Ein weiteres Kapitel um den "Herrn der Ringe" schlägt der Verleih Warner Bros. als Animationsfilm auf. Das Epos um die Schlacht der Rohirrim spielt mehr als zweihundert Jahre vor den "Zwei Türmen".
Im Mittelpunkt steht Prinzessin Héra, die zum großen Leid ihres Vaters ein dickköpfiger Wildfang ist. Héra liebt nichts mehr als ihre Unabhängigkeit, die sie insbesondere auf dem Rücken ihres treuen Pferdes genießt. Als eines Tages Prinz Wulf um ihre Hand anhält, ist die Antwort leicht zu erraten. Nach Möglichkeit möchte Héra niemals heiraten. Das bereitet ihrem Vater Helm Hammerhand große Sorgen, denn der sähe seine Tochter lieber hinter schützenden Burgmauern als außerhalb. Und schon gar nicht auf einem Schlachtfeld. Doch der Friede ist bedroht und der König schlägt die wohlmeinenden Ratschläge in den Wind. Sehenden Auges tappt er in eine Falle und reißt sein Volk mit sich.
Kritik
Nanu, der Animationsfilm unter der Regie von Kenji Kamiyama, sieht so gar nicht aus, wie die Realfilme unter der Regie von Peter Jackson, denn "Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim" ist ein Anime mit den bekannten Stilmitteln. Das muss, je nach Erwartungshaltung, nicht schlecht sein. Die Qualität der Animation ist annehmbar, kann mit Werken von "Pixar" nicht mithalten.
Die Figuren bleiben schematisch in Charakterisierung und Auftreten. Leider fehlt es an Vielfalt, denn nahezu alle Gesichter sehen kaukasisch aus mit unterschiedlichen Farbnuancen. Die Gesichtsausdrücke entsprechen Animes und selbst die Bewegungen folgen dem Schema. Die zierliche Prinzessin Héra hat rote Haare, die ihren Hang zum Ungestümen verdeutlichen. König Helm Hammerhand hat die Statur eines Kleiderschranks, lange Haare und einen wallenden Bart. Sein Wort ist Gesetz – selbst dann, wenn der König offensichtlich schlechte Entscheidungen trifft. Sein Schicksal ist klassisch. Er zieht in die Schlacht, verliert seine Söhne und muss (zu spät) erkennen, dass seine Tochter das stärkste seiner Kinder ist. Héra wiederum hadert mit ihrer Geschlechterrolle. Bis zum Schluss bleibt ihr verwehrt, was ihr eigentlich zusteht: der Thron.
Die Handlung ist ins Geschehen des Herrn der Ringe eingeflochten, bietet Erklärungen für spätere Tatsachen wie die Namensgebung der Festung. Allerdings funktionierte der Film mit leichten Änderungen auch als Schlachtenepos unter anderem Titel. Und das ist der große Schwachpunkt der Produktion: Sie ist nicht von Anfang an unverkennbar "Der Herr der Ringe". Die Erzählung bleibt zu exemplarisch. Der viele Füllstoff zieht die Story unnötig in die Länge.
Die Einführung unterstützt eine Erzählerin, die, wie alle Stimmen der gesehenen englischen Fassung, technisch spricht. Doch nicht nur wegen der Stimmen bleiben die Figuren glatt, sondern auch darum, weil die Kreativen sich zu sehr auf Äußerlichkeiten beschränken. Am schlechtesten kommt dabei Wulf weg. Der gekränkte junge Mann sinnt auf Rache und schreckt vor keiner Hinterlist zurück. Das passt ins einfache Gut-Böse-Schema und schränkt gleichzeitig das Mitfiebern und Mitfühlen ein. Und so gerne der Film ikonisch wäre, so bleibt er im Ergebnis zu beliebig.
Fazit
Es steht wohl nicht anders zu erwarten, als dass der Film ein Erfolg wird, weil "Der Herr der Ringe" darauf steht. Dieser anzunehmende Erfolg sagt jedoch nichts über die Qualität des Films aus, dem insbesondere der packende Moment fehlt.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %
Land: Japan • Neuseeland • USA
Jahr: 2024
Laufzeit ca.: 134
Genre: Abenteuer • Action • Animation • Fantasy • Helden • Krieg
Verleih: Warner Bros.
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren
Kinostart: 12.12.2024
Regie: Kenji Kamiyama
Drehbuch: Jeffrey Addiss • Will Matthews • Phoebe Gittins • Arty Papageorgiou
Literaturvorlage: J. R. R. Tolkien
Sprecher: Brian Cox (Helm) • Gaia Wise (Hèra) • Miranda Otto (Éowyn) • Luca Pasqualino (Wulf) • Lorraine Ashbourne (Olwyn) • Shaun Dooley (Freca) • Benjamin Wainwright (Haleth) • Yazdan Qafouri (Hama) • Laurence Ubong Williams (Fréaláf) • Michael Wildman (General Targg) • Janine Duvitski (Pennicruik) • Bilal Hasna (Lief)
Produktion: Philippa Boyens • Joseph Chou • Jason DeMarco
Musik: Stephen Gallagher
Schnitt: Tsuyoshi Sadamatsu
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Bild: Warner Bros.