Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne

Kinoplakat Madame Marguerite

Klassische Musik trifft Katzenjammer. Eine Tragikomödie über die Lebenslüge einer Frau, die in der Vorstellung lebt eine begnadete Opernsängerin zu sein und nicht merkt, dass sie zum Gespött der Leute wird. Doch da alle in ihrem Dunstkreis von großen und kleinen Lügen profitieren, spielen alle mit. Bis zum konsequenten Ende.

Die Baronin Marguerite Dumont (Catherine Frot) hat eine Leidenschaft. Sie hört mit Begeisterung Opern und mit inbrünstiger Leidenschaft singt sie selbst Arien. Zur Freude eines ausgesuchten Publikums, das sich hinter ihrem Rücken köstlich über die Dilettantin amüsiert. Für Marguerite ist es jedoch mehr als nur ein Spleen. Sie sucht im Gesang nach dem, was sie in ihrer Ehe nicht findet. Etwa Bestätigung und Erfüllung. Da es niemand in ihrem Umfeld wagt, ihr zu sagen, dass ihr Gesang schauderhaft klingt, steigert sich Marguerite immer weiter in die Vorstellung eine echte Künstlerin zu sein. Zum Leidwesen ihres Ehemannes, der seine Frau gerne als Monstrum bezeichnet und sein eheliches Glück bei einer anderen Frau sucht. Für ihn gleicht es einer Katastrophe, als Madame auf die Idee kommt, vor öffentlichem Publikum aufzutreten. Für die verkannte Künstlerin ist es die Erfüllung eines großen Traums.

Kritik

Der Film "Madame Marguerite oder Die Kunst der schiefen Töne" ist kein biografisches Drama, sondern eine Tragikkomödie nach einem realen Vorbild. Das Vorbild für Marguerite ist die Amerikanerin Florence Foster Jenkins. Sie pflegte das exzentrische Vergnügen einem illustren Kreis vorzusingen. Wobei sie wahrscheinlich ebenso wenig Talent besaß wie Madame im Film. Xavier Giannoli (Drehbuch und Regie) inspirierte eine Schallplatte mit den Aufnahmen von Foster zu dem Film, der das Thema nach Frankreich verlegt und frei ausschmückt.

Herausgekommen ist ein schwieriges Werk. Das beginnt bei der Grundlage, dass Madame zwar mit Leidenschaft singt, aber eben völlig schief. Es ist nicht so, dass sie keine Töne trifft, sondern daneben liegt. Ihre Koloratur etwa klingt wie ein gackerndes Huhn. Eingesungen ist dies vermutlich durch eine echte Opernsängerin, denn die Töne geraten gezielt falsch. Ich kann jetzt nur für mich sprechen und ich empfinde den Gesang als eine Zumutung. Nicht nur, weil der Gesang so falsch liegt, sondern auch aufgrund der Lautstärke und der Vielzahl. Deshalb frage ich mich, wen der Film ansprechen will? Hinsichtlich des Themas und der häufigen Darbietung klassischer Musik (richtig und schief gesungen) werden wohl Liebhaber klassischer Musik ins Kino gehen. Doch wollen die schiefen Gesang hören?

Weiterhin ist an dem Film schwierig, dass er seine Hauptdarstellerin zwar nicht ausliefert (was für den Film spricht), sie jedoch zum Clown macht. Madame ist eine tragische Figur, die sich in einen Wahn steigert und damit Mitleid erregt. Ich kann darüber nicht lachen, sondern finde es tragisch. Nicht nur, weil Marguerite am Leben verzweifelt, sondern auch, weil sie sich ausnutzen lässt. Ihr Ehemann hat sie wahrscheinlich wegen des Geldes geheiratet. Er trägt zwar einen Adelstitel, hat jedoch kein eigenes Kapital. Ihr Diener, der ihr treu ergeben ist, hegt eine geheime Leidenschaft für sie und übt am Ende Rache an ihr, weil er sie nicht erreichen konnte. Woran Madame nicht ganz unschuldig ist, denn die Fotos, die er von ihr machen darf, sind teils sehr aufreizend.
Dann gibt es noch einen jungen Journalisten, der anfangs ebenfalls ihre Naivität ausnutzt und später Gefühle für sie entwickelt. Ähnliches gilt für einen jungen Künstler, der Madame ausnimmt wie eine Weihnachtsgans. So ernährt sie mit ihrem Geld einen ganzen Schwarm.

Schwierig ist das Stilmittel, dass der Film nur den Falschgesang deutlich darstellt. Davon abgesehen wird das Meiste nur angedeutet. Der Ehemann sagt sinngemäß, sie habe nur seinen Titel gekauft und nicht ihn selbst. Doch was das Problem der Ehe ist, erfährt der Zuschauer nicht. Andere Umstände klärt die Handlung nach einer gewissen Zeit auf. Wobei es der Spannung zugutekommt, dass nicht alles im Klartext gesagt wird. Wieder andere Handlungsstränge werden nicht ausgebaut oder zwischenzeitlich nicht bedient. Im Endeffekt muss der Zuschauer manche Dinge zusammenreimen. Und das, was ich schreibe, ist meine Interpretation.

Schwierig ist auch die Lauflänge von 129 Minuten. Eine straffere Erzählweise stünde dem Werk an, denn die Handlung ist ab einem gewissen Zeitpunkt etwas eindimensional und weder das Falschsingen noch die Lügengebäude drum herum tragen die Laufzeit.
Filmkritik: Thomas Maiwald
Wertung: 60%

Original Filmtitel: Marguerite
Land: Frankreich • Tschechien
Jahr: 2015
Laufzeit ca.: 129
Genre: MusikTragikomödie
Verleih: Concorde Filmverleih
FSK-Freigabe ab: 12 Jahren

Kinostart: 29.10.2015
Heimkino: 10.03.2016

Regie: Xavier Giannoli
Drehbuch: Xavier Giannoli • Marcia Romano

Schauspieler: Catherine Frot (Marguerite) • André Marcon (Georges Dumont) • Michel Fau (Atos Pezzini) • Christa Théret (Hazel) • Denis Mpunga (Madelbos) • Sylvain Dieuaide (Lucien Beaumont) • Aubert Fenoy (Kyril von Priest) • Sophie Leboutte (Felicity, die Frau mit Bart) • Théo Colbi (Diego) • Astrid Whettnall (Françoise Bellaire) • Vincent Schmitt (Arzt) • Christian Pereira • Martine Pascal • Grégoire Strecker (Michel Aurenbach) • Jean-Yves Tual (Taupe)

Produktion: Olivier Delbosc • Marc Missonnier
Szenenbild: Martin Kurel
Kostümbild: Pierre-Jean Larroque
Kamera: Glynn Speeckaert
Ton: François Musy
Musik: Ronan Maillard
Schnitt: Cyril Nakache

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Bild: Concorde Filmverleih

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