Die Fremde in dir

Kinoplakat Die Fremde in dir

An einem schönen Abend geht die Radiomoderatorin Erica Bain mit ihrem Verlobten und dem Hund im Central Park spazieren. Sie werden von drei brutalen Schlägern überfallen. Ericas zukünftiger Ehemann David stirbt an den Folgen des Überfalls, Erica wird schwer verletzt. Als sie aus dem Koma erwacht beschließt sie, künftig kein Opfer mehr zu sein und besorgt sich eine Waffe.

Der Film "Die Fremde in dir" ist ein Psychothriller von Regisseur Neil Jordan, der sich bereits einen Namen mit Filmen wie "The Crying Game" machte, für das er den Drehbuch-Osacar erhielt.

New York – das ist die Stadt, in der Erica Bain (stark: Jodie Foster) lebt und die sie liebt. Sie ist Radiomoderatorin, und ihre Show "Street Walk" erfreut sich großer Beliebtheit. Stunden um Stunden streift Erica mit dem Mikrofon durch ihre Stadt um ihre Töne und Geräusche aufzunehmen, und sie in ihrer Sendung zu verarbeiten. Sie lebt mit David Kirmani (liebenswert: Naveen Andrews, bekannt aus "Liebe lieber indisch") zusammen, einem Arzt indischer Abstammung, den sie abgöttisch liebt und bald heiraten wird. Die stets freundliche und eher introvertierte Erica liebt ihr Leben. Bis zu dem Abend, an dem sie und David mit ihrem Hund Winston einen abendlichen Spaziergang im Central Park machen. Erica und David albern herum, David wirft immer wieder den Ball für den Hund. Als der Ball in eine Unterführung rollt, stürmt Winston hinterher – und kommt nicht mehr zurück. Ahnungslos wandern Erica und David in die Unterführung, rufen und pfeifen nach ihrem Hund. Da taucht plötzlich ein gefährlich aussehender Typ mit Winston an der Leine auf. Angeblich hat er den Hund "gefunden" und will jetzt einen "Finderlohn" dafür. Doch als noch zwei weitere dunkle Typen auftauchen wird schnell klar, dass es nicht um Geld geht. Einer filmt mit einer Digitalkamera, die anderen schlagen Erica und David systematisch mit ungeheurer Brutalität zusammen. David stirbt an den Folgen des Überfalls, Erica landet im Koma in der Klinik, der Hund ist verschwunden.

Als Erica nach vielen Wochen im Koma schließlich wieder erwacht, ist sie nicht mehr dieselbe Frau wie vorher. Das merkt sie spätestens dann, als sie endlich wieder nach Hause kann. Sie traut sich nicht mehr vor die Tür. Sie hat Angst, sie hat Alpträume, und die Trauer um David bringt sie schier um den Verstand. Und dass die Polizei die Täter nicht dingfest machen kann, gibt ihr auch nicht gerade das Selbstvertrauen zurück. Als sie schließlich ihren ganzen Mut zusammenrafft und zur Polizeistation geht, muss sie feststellen, dass sich dort kein Mensch für sie und ihren Fall interessiert. Um gegen ihre Angst anzukämpfen beschließt Erica, sich eine Waffe zu besorgen. Das würde ihr garantiert ein Gefühl der Sicherheit geben. Doch im Waffengeschäft teilt man ihr mit, dass sie erst einen Waffenschein braucht. Und der dauert einige Wochen. So lange will und kann Erica nicht warten. Doch was tun? Als sie das Geschäft verlässt, folgt ihr einer der Verkäufer und beschafft ihr auf dem Schwarzmarkt eine Waffe, eine 9 mm. Erica, die noch nie mit Waffen zu tun hatte, lässt sich kurz erklären, wie das Ding funktioniert und zieht befriedigt damit ab. Als sie abends im Supermarkt noch etwas zu trinken kaufen will, ist sie die einzige Kundin. Sie steht hinter den Regalen, als plötzlich ein sehr wütender Mann hereinstürmt und ohne Vorwarnung die Kassiererin erschießt. Er will gerade die Kasse ausrauben, als Ericas Handy zu klingeln anfängt. Verzweifelt versucht sie das Teil zum Verstummen zu bringen, aber der irre Mörder sucht bereits nach ihr. Als er ihr zu nahe kommt, zieht sie die Pistole und erschießt ihn. Voller Erstaunen bemerkt sie hinterher zwar, dass sie schon irgendwie über ihre Tat entsetzt ist, aber dass weder ihre Hände zittern noch hat sie ein schlechtes Gewissen. So nach und nach wird Erica klar, dass sie nichts mehr mit der Frau zu tun, die sie vorher war. Dass in ihr "eine Fremde" wohnt, die jetzt die Führung übernommen hat.

Als sie nachts in der U-Bahn fährt, beginnen zwei aufsässige junge Afroamerikaner die Fahrgäste zu belästigen. Einem Jungen nehmen sie den iPod ab, einen alten Farbigen mit seinem Enkelsohn, der sie zur Räson rufen will, bedrängen sie derartig, dass er an der nächsten Station zusammen mit dem Jungen fluchtartig die U-Bahn verlässt. Jetzt sind die beiden allein mit Erica. Voller Begeisterung nähern sich die beiden Rabauken ihrem nächsten "Opfer". Als einer ihr ein Messer an den Hals hält, zieht sie ihre Pistole und erschießt beide. Ihr Selbstvertrauen steigt weiter, das schlechte Gewissen nicht.

Inzwischen hat Erica ihre Sendung wieder aufgenommen. Doch jetzt erzählt sie ihren Zuhörern nicht mehr, wie wunderbar New York ist, sondern wie unsicher. Sie berichtet von ihren Ängsten und kommt damit bei ihrem Publikum hervorragend an. Sie spricht ihnen allen aus der Seele. Auch ihre Wanderungen hat Erica wieder aufgenommen, allerdings nicht mehr tagsüber, sondern nur noch nachts. Dabei kommt sie an einem geparkten Wagen vorbei, in dem ein unangenehmer Mann auf dem Fahrersitz sitzt, während auf der Rückbank ein offensichtlich mit Drogen betäubtes Mädchen liegt. Mit einem widerlichen Grinsen fordert der Mann Erica auf, einzusteigen – und Erica tut es. Sie will das Mädchen befreien und zwingt mit vorgehaltener Waffe den Mann, sie beide gehen zu lassen. Doch als sie mit dem halb ohnmächtigen Mädchen davon wankt, gibt der Mann Gas und versucht sie zu überfahren. Erica schubst das Mädchen weg und erschießt den Mann. Jetzt hat sie zum ersten Mal ohne echte eigene Bedrohung getötet – und es macht ihr nichts aus. Im Gegenteil. Sie fordert ihr Glück heraus, in dem sie Kontakt mit dem NYPD Detective Sean Mercer (clever: Terrence Howard, bekannt aus "Vier Brüder") aufnimmt, der für ihren Fall zuständig war. Angeblich will sie ihn über seine Jagd nach dem "Rächer" interviewen, der offensichtlich auf eigene Faust in New York mit dem Gesindel aufräumt. Natürlich hat Mercer nicht die geringste Ahnung, dass der angebliche "Rächer" eine ängstliche, schwer traumatisierte Frau ist, die auf ihre Art versucht, wieder Fuß im Leben zu fassen.

Zwischen beiden entwickelt sich eine Art Freundschaft, und so erzählt Mercer ihr auch von einem anderen Fall. Ein Schwerkrimineller hat ganz eindeutig seine Frau umgebracht, als sie über ihn bei der Polizei auspacken wollte. Doch Mercer konnte ihm das nicht nachweisen. Die kleine Stieftochter weiß etwas über den Tod ihrer Mutter, hat aber Angst darüber zu sprechen. Da es keine Verurteilung gibt, bekommt der Stiefvater das Sorgerecht für die Tochter – und Mercer hat Angst, dass es ihr wie ihrer Mutter ergehen wird. Erica nimmt die Sache in die Hand – und spielt sich dieses Mal ganz eindeutig als "Rächerin" auf, denn dieser Mann, den sie über das Geländer in den Tod schubst, hat nicht einmal peripher etwas mit ihr zu tun. Dann überbringt Mercer Erica die freudige Nachricht, dass man offenbar einen der Angreifer gefasst hat. Erica erkennt ihn auch bei der Gegenüberstellung, behauptet aber, ihn nicht zu kennen. Sie weiß zu gut, wie es jetzt nach einer Identifizierung ablaufen würde. Und das ist ihr für den Tod ihres geliebten David zu wenig. Sie will Rache, wirkliche Rache. Und da sie jetzt das eine Ende des Seils in die Hand bekommen hat, kann sie daran auf eigene Faust auch an das andere Ende herankommen.

Kritik

Kommt ihnen dieser Selbstjustizthriller vielleicht irgendwie bekannt vor? Nein, ich meine jetzt nicht unbedingt Charles Bronson in "Ein Mann sieht Rot", oder erst kürzlich "Death Sentence – Todesurteil" mit Kevin Bacon. Die haben natürlich auch ein und dasselbe Thema. Ich meine jetzt den Michael Douglas Film "Ein Richter sieht rot", für den Roderick Taylor, seines Zeichens Professor für kreatives Schreiben und Lyrik an der Stanford University in Kalifornien, das Drehbuch schrieb. Und von Roderick Taylor stammt auch das Drehbuch für "Die Fremde in dir". Offenbar findet Professor Taylor das Thema "Selbstjustiz" ziemlich faszinierend. Wie wir vermutlich alle. Wer hat sich nicht schon mal von der Justiz oder ihren Vertretern ungerecht behandelt gefühlt und gedacht: "Wenn ich jetzt könnte, wie ich wollte …". Dann wären die Straßen vermutlich mit Leichen gepflastert. Und das ist das große Problem mit diesen Selbstjustiz-Filmen. Einerseits sprechen sie uns aus der Seele, dass da endlich mal einer das Recht und die Gerechtigkeit selbst in die Hand nimmt. Ohne dass er darauf warten muss, dass ein schwerfälliger und an unverständliche Gesetze gebundener Polizei- und Gerichtsapparat ins Rollen kommt. Andererseits: Wo fängt das an und wo hört es auf, das "selbst Gerechtigkeit üben"? Es ist sehr gefährlich, und deshalb haben wir Gesetze und deshalb haben wir eine Polizei, die darüber wacht. Und deshalb habe ich, so spannend sie auch sein mögen, diese Selbstjustizthriller, immer ein ungutes Gefühl dabei. Dass Erica, der Jodie Foster übrigens eine sehr überzeugende Persönlichkeit verleiht, den Mann im Laden erschießt, lass ich mir noch eingehen. Wenn der sie gefunden hätte, hätte der durchgeknallte Typ sie umgebracht. Aber die Situation in der U-Bahn ist schon bedenklich, Erica hätte mit den anderen aussteigen können, und es wäre nichts passiert. Die Sache mit dem Zuhälter ist für mich schon nicht mehr nachvollziehbar. Da spielt schon die Abgehobenheit einer "Rächerin der Enterbten" hinein. Erica hätte ja genauso gut die Polizei holen können. Und dass sie einen ihr wildfremden Mann umbringt, bloß auf das Wort eines frustrierten Polizeibeamten hin, ist einfach nicht akzeptabel. Genauso wenig wie der höchst dramatische Schluss, den ich aber nicht verraten will.

Fazit
Der Film "Die Fremde in dir" ist ein Selbstjustizthriller, der wie üblich seine bedenkliche Botschaft in einer äußerst spannenden Story verpackt. Die durchweg sehenswerten Schauspieler versuchen die verquasten Gründe überzeugend darzustellen, aber auch Ericas hochphilosophische Gedankengänge, die Jodie Foster im Off zum Besten gibt, können mich nicht von der Daseinsberechtigung jedweder Art von "Selbstjustiz" überzeugen.
Filmkritik: Julia Edenhofer
Wertung: 50 %


Original Filmtitel: The Brave One
Land: USA
Jahr: 2007
Laufzeit ca.: 122
Genre: ActionDramaKrimi
Verleih: Warner Bros.
FSK-Freigabe ab: 16 Jahren

Kinostart: 27.09.2007
Heimkino: 31.01.2008

Regie: Neil Jordan
Drehbuch: Roderick Taylor • Bruce A. Taylor • Cynthia Mort

Schauspieler: Jodie Foster (Erica Bain) • Terrence Howard (Detective Mercer) • Nicky Katt (Detective Vitale) • Naveen Andrews (David Kirmani) • Mary Steenburgen (Carol) • Ene Oloja (Josai) • Luis Da Silva Jr. (Lee) • Blaze Foster (Cash) • Rafael Sardina (Reed) • Jane Adams (Nicole) • Gordon MacDonald (Murrow) • Zoë Kravitz (Chloe)

Produktion: Susan Downey • Joel Silver
Szenenbild: Kristi Zea
Kostümbild: Catherine Marie Thomas
Maskenbild: Jerry DeCarlo • Marjorie Durand • Kelly Gleason • Suzy Mazzarese-Allison
Kamera: Philippe Rousselot
Musik: Dario Marianelli
Schnitt: Tony Lawson

Anzeige

Kinoplakat Die Fremde in dir Film kaufen bei Amazon.de
Als Amazon-Partner verdient Moviewolf.de an qualifizierten Verkäufen.

Bild: Warner Bros.

1 customer review

befriedigend
27.09.07
Show more
Loading...
Wir benutzen Cookies
Wir nutzen Cookies und Skripte. Durch "Akzeptieren" stimmst Du der Verwendung zu. Durch "Ablehnen" stimmst Du nicht zu und es kann zu Dysfunktionen kommen.