Good Bye, Lenin

Kinoplakat Good Bye, Lenin

Ostalgie der tragikomischen Art. Zwei Monate lang war Christiane Kerner (Katrin Saß) nicht ansprechbar, weil ihr Mann Republikflucht begangen hatte. Nach ihrer Genesung kehrt sie als bekehrte Genossin nach Hause zurück und ist seitdem eine engagierte Bürgerin der DDR. Fortan widmet sie ihr Leben der Verbesserung der Lebensumstände. Kurz vorm Zusammenbruch der DDR bricht sie zusammen, als sie sieht, wie ihr Sohn Alex bei einer Demo abgeschleppt wird. Sie erleidet einen Herzanfall und fällt ins Koma; derweil fällt die Mauer.

Acht Monate später erwacht sie und die kleinste Aufregung könnte einen zweiten Infarkt bedeuten und somit ihren Tod. Sohn Alex (Daniel Brühl) will die Mutter unter allen Umständen nach Hause holen, koste es, was es wolle. Und das bedeutet weit mehr als guten Willen, denn für die Mutter wird ihr altes Schlafzimmer wieder wie zu DDR-Zeiten hergerichtet. Das trifft zunächst auf den Widerstand der Tochter und ihren neuen Freund aus dem Westen. Doch es hilft alles nichts und vor dem Betreten des Zimmers schlüpft jeder brav in die mittlerweile verhassten DDR-Klamotten.

Schwieriger wird die Beschaffung von typischen Nahrungsmitteln, die es im Supermarkt nicht mehr gibt. Mit immensem Aufwand jagt Alex Originalverpackungen nach, die er mit Westware füllt, damit Mutti beispielsweise die geliebten Spreewald-Gurken bekommt. Noch schwieriger wird es als sie fernsehen will. Alex' neuer Arbeitskollege entpuppt sich als verkappter Regisseur und gemeinsam produzieren sie die wildesten Nachrichten im Stil der "Aktuellen Kamera". So spitzt sich die Handlung zu. Am Geburtstag treten brav die jungen Pioniere an und singen der strammen, parteitreuen Genossin ein Ständchen (gegen harte D-Mark). Dass die Situation eines Tages eskaliert ist klar, es ist die Frage des Zeitpunkts.

Kritik

"Good Bye, Lenin" ist mehr eine sehr leise, vorsichtige Tragödie denn eine Komödie. Im Mittelpunkt steht die bettlägerige Mutter, für die die DDR weiterlebt. Die Eigenwerbung des Films lautet "Die DDR gibt es noch - auf 79 qm hat sie überlebt". Folglich müsste das Schlafzimmer 79 qm haben? Ihre Familie und ein Teil der Hausbewohner gaukeln Mutter Kerner den großen Betrug vor. Dazu nutzt Alex auch moderne Medien, wie selbstgedrehte Nachrichten. Darin wird "Coca-Cola" zu einer Erfindung der DDR, flüchten Westdeutsche nach Ostdeutschland, weil sie den Kapitalismus nicht länger ertragen.

Ein Manko des Films ist sein Schmusekurs. Keine Abrechnung mit Vorurteilen über Ossis und Wessis, keine bissige Satire. "Good Bye, Lenin" erlaubt sich nur vorsichtige Seitenhiebe und sanfte Sticheleien. Die Handlung plätschert dahin und benötigt zwei Stunden um ihre Geschichte zu erzählen. Leider verschenkt das Drehbuch auch Konfliktstoff, der innerhalb der Familie entsteht. Vater Kerner floh in den Westen, aber seine Frau reicht nicht wie abgesprochen den Ausreiseantrag ein, sondern bleibt aus Angst im Osten. Die Briefe ihres Mannes, die er drei Jahre lang schreibt, versteckt sie im Küchenschrank. Nach der Wende trifft sich die ehemalige Familie wieder. Die Gespräche finden hinter verschlossenen Türen statt, erschöpfen sich in Bockigkeit oder werden anderweitig umgangen. Hier verschenkt der Film Spannung und Tiefgang. Davon abgesehen klingt es wenig glaubwürdig, dass in der DDR Briefe eines Republikflüchtlings an seine Frau zugestellt werden.

Je länger der Film dauert, desto konstruierter wird er. Die bettlägerige Mutter verlässt ihr Zimmer nicht, denn ein Blick in den Kühlschrank, ein Besuch bei den Nachbarn und schon flöge der Schwindel auf. Als Mutter Kerner dann endlich aus dem Bett flüchtet, verschließt sie ihre Augen vor der Wahrheit und der Film geht in gemächlichem Tempo weiter. Der Zuschauer muss akzeptieren, dass die Figur der Mutter bis zur Unerträglichkeit verbogen wird, ansonsten funktionierte dieser Film nicht. Zu den Darstellern kann ich wenig sagen. Daniel Brühl täte gut daran an seinem Ausdruck zu feilen.

Fazit
Für meinen Geschmack hat "Good Bye, Lenin" zu viel guten Willen und zu wenig Biss.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 50 %


Land: Deutschland
Jahr: 2003
Laufzeit ca.: 120
Genre: Tragikomödie
Verleih: X Verleih
FSK-Freigabe ab: 6 Jahren

Kinostart: 13.02.2003

Regie: Wolfgang Becker
Drehbuch: Bernd Lichtenberg • Wolfgang Becker

Schauspieler: Daniel Brühl (Alex) • Katrin Saß (Mutter) • Chulpan Khamatova (Lara) • Maria Simon (Ariane) • Florian Lukas (Denis) • Alexander Beyer (Rainer) • Burghart Klaußner (Alex' Vater) • Michael Gwisdek (Klapprath) • Christine Schorn (Frau Schäfer) • Jürgen Holtz (Herr Ganske) • Jochen Stern (Herr Mehlert) • Stefan Walz (Sigmund Jähn) • Eberhard Kirchberg (Dr. Wagner) • Hans-Uwe Bauer (Dr. Mewes) • Nico Nico Ledermüller (Alex - 11 Jahre)

Produktion: Stefan Arndt
Szenenbild: Lothar Holler
Kostümbild: Aenne Plaumann
Maskenbild: Lena Lazzarotto • Heike Merker
Kamera: Martin Kukula
Musik: Yann Tiersen
Schnitt: Peter R. Adam

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Bild: X Verleih

1 customer review

befriedigend
13.02.03
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