rahn) • Holger Dexne (Horst Eckel) • Martin Bretschneider (Hans Schäfer) • Kai Schäfer (Werner Kohlmeyer) • Jo Stock (Toni Turek) • Andreas Barth (Werner Liebrich) • Simon Verhoeven (Ottmar Walter) • Sylvester Pezena (Jupp Posipal) • Jan Holland (Karl Mai) • Tobias Hartmann (Max Morlock) • Joachim Kappl (Adi Dassler) • Andreas Obering (Herbert Zimmermann)

Produktion: Hanno Huth • Tom Spiess • Sönke Wortmann
Szenenbild: Uli Hanisch
Kostümbild: Ursula Welter
Maskenbild: Gerd Zeiss
Kamera: Tom Fährmann
Musik: Marcel Barsotti
Schnitt: Ueli Christen

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Bild: Senator Film Verleih

1 customer review

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16.10.03
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